Ab ins All! Johannes kann’s kaum erwartet, bis die Reise in den Weltraum endlich losgeht. Die startet oben im großen Sitzungssaal des Landratsamts in einer mobilen, aufblasbaren Kuppel, die der Astronom Andreas Wieck zu einem 180-Grad-Planetarium ausgebaut hat. Im Rahmen einer VHS-Veranstaltung will er Kindern von vier bis sieben die Schönheit unseres Firmaments demonstrieren.
Wieck, 56, studierter Funkelektroniker, hat vor sechs Jahren seinen Job an den Nagel gehängt. Seither bringt der Geisenfelder mit seinem transportablen Planetarium das Weltall in bayrische Klassenzimmer. Die Technik hat er, seit vor vier Jahren die Heimatzeitung zum ersten Mal über ihn berichtete, immer weiter verbessert, insbesondere den Projektor mit Linsen und Umkehrspiegeln so ausgestattet, dass die Kuppel so wie das Firmament mit seinen glänzenden Gestirnen und bunt-schillernden Galaxien verzerrungsfrei und lagerichtig zu leuchten beginnt.
Was sich sonst noch in den vier Jahren getan hat? Jetzt beginnen Wiecks Augen zu leuchten: Unglaubliches! Das All sei viel älter, als wir das vermutet haben! Das James-Webb-Weltraumteleskop, das seit zwei Jahren in einer Umlaufbahn 1,5 Millionen Kilometern von der Erde entfernt das All erforscht, hat Hinweise auf Objekte und Galaxien geliefert, die kurz nach dem Urknall entstanden sein müssen, vor 13,5 Milliarden Jahren.
Wenn schon für Erwachsene diese Dimensionen unvorstellbar sind, um wie viel mehr dann für Kinder. Wie weit die Sterne von uns entfernt sind? Johannes zuckt mit den Schultern. So weit wie die Urlaubsfahrt nach Italien? Der Sechsjährige überlegt. „Nein, weiter, hundertmal so weit.“ Die älteren Kinder ermuntert Wieck, spätabends mal in den Himmel zu gucken und den am hellsten leuchtenden Polarstern zu finden. In seinem Planetarium gibt er Hilfestellung. Der achtjährige Leander weiß jetzt, wie’s geht. Das Sternbild des großen Wagens suchen, das auch für Astronomie-Azubis mit bloßem Auge leicht zu entdecken ist. Dann die Verbindungslinie zwischen den beiden hinteren Kasten-Sternen mit dem Auge fünf Mal verlängern – und da ist dann der Polarstern.
Den Kleinen, die mit Mama oder Papa im Zelt sitzen, den Kopf im Nacken, zeigt Wieck den Rundum-Animationsfilm „Die Rettung der Sternenfee Mira.“ „Ich heiße auch Mira“, ruft eine Fünfjährige strahlend. Bingo! Dann kann’s ja losgehen.
Wie der Kleine Häwelmann im Märchen von Theodor Storm machen sich Lilly und Tom auf den Weg zu den Sternen, aber nicht wie der Häwelmann im Kinderbett, sondern auf einer Zauberwolke. Sie wollen die Sternenfee befreien, die der böse Zauberer Urax auf einen Stern irgendwo im Weltall verbannt hat. Auf ihrer Reise durch den Weltraum erfahren sie nebenbei, woher die Sternbilder Jungfrau, Wassermann oder Stier ihren Namen haben.
Um die Höhle des Zauberers zu öffnen, müssen sie das Licht der Sonne einfangen, zum Mond reisen und den verschlafenen Saturn wecken. Das schaffen sie nur mit Hilfe der Kinder, die sich im Zelt inzwischen auf den Rücken gelegt haben und gebannt nach oben schauen und dann aus Leibeskräften mit lauten Rufen den Saturn wecken. Der weiß tatsächlich, wo Mira eingesperrt worden ist – auf dem Eismond Enceladus, mit Temperaturen von 200 Grad minus auch für eine Sternenfee wenig kuschelig. Die sechsjährige Mira freut sich über die Rettung ihrer Namensvetterin. Was sie denn gelernt hat in der vergangenen Dreiviertelstunde? Mira strahlt: „Dass die Sonne unser Freund ist.“ Mehr geht nicht!
PK
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