Schweizer Nacht in der Kulturfabrik
Ellis Mano Band und Philipp-Fankhauser-Sextett bescheren Bluestagen einen Abend der Unterschiede

30.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:16 Uhr
Matthias Hertlein

Die Schweiz im Doppelpack: hier die Ellis Mano Band.

Das volle Programm aus der Schweiz, die Eidgenossen können nicht nur feine Schokolade und Uhren. Nach der unerwarteten Pause am zweiten Bluestage-Abend haben die Alpenländer würdig aufgetrumpft und das gleich im Doppelpack. Eine Bluesnacht mit der Ellis Mano Band und dem Philipp-Fankhauser-Sextett – unterschiedlicher kann ein Abend in der gut gefüllten Rother Kulturfabrik nicht sein.

Rauh, aber herzlich präsentiert sich der Opener, die Ellis Mano Band. Sänger Chris Ellis und seine Kumpanen zelebrieren den Blues triefend und mit einem Hauch Joe Cocker. Ein gut eingespieltes Team, das sich aufmacht, Deutschland zu erobern. „Roth ist ein erstes Highlight“, bekennt Chris Ellis hinterher. Aus langjährigen Freunden ist da eine prima Truppe zusammengewachsen.

In der Schweiz wirbeln sie bereits die Bluesszene durcheinander, in Deutschland sind sie noch auf dem Weg. Der Dank gilt daher den Kulturfabrik-Macherinnen, die den Schweizern ein Stück des Wegs ins Rampenlicht ebnen.

Neben Chris Ellis sind Edis Mano (Gitarre), Nico Looser (Schlagzeug) und Severin Graf (Bass) mit von der Partie. Blueshäppchen querbeet werden serviert, die sehr gut ankommen. Der Wunsch nach einer Rückkehr nach Roth darf wohl als Kompliment gewertet werden. Die Ellis Mano Band ist auf dem besten Weg, mit ihrer hemdsärmligen Art weiter für Furore zu sorgen.

Mit reichlich Charme, Humor und Bissigkeit

Schick gekleidet, lässig und entspannt auf dem Barhocker, mit reichlich Charme, Humor und Bissigkeit im Gepäck geht es dann weiter. Allroundkünstler, Sänger, Gitarrist, Songschreiber und Entertainer Philipp Fankhauser gibt sich augenzwinkernd in Roth, um sich herum schart er Spitzenmusiker. Zusammen servieren sie einen „traditionellen schwarzen Blues mit einem Schuss Emmental“. Dazu gibt es eine Lobeshymne auf die Bluesstadt Roth.

Die sechs Mann haben musikalische Spendierhosen an. Fankhauser ist dazu ein bemerkenswerter Typ: Da ist ein Mundartlied, dort eine Hommage an Lucio Dalla und dann eine Würdigung des väterlichen Freundes und Mentors Johnny Copeland. Fankhauser hat viel zu erzählen und zu besingen, alles zwischen Blues, coolem Jazz, positivem Groove und hippen Vibes. Dazu ist er ein Gentleman par excellence. Und die Scheibe „Live Let Flow“ ist ein Prachtstück mit schicksalhafter Vergangenheit, denn 2017 erkrankte der Künstler schwer, war dem Tod näher als jeglicher Party.

Nachdenken über alte,weiße Männer

„Im Moment habe ich etwas Mühe. Eine neue Generation Musiker und Musikerinnen ist da und irgendwie fühle ich mich nicht mehr relevant“, sagt er. Mit 25 habe er das Gefühl gehabt, dass ihm die Welt gehöre. „Mit 55 gehört einem die Welt nicht mehr. Für den Fortgang der Welt bin ich nicht mehr entscheidend.“ Umso mehr, als man die Machtpositionen der alten, weißen Männer immer mehr in Frage stelle. Roth ist aber wohl auch ein gutes Pflaster zum Vergessen. Von der Bühne aus beobachtet Fankhauser, wie Fans das Tanzbein schwingen und Kollegen auf der Bühne wetteifern voller Spaß und Lebensfreude. „Live Let Flow“, das passende Geschenk der Band zum 30-Jährigen der Rother Bluestage. „Lass das Leben fließen“.

HK