Antiziganistische Äußerungen zweier Mitglieder
Integrationsrat soll schärfere Krallen bekommen

CSU, SPD und Grüne wollen neue Sanktionsmöglichkeiten auf den Weg bringen

05.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:48 Uhr

Die neue Integrationsratsvorsitzende Betül Özen (3.v.l.) hat nach dem Wirbel rund um antiziganistischen Äußerungen zweier Integrationsratsmitglieder dem Verbandsvorsitzenden der bayerischen Sinti und Roma, Erich Schneeberger (l.), ihr tiefes Bedauern zum Ausdruck gebracht. Foto: Stadt Nürnberg

Von Nikolas Pelke

Nürnberg – Eine „Lex Zigeuner“ soll es in Nürnberg ausdrücklich nicht werden. Stattdessen wollen die führenden Stadtratsfraktionen dem Integrationsrat ein besseres Werkzeug zur Abberufung von Mitgliedern bei gravierendem Fehlverhalten an die Hand geben. Zuletzt sind im Vorfeld der konstituierenden Sitzung des neuen Integrationsrats diskriminierende Äußerungen von zwei Integrationsrätinnen in die Kritik geraten.

Negativ über „Zigeuner“ sollen sich konkret Galina Condrea, eine 1991 in Moldawien geborene Apothekerin, und Ionela van Rees-Zota, eine 1977 in Rumänien geborene Juristin, schon vor Jahren in sozialen Netzwerken im Internet geäußert haben. Rees-Zota soll auf Facebook beispielsweise die Forderung aufgestellt haben, „Zigeuner“ nicht schönfärberisch als „Arbeitslose der Roma-Ethnie mit Vorstrafen“ zu bezeichnen.

Daraufhin hatte Titus Schüller (Linke) Oberbürgermeister Marcus König (CSU) direkt aufgefordert, die beiden Integrationsratsmitglieder der CSU-nahen Internationalen Union Nürnberg aus dem frisch gewählten Gremium wieder zu entfernen. Dieser Forderung war König nicht gefolgt. Stattdessen hatte er eine kritische Debatte im Integrationsrat angemahnt.

Aus dem Gremium selbst ist zuletzt die Forderung laut geworden, gravierende Verstöße einzelner Mitglieder stärker sanktionieren zu können. Jetzt will man im Nürnberger Stadtrat dem Integrationsrat diesen Wunsch offensichtlich erfüllen. Konkret haben CSU, SPD und Grüne gemeinsam beantragt, die aktuelle Satzung zu ändern. Künftig sollen die gewählten Interessenvertreter von Ausländern, Aussiedlern und Eingebürgerten in Nürnberg die Möglichkeit erhalten, Mitglieder aus den eigenen Reihen dem Stadtrat zur Abberufung vorzuschlagen.

Die rechtliche Grundlage soll durch die Bayerische Gemeindeordnung bereits bestehen. Demnach könnten ehrenamtlich tätige Personen entlassen werden, falls grobe Pflichtverletzungen oder unwürdiges Verhalten zu beanstanden sind. Durch die geplante Änderung sollen ausdrücklich „missliebige oder unerwünschte, gleichwohl aber zu tolerierende Äußerungen oder Handlungen“ nicht bestraft werden.

Die Neuregelung ist laut Stadtratsmitglied Réka Lörincz (Grüne) tatsächlich nicht dazu gedacht, politische Kontrahenten kaltzustellen. Auch in dem aktuellen Fall soll nicht nachträglich ein Exempel statuiert werden. Schließlich hätten sich die beiden Mitglieder für ihre diskriminierenden Äußerungen entschuldigt.

Mit Diana Liberova (SPD) weist eine weitere Antragstellerin darauf hin, dass die Entgleisungen bereits viele Jahre zurücklägen. „Außerdem tun alle immer so, als ob es innerhalb der Zuwanderer keine rassistischen Vorurteile gibt.“ Kleinreden will Werner Hennig (CSU) den Vorfall trotzdem nicht. „Die Äußerungen waren nicht in Ordnung. Auch wenn sie lange zurückliegen.“

Mit dem neuen Instrument der Sanktionsmöglichkeiten soll das Wirken des Integrationsrats vielmehr gestärkt werden. Insgesamt scheint die Erwartungshaltung vorzuherrschen, dass der Integrationsrat nach dem missglückten Start nun endlich aus dem Krisenmodus herausfinden und mit der Arbeit beginnen müsse.

HK