Pfaffenhofen
Pater Anselm Grün gibt in Pfaffenhofener Stadtpfarrkirche Ratschläge für Hinterbliebene

„Trauern heißt lieben“

22.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:53 Uhr

Ein Star der katholischen Kirche: Benediktinerpater und Erfolgsautor Anselm Grün referierte in der Stadtpfarrkirche auf Einladung des Hospizvereins über Trauerarbeit. Foto: Bendisch

Von Tina Bendisch

Pfaffenhofen – Ziel des Trauerprozesses müsse es sein, eine neue Beziehung zum Verstorbenen, aber auch zu sich selbst und zu Gott zu entwickeln, erklärte Pater Anselm Grün. Auf Einladung des Pfaffenhofener Hospizvereins sprach der bekannte Geistliche am Donnerstag in der Stadtpfarrkirche zum Thema „Selig die Trauernden“. Viele Zuhörer waren der Einladung zum Vortragsabend mit dem erfolgreichsten deutschsprachigen Autor spiritueller Bücher gefolgt.

Die Bandbreite reicht vom kleinen Buch vom wahren Glück bis zum großen Buch der Evangelien: Der Benediktinerpater aus der Abtei Münsterschwarzach steht für rund 300 Publikationen und an die 20 Millionen verkaufte Bücher; auch der Papst verschenkt sie angeblich gern. Darüber hinaus ist Anselm Grün aber auch noch Betriebswirt, Trainer für Führungskräfte – und ganz intensiv beschäftigt er sich in Seminaren mit der Trauerbewältigung. Zahlreiche Beispiele aus der Arbeit mit Betroffenen flossen in seinen Vortrag in der Stadtpfarrkirche; das eine oder andere davon hatten einige der interessierten Zuhörer sicher schon selbst erlebt.

Da ist die junge Mutter, die ihr Kind verloren hat und feststellen muss, dass Bekannte plötzlich die Straßenseite wechseln. Die Angst etwas „verkehrt“ zu machen überwiegt; lieber geht man dem Ganzen aus dem Weg. Oft werde auch bagatellisiert, erklärte Grün – „Mach doch mal Urlaub“ – aber viele Trauernde fühlten sich isoliert und selbst vom Leben abgeschnitten. Ganz wichtig sei es daher, die Tränen des anderen auszuhalten: „Trost heißt nicht vertrösten.“ Grün nannte verschiedene Phasen des Trauerns wie die des Verleugnens („Es kann doch nicht sein!“), oft verbunden mit Aktivismus, um sich nicht dem Verlust zu stellen. Der oder die Verstorbene war doch eigentlich ganz anders als in der Grabesrede dargestellt: In der Phase der chaotischen Gefühle gehöre es dazu, neben Schmerz und Haltlosigkeit auch Wut, Ärger und Verletzung zuzulassen – aber nicht dabei stehen zu bleiben, betonte Anselm Grün.

Ganz wichtig in der Trauerarbeit seien Rituale, insbesondere für Kinder: „Sie müssen etwas tun, um den Tod zu verarbeiten“, sagte der Pater. Manchmal sehe man davon ab, sie mit zu einer Beerdigung zu nehmen. Nach dem Motto „Das ist nichts für dich“. Aber mit dieser Einstellung helfe man ihnen nicht. „Man soll sie nicht zwingen, aber auch nicht abhalten“, lautete der Ratschlag des Geistlichen.

Was war der Verstorbene für ein Mensch? Oft werde es erst nach seinem Tod klar – und daher gelte es, eine neue Beziehung zu ihm aufzubauen. Mit dem Abhaken schade man sich selbst. Ebenso wie mit der Abwendung vom Schöpfer, wenn ein naives Gottesbild durch den Verlust zerbrochen werde, erklärte der Benediktiner. „Leid ist unbegreiflich, ebenso Gott.“ Nicht nur um die Vergangenheit zu kreisen, aber sich mit dem verlorenen Menschen verbunden zu fühlen, darum gehe es bei Trauerarbeit, schloss Grün seine Ausführungen: „Trauern heißt lieben – und Freilassen heißt nicht Loslassen.“

PK