Pfaffenhofen
Mit Irxenschmalz, Charme und Blasmusik

Barbara Ritzer und Martin Mos gewinnen das traditionelle Steinheben im Stiftlzelt, bei dem bis zu 279 Kilogramm gelupft werden

13.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:44 Uhr

Von einem „Sieg nach Plan“ sprach Martin Mos. Der stammt aus Tschechien, ist aber in Manching zu Hause.

Von Hans Steininger

Pfaffenhofen – Wie jedes Jahr ist das „Stoalupfa“ im großen Bierzelt ein Ereignis, das zahlreiche Fans anlockt und immer wieder fasziniert. So auch heuer auf dem Pfaffenhofener Volksfest, bei dem sich eine ansehnliche Schar von Kandidaten einem kräftezehrenden Wettbewerb stellte.

Seit mindestens drei Jahrzehnten folgen muskelbepackte Männer der Tradition des Münchener Gastwirts und Metzgers Hans Steyerer, der zur Legende wurde, als er im Jahr 1879 einen 508 Pfund schweren Stein nur mit der Kraft seines rechten Mittelfingers in die Höhe „lupfte“. Seitdem sind diese 254 Kilogramm das Startgewicht bei den Wettkämpfen der Männer. Seit wann auch Frauen zugelassen sind, darüber gibt es keine Chronik. Die stellen sich einem Startgewicht von 100 Kilogramm, dem viele männliche Schreibtischathleten gar nicht gewachsen wären.

Anfangs aber tat sich Moderator Roland Balzer schwer, unter dem Publikum mehr oder weniger freiwillige Kandidatinnen zu finden. Die hatten vielfältige Ausreden parat: „Kaum zu glauben, wie viele Schwangere sich hier im Bierzelt befinden“, stellte Balzer fest. Erst als Pfaffenhofens Zweiter Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) als Anreiz zum Mitmachen spontan eine Prämie von je zwei Maß Bier und ein Hendl für die ersten fünf Kandidatinnen auslobte, trugen sich doch noch fünf durchwegs charmante Bierzeltbesucherinnen in die Teilnehmerliste ein. Die mussten je zweimal antreten und waren in Runde zwei sogar noch stärker als beim ersten Versuch. Am Ende aber hatte Barbara Ritzer (41) aus Buch am Erlbach mit 72,24 Zentimetern die Nase vorn. Ihr folgten Steffi Häußler mit 24,90 und Eva-Maria Rödler mit 19,33 Zentimetern. Für diese Leistungen gab es viel Applaus und Anerkennung vom Publikum, das die Kandidatinnen lautstark anfeuerte.

Neun Mannsbilder starteten in der Gruppe bis 95 Kilogramm Körpergewicht. Von diesen Leichtgewichten aber hatten doch einige Probleme mit ihrer Hydraulik, bei denen nämlich hob sich der Klotz mit seinen 254 Kilogramm nur um Millimeter, „und er bewegt sich doch“ lautete der Kommentar des Moderators. Trotzdem aber bekamen sie vom fairen Publikum viel Applaus für ihren Mut zum Mitmachen. Einen Sonderbeifall erhielt Hans Kammerer, der den Stein auf einer Höhe von 36,32 Zentimetern nur mit einer Hand hielt, weil er die andere für eine Maß Bier benötigte, die ihm von seinem Trainer gereicht wurde.

Am Ende lag Sebastian Ziegler aus Aichach, Beamter von Beruf und eigentlich als Ringer sportlich tätig, mit 99,77 Zentimetern deutlich vor Andreas Hoiß mit 45,47 und Simon Bayerl mit 40,02 Zentimetern.

Dann aber stieg die Spannung auf den absoluten Höhepunkt: Sechs muskelbepackte Heroen rüsteten sich zum Wettkampf der Schwergewichte. Zwischen allen Wettbewerben sorgten die Schloßberg Musikanten aus Tegernbach mit zünftiger Blasmusik für Stimmung unter dem Publikum und für Erholungspausen der Teilnehmer zwischen den einzelnen Durchgängen.

Auf die richtigen technischen Bedingungen achtete Andreas Starzer, mehrmaliger Deutscher Meister als Strongman, der den Sitz der Gewichthebergürtel prüfte und die Höhe der Handgriffe je nach Körpergröße einstellte. Und gleich am Anfang trennte sich die Spreu vom Weizen: Von 1,58 bis 95,45 Zentimeter Höhe reichte die Spannweite im ersten Durchgang, und in der zweiten Runde steigerten sich gleich drei Athleten und hoben das Gewicht über 100 Zentimeter hoch. Das bedeutete laut Reglement ein Stechen mit nochmals 25 Kilogramm mehr, also waren 279 Kilogramm auf die Hochstrecke zu bringen, was in etwa dem Gewicht von „vier guten, alten Waschmaschinen entspricht“, bemerkte Roland Balzer. Mit Martin Mos, Michel Reichelt und Franz Ritzer, übrigens Ehemann der Damensiegerin, stellten sich drei Kraftpakete der Endrunde. Und die legten sich ins Zeug, da schwollen die Muskeln, da verzerrte die Anstrengung die Gesichtszüge, und der Stein bewegte sich ruckweise, Zentimeter für Zentimeter und noch ein paar dazu. Da feuerte Moderator Balzer zusammen mit dem Publikum die Athleten an, bis am Ende der Sieger feststand: Auf stolze 82,51 Zentimeter hatte Martin Mos den Stein gewuchtet, gefolgt von Michel Reichelt mit 73,11 und Franz Ritzer mit 71,75 Zentimetern. Das waren Leistungen, die man quasi hautnah miterleben konnte. Dazu eine Maß Bier und eine zünftige Brotzeit, so lässt sich ein Wiesnbesuch locker aushalten.

PK