Flickenteppich an IT-Lösungen
Industrie- und Handelskammer wünscht reibungslose Abläufe

Mehr Digitalisierung, weniger Bürokratie für Pfaffenhofen

13.02.2024 | Stand 13.02.2024, 15:55 Uhr

Der Abschied von der klassischen Papierakte ist den Unternehmen wichtig. Am Landratsamt in Pfaffenhofen wird seit Jahren eifrig daran gearbeitet. Aber der Fortschritt ist zäh. Foto: Schaible, dpa

Mit „mangelhaft“ oder gar „ungenügend“ bewertet über die Hälfte der Unternehmen im Freistaat den Digitalisierungsstand der öffentlichen Verwaltung. Dieses Ergebnis einer aktuellen Umfrage bezeichnet Eduard Kastner als ernüchternd. „Es muss uns endgültig wachrütteln“, ergänzt der Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Pfaffenhofen laut einer aktuellen Pressemitteilung.

Wie es um die Digitalisierung der hiesigen Verwaltungen im Landkreis bestellt ist, darüber tauschte sich der Ausschuss im Rahmen einer Arbeitssitzung mit Kreiskämmerer Walter Reisinger und Kathrin Büttner, stellvertretende Sachgebietsleiterin für EDV und Digitalisierung am Landratsamt Pfaffenhofen, aus.

„Es muss in unserer Verwaltung mit der Digitalisierung dringend weitergehen. Der Berg an Arbeit ist enorm – und die Erwartungen der Wirtschaft an die Digitalisierung als Mittel, um Bürokratie einzudämmen, sind groß“, so Kastner. „Im Schnitt hat ein Unternehmen bis zu 200 Kontakte mit Ämtern und Behörden im Jahr“, erläuterte Digitalisierungsexpertin Franziska Neuberger von der IHK München. Allein diese enorme Menge an Kontakten zeige, dass die Anliegen aus den Unternehmen schnell bearbeitet und geklärt werden sollten. Die Digitalisierung könne hier einen entscheidenden Beitrag leisten, damit Verwaltungsleistungen effizienter würden. Abläufe, die noch gar nicht oder nicht zu 100 Prozent digital und nutzerfreundlich ablaufen, verursachten mehr Arbeit und kosteten damit mehr Zeit und Geld. „Wenn wir Bürokratie abbauen wollen, muss die Digitalisierung deutlich an Fahrt aufnehmen“, so Neuberger.

Standardisierung in allen Bereichen gefordert

Sie stellte die Forderungen dar, mit denen die IHK München an die politischen Entscheidungsträger auf Landesebene herantritt. Besonders wichtig seien strategische und einheitliche Vorgehen über alle Verwaltungsebenen hinweg. Die Nutzung von standardisierten Lösungen würde der Digitalisierung enormen Schub verleihen. „Stand heute haben wir jedoch einen bunten Flickenteppich an unterschiedlichen IT-Lösungen in jedem Landratsamt. In jeder Kommune läuft es ein wenig anders“, sagte Neuberger.

Das bestätigten auch Reisinger und Büttner. Sie stellten dar, wie sich das Landratsamt bislang digital aufgestellt hat, welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen waren und immer noch sind. Aktuell ist das Landratsamt für über 600 Verwaltungsleistungen für Bürger und Unternehmen zuständig – vom Bauantrag über die Gewerbeerlaubnis bis hin zur Kfz-Zulassung. Digitalisierung fange bei der Ausstattung am Arbeitsplatz an. Sie betreffe die Infrastruktur wie Server und Rechenzentren, müsse die Mitarbeiter einbeziehen, denn diese müssten die digitalen Verfahren auch beherrschen. Und sie ende bei der digitalen Abbildung der Verwaltungsverfahren, etwa dem Stellen eines Bauantrags bis hin zur vollständig digitalen Bearbeitung und Aktenführung.

Im Pfaffenhofener Bauamt ist das seit Sommer 2021 möglich. „Die vollständige Umstellung des Bauantrags hat gut drei Jahre neben dem laufenden Betrieb in Anspruch genommen“, sagte Büttner. Besonders herausfordernd sei zudem, dass häufig geänderte Vorgaben, Gesetze oder Regulierungen natürlich auch in den Verwaltungsverfahren digital abzubilden seien.

71 Landratsämter mit eigenen Lösungen

In der abschließenden Diskussion gaben einige Mitglieder des Ausschusses ihrem Unverständnis Ausdruck, dass für die Verwaltungsleistungen auf den kommunalen Ebenen nicht durchwegs einheitliche, standardisierte Lösungen eingesetzt werden. „71 Landratsämter mühen sich um jeweils eigene Lösungen für die Digitalisierung ihrer hundertfach zu erbringenden Leistungen. Auf Bayern hochgerechnet ist die Digitalisierung der Verwaltung eine gewaltige Geldvernichtungsmaschinerie“, sagte ein Unternehmer – und er stand mit seiner Meinung keineswegs alleine da.

Vereinheitlichung und Standardisierung, eine abgestimmte Digitalisierung aller Verwaltungen: Das sollte das Gebot der Stunde sein, hieß es weiter. „Für die Kommunen, für den Freistaat und für den Bund“, erklärte abschließend Kastner. „Sonst können wir alle nur verlieren.“

PK