Pfaffenhofen
Suchthilfeverein Prop sucht für abstinente Alkoholiker WG-taugliche Wohnung

12.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:44 Uhr

Der Suchthilfeverein Prop sucht für abstinente Alkoholiker eine WG-taugliche Wohnung. Foto: Prop

Vier Menschen warten auf ihre Chance. Sie wünschen sich nichts sehnlicher, als wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Darauf wollen sie sich vorbereiten in einer Wohngemeinschaft, die von Sozialpädagogen begleitet wird. Aber bisher hat sich in ganz Pfaffenhofen noch niemand gefunden, der ihnen eine geeignete Bleibe vermietet.



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Seit gut einem Jahr sucht Prop, der gemeinnützige Verein der Jugend und Suchthilfe, eine passende Immobilie. Erfolglos. Der Grund: Viele Vermieter haben Vorurteile. Kristin Eichler, diplomierte Sozialpädagogin und Teamleiterin der therapeutischen Prop-Wohngemeinschaften, formuliert es so: „Wir sind nicht die Rosine für Vermieter.“ 2009 hat Prop begonnen, WGs zu gründen, derzeit betreut der Verein in Pfaffenhofen vier Gruppen mit insgesamt 16 Bewohnern. Aber der Bedarf steigt, sagt Eichler:„Die Menschen werden kränker und älter.“

Vermehrte Symptome



Alkohol gilt bei uns als gesellschaftlich akzeptierte legale Droge, auch wenn die Nebenwirkungen enorm sind: 1,4 Millionen Deutsche zwischen 18 und 64 sind abhängig, 7,9 Millionen Menschen dieser Altersgruppe konsumieren Alkohol „in einer gesundheitlich riskanten Form“, so das Bundesgesundheitsministerium. Bei Männern sind das mindestens zwei Halbe Bier – täglich. Etwa 20 000 Todesfälle jährlich werden in Deutschland allein durch Alkoholkonsum verursacht, bei fast jeder dritten Gewalttat ist Alkohol im Spiel. Die volkswirtschaftlichen Kosten betragen rund 57 Milliarden Euro pro Jahr. 

Über die Gründe, warum sich die Problematik verschärft, die psychischen Diagnosen auffälliger werden und es zu vermehrten Symptomen kommt, will Eichler nicht spekulieren, sie arbeitet mit dem Status quo. Ihre Betreuten, zu 95 Prozent Alkoholkranke mit psychischen Problemen, haben einen langen Leidensweg hinter sich.

Zur Entgiftung in Klinik



Die 30- bis 60-Jährigen sind nach oft jahrzehntelangen Alkoholexzessen zur Entgiftung in eine Klinik eingewiesen worden, um anschließend im sozialtherapeutischen Zentrum St. Kastl bei Reichertshofen Abstand von ihrem bisherigen, suchtmittellastigen Leben zu gewinnen, sich zu regenerieren und neu auszurichten. Ein Prozess, der mehrere Jahre dauern kann.

Wenn sie nachweisen können, über viele Monate trocken zu sein, wartet auf sie der nächste Zwischenschritt zu einem selbstbestimmten Leben: die Wohngemeinschaft. In diesem geschützten Umfeld üben sie, begleitet von Prop-Mitarbeitern, eine feste Tagesstruktur ein, engagieren sich in einem Ehrenamt, in Werkstätten oder gehen einem Minijob nach. „Es geht darum herauszufinden“, sagt Eichler, „was den Menschen zufrieden macht. Denn sonst kann er nicht abstinent bleiben.“

Anbindung an Stadtbus ist wichtig



Für diesen Lebensabschnitt sucht Prop eine Unterkunft, eine WG-taugliche Vierzimmerwohnung oder ein Haus. Bedeutet: Die Räume sollten in sich abgeschlossen und keine Durchgangszimmer sein, gewünscht ist ein zusätzlicher Raum für Gruppenarbeit. „Aber das kann auch eine große Küche sein“, sagt Eichler. Optimal sei ein Balkon oder eine Terrasse, unverzichtbar jedoch eine Anbindung an den Stadtbus. Und: Die Miete soll 1900 Euro nicht übersteigen.

Bedenken von potenziellen Vermietern kann die Sozialpädagogin zerstreuen. Mieter, und zwar langfristig, ist Prop und damit auch Ansprechpartner in allen Mietfragen. Eichler: „Wir achten auf Sauberkeit und sind mehrmals wöchentlich wegen Gruppenangeboten vor Ort.“ „Vielleicht“, vermutet Eichler, „glauben manche Vermieter, unsere Klienten machen Probleme.“ Aber davon abgesehen, dass sie seit Jahren trocken sind sowie „in stabiler und zufriedener Abstinenz leben“, schätzen sie ein sauberes Umfeld und suchen gern Kontakt zu Nachbarn.

Stadtrat Max Hechinger (FW) kann das bestätigen. Er hat Prop eine geräumige Wohnung vermietet. Die Zusammenarbeit sei „bestens“, besonders lobt er das gute Vertrauensverhältnis. „Wenn wir mit den Vermietern reden“, hat Eichler die Erfahrung gemacht, „konnten wir alle Vorurteile ausräumen.“

PK