Doppelt so viele Kunden
Warum die Pfaffenhofener Tafel gerade jetzt Spenden braucht

17.12.2023 | Stand 17.12.2023, 19:00 Uhr

Die Tafelkunden warten schon: Anne Bienlein vom Leitungsteam (vorne Mitte) , Hans Kern (rechts) als Vorsitzender des Fördervereins und Kassier Gerald Eisenberger erklären, warum die Tafel derzeit verstärkt auf Spenden angewiesen ist. Foto: Herchenbach

Die Zahl der Tafelkunden in Pfaffenhofen hat sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt – rund 1000 sind es mittlerweile. Weil gleichzeitig die Bäcker, Metzger, Supermärkte und Händler mit der Abgabe von Waren zurückhaltender geworden sind, ist die Tafel gerade jetzt auf Spenden angewiesen.

Es regnet. Aber bis die Tür geöffnet wird, dauert es noch eine halbe Stunde. Jetzt, um halb zwei, warten schon an die 50 Menschen mit Schirmen und Regenjacken vor dem Pfaffenhofener Tafelhaus. Mütter mit Kindern auf dem Arm, Alte mit Stock und Rollator, auch junge Leute. Für sie ist die Tafel eine Chance, satt zu werden. Und eine Hoffnung, mit einer Tüte Plätzchen, einem Schoko-Nikolaus, ein paar Süßigkeiten und einem Extra-Paket Bohnenkaffee an Heiligabend doch noch so etwas wie eine Bescherung hinzubekommen.

Die Zahl der Tafelkunden hat sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Ursache ist vor allem der Ukraine-Krieg. Frauen, erzählt Anne Bienlein vom Leitungsteam, sind mit ihren Kindern Hals über Kopf vor dem Bombenterror geflohen, oft mit nicht mehr als dem, was sie tragen konnten. Denn dass sie vorläufig nicht zurückkehren können, das habe sich niemand vorstellen können. An eine von ihnen erinnert sie sich deutlich: eine junge Mutter mit zwei kleinen Kindern hatte außerhalb der Öffnungszeiten geklingelt. „Ich weiß nicht, was ich machen soll“, schluchzte sie. Irgendjemand habe ihr gesagt, sie solle zur Tafel gehen. Die Helfer haben ihr die Tasche mit Lebensmitteln und Milch für die Kinder gefüllt.

Dieselbe Menge muss jetzt für mehr Bedürftige reichen



Wobei: Das Vollpacken ist schwieriger geworden, dieselbe Menge Lebensmittel muss jetzt für mehr Bedürftige reichen. Nicht nur, weil die Tafel mit inzwischen 1000 regelmäßigen Kunden an ihre Kapazitätsgrenze gekommen ist, sondern auch, weil die Spender, Bäcker, Metzger, Supermärkte und Händler, zurückhaltender geworden sind: Die Preise sind deutlich gestiegen, was sich in einer engeren Kalkulation in Einkauf und Produktion niederschlägt. Mit der Konsequenz, dass von der Tafel jetzt Lebensmittel zugekauft werden müssen, was, sagt Bienlein, eigentlich der Tafelidee widerspricht. Denn die ist ins Leben gerufen worden, um Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu bewahren. „Weshalb wir“, sagt der Vorsitzende des Fördervereins Hans Kern, „für jede kleine Spende dankbar sind.“ Die wird auch gebraucht, um die Logistik aufrecht zu erhalten. Die beiden Kühltransporter brauchen Sprit, müssen zur Reparatur, Kühlkästen müssen angeschafft werden – all das kostet. Nicht ohne Grund hat beispielsweise auch der Verein Familien in Not die Tafeln in Pfaffenhofen und Manching im zurückliegenden Jahr unterstützt, wenn es finanziell eng wurde – mit insgesamt 37000 Euro.

Jeder Tafelkunde muss seine Bedürftigkeit nachweisen



Um Missbrauch auszuschließen, müssen die Tafelkunden ihre wirtschaftliche Bedürftigkeit nachweisen. Manche offenbaren den Helfern aber auch ihre seelische Not. Etwa die 70-Jährige, die erst nach dem Tod ihres Mannes vor zwölf Jahren eine Arbeit aufgenommen hat; entsprechend karg ist ihre Rente, ebenso die ihres Mannes, der lange krank war und den sie bis zum Tod gepflegt hat. Nach Abzug aller Kosten bleiben ihr 400 Euro. Das sind 13 Euro pro Tag. Gerade jetzt vor Weihnachten freut sie sich, dass es die Tafel gibt – die ermöglicht es ihr, den beiden Enkelkindern kleine Geschenke zu geben.

Eine 57-Jährige hat die Scheidung aus der Bahn geworfen. Früher stand sie mitten im Leben, hatte studiert, sich mit einer Beratungsfirma selbstständig gemacht. Dann kam die Scheidung, ihr Mann verweigerte Zahlungen, die Wohnung wurde ihr gekündigt. Ein Behördenkampf sei er gewesen, sagt sie, bis sie Unterstützung und eine Wohnung bekam. Die Tafel sei für sie „ein Geschenk“, auch deshalb, weil sie dort nicht wie eine Bittstellerin behandelt werde.

Opfer einer Scheidung ist auch eine 40-Jährige geworden. Psychisch ist sie am Ende, der Ex zahle nur unzureichend. Jetzt arbeitet sie stundenweise in Geschäften, was ihr wegen ihrer seelischen Probleme nur unzureichend gelingt. Sie ist regelmäßige Tafelkundin und dankbar, dass auch Milch für die Kinder ausgegeben wird und es immer wieder spezielle Artikel für sie gibt. Die hatten übrigens gerade erst die Ilmmünsterer Kita-Ilmzwergerl gespendet – Hygieneartikel eigens für Kinder. Worauf sie sich auch freut: Zu Weihnachten gibt es für Kinder weitere Überraschungen, damit es trotz allem eine schöne Bescherung geben kann. „Die Menschen sollen das Gefühl haben“, ergänzt der Kassier des Tafel-Fördervereins Gerald Eisenberger, „dass sie an Weihnachten nicht vergessen werden.“

PK