Der Club spielt an diesem Abend, gegen Stuttgart, Viertelfinale im DFB-Pokal. Kein wirklich günstiger Termin also für Jochen Münch, um als Landratskandidat der CSU in Hilpoltstein Wahlkampf zu machen.
Aber es kommen tatsächlich gut 50 Leute, und Münch macht denen gleich am Anfang klar, dass auch ihn das Spiel brennend interessiert: „Bitte gebt mir Bescheid, wie’s steht.“ Kein Wunder: Münch war viele Jahre Sportredakteur des Hilpoltsteiner Kurier, dann Leiter der Lokalredaktion. Jetzt will er Landrat werden. Was ihn dazu bewogen hat, als Quereinsteiger anzutreten, das muss er den Leuten bei seinen vielen Wahlveranstaltungen immer als erstes erklären.
„Da gibt’s eigentlich nur eine Antwort: Ja!“
„Das hätte ich vor eineinhalb Jahren nicht zu träumen gewagt“, sagt er. Aber irgendwann sei er angefragt worden: „Das passiert einem nicht so oft im Leben, dass so eine Frage kommt. Und da gibt’s eigentlich nur eine Antwort: Ja!“
Denn als Journalist habe er immer schon berufsbedingt „das Ohr am Bürger“ im Landkreis, habe „alle Facetten unserer Gesellschaft kennengelernt und immer auch über den Tellerrand hinausgeschaut“. Genau das sehe er auch in der Politik als seine Qualitäten: das Zugehen auf die Menschen und der Blick auf den gesamten Landkreis. „Der ist groß, wie Sie wissen.“ Er sehe sich als „aufrichtiger Ansprechpartner, einer, wo die Menschen das Gefühl haben: Den kann ich immer anrufen.“ Seine Handynummer habe er schon als Journalist immer öffentlich gemacht.
Im Fußball ist gerade Halbzeit. Der Club hält das 0:0. Münch meint mit Blick aufs hin- und hergerissene Publikum heiter: „Die nächste Viertelstunde haben wir für uns.“
Das Problem sei ohnehin, dass Politik immer weniger Menschen interessiere, dass viele Menschen keine Idee hätten, was ein bayerischer Landrat so tue. „Neulich im Kindergarten spricht mich eine Mutter an: ,Wenn du Landrat wirst, das ist ja dann total blöd für euch als Familie. Ihr seid ja dann in München...‘“ Kein Einzelfall, sagt Münch. „Politik besser zu erklären, ist die Bringschuld einer Verwaltung.“
Was die Fakten und Zahlen angehe, könne der Landkreis Roth „richtig was vorweisen“, sei sogar schuldenfrei: Klinik, weiterführende Schulen, Erweiterung der Berufsschule – die gesamte Infrastruktur passe. „Aber Ausruhen und Zurücklehnen hat noch nie geholfen. Die Aufgaben werden schwerer und teurer.“
Er werde als Landrat einen Schwerpunkt darauf legen, „dass die Wirtschaft funktioniert, dass wir die Unternehmen gut mitkommen lassen“ – und nicht „Entwicklungen einbremsen“, so wie das im Fall des geplanten Gewerbegebiets von Heideck aus Naturschutzgründen, Stichwort Ziegenmelker, geschehe. „Ja – es ist ein seltener Vogel...“
Das Thema „gefördertes Wohnen“ sollte landkreisweit angegangen werden, über eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft. Die einzelnen Gemeinden, auch kleinere Zusammenschlüsse, seien sonst schnell überfordert. Gefördertes Wohnen liege auch im Interesse aller, die neue Arbeitnehmer finden wollen – wie zum Beispiel die Kreisklinik.
Den öffentlichen Nahverkehr hatte Münch in der Vergangenheit nicht wirklich als großes Problem gesehen, räumt er offen ein. Aber bei seinen Veranstaltungen im Landkreis bekomme er überall zu hören: „Der Nahverkehr bei uns im Landkreis ist so schlecht.“ Er plädiere hier für eine „modernere Mobilität“ – mit den Bahnhöfen als Ankerpunkten, von denen aus Rufbusse verkehren. Auch die Idee eines S-Bahn-Anschlusses Hilpoltstein findet er gut. Bei der Energiewende will er mehr Bürgerbeteiligung erreichen „als wir es im Landkreis derzeit zulassen“.
So geht das mit den Themen Schlag auf Schlag. Die Vereinsförderung im Landkreis wolle er „nach oben fahren“, sagt Münch. „Vielen Vereinen geht’s nass rein“ nach Corona und Heizkosten-Explosion. Da müsse der Landkreis stärker einsteigen. Auch für die Feuerwehren „wünsche ich mir die eine oder andere Unterstützung vom Landkreis“ – etwa die Einrichtung einer Kreiseinsatzzentrale.
Moderate Töne beim „ Leib- und Magenthema“
Als Letztes kommt der Rothsee: „Ein Leib- und Magenthema von mir“, sagt Münch. Klingt dabei aber längst nicht mehr so forsch wie man das früher schon von ihm gehört hatte. „Es ist höchste Zeit, dass wir da ein bisschen was modernisieren.“ Eine Strandbar, eine Seebühne schlägt er vor. „Ich möchte nicht, dass wir am Rothsee den Ballermann ausrufen und von Touristen überrannt werden. Unsere Prämisse ist: Wir machen es uns am Rothsee für uns schön.“
Das ist ohnehin das Mantra des Abends – die Lebensqualität der Einheimischen. „Mein Anspruch ist: Wir machen uns das Leben hier so gut, wie es eben geht – und das ist Aufgabe der Politik.“
Nach einer Stunde ist Münch schon am Ende, CSU-Kreisrätin Edeltraud Stadler lobt ihn als „einen Menschen, den man nicht zum Jagen tragen muss, sondern der jagen will“. Das bringt großen Abschlussapplaus. Und der Club hält immer noch das 0:0. Leider nicht mehr lange. In der 83. Minute, Münch plaudert noch mit verschiedenen Gästen, fällt im Max-Morlock-Stadion das 0:1, und Nürnberg fliegt aus dem Pokal.
HK
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