Pfaffenhofen
Im Freibad braucht’s keinen Neoprenanzug

Kreis Pfaffenhofen: Wie städtische Einrichtungen auf die gestiegenen Energiekosten reagieren

15.04.2022 | Stand 23.09.2023, 1:55 Uhr

Auf angenehme Wassertemperaturen können sich Schwimmer und Plantscher in den Freibädern im Landkreis Pfaffenhofen einstellen. Derzeit planen die Verantwortlichen jedenfalls nicht, die Temperaturen wegen der gestiegenen Energiekosten abzusenken. Foto: Brenner, PK-Archiv

Von Albert Herchenbach

Pfaffenhofen – Vorab die gute Nachricht: In den Schwimmbädern des Landkreises muss niemand im Neoprenanzug ins Wasser steigen, weil wegen der gestiegenen Energiepreise die Beckentemperatur abgesenkt wird. Denn alle Bäder und viele städtische Einrichtungen werden entweder mit Fernwärme, von Blockheizkraftwerken oder Wärmepumpen beheizt. Die schlechte Nachricht: Wer daheim mit Erdgas heizt, muss sich auf eine Verdopplung der Preise einstellen.

Die ohnehin schon hohen Energiekosten haben durch den Krieg in der Ukraine einen gewaltigen Schub bekommen. Was bedeutet das für städtische Einrichtungen und die Endverbraucher? Im Vergleich zu anderen Kommunen sieht man bei der Stadt Pfaffenhofen keine akute Not für die eigenen Liegenschaften, also die Verwaltung, Schulen oder die Bäder. Das Freibad und das Gerolsbad werden über das Fernwärmenetz vom Biomasse-Heizkraftwerk der Firma Danpower betrieben, das vornehmlich Hackschnitzel verfeuert und damit grüne Energie erzeugt. Geschäftsführer Michael Jakuttis freut sich über ein gestiegenes Interesse auch von Privathaushalten.

Der Rohstoff, der von Waldbauern angeliefert wird, sei Holz, das von Schreinereien nicht verwendet werden könne, weil es von Käfern befallen oder vom Sturm zu Bruch gegangen sei. Der Preis dafür, sagt Jakuttis, ist in den vergangenen zwölf Monaten um 20 Prozent gestiegen. Die wird Danpower aber nicht eins zu eins an seine Kunden durchreichen, versichert Jakuttis.

Tief in die Tasche greifen müssen dagegen Gaskunden der Stadtwerke. Mitte vergangenen Jahres war der Preis für eine Kilowattstunde von 5,17 Cent auf 7,17 Cent angehoben worden. „Wenn Sie sich die Preise in den Internet-Vergleichsportalen anschauen“, sagt Stefanie Findel, Vertriebsleiterin bei den Stadtwerken, „dann liegt der Durchschnittspreis derzeit bei 15 Cent.“

Die Stadtwerke beliefern 550 Haushalte mit Gas, weitere Kunden werden nicht angenommen, weil das Unternehmen nicht wie etwa die ESB, die Energie Südbayern, zu den Grundversorgern zählt. Man will die Versorgung der Bestandskunden sichern. Wegen der stark gestiegenen Beschaffungspreise, heißt es auf der Homepage der Stadtwerke, werden derzeit auch keine Energietarife angeboten.

Stefan Eisenmann, Vorstand der Stadtwerke, wünscht sich mehr grüne Energie aus der Region, etwa in Form von Biogas. Aber es gebe zu wenig Anlagen. Wie und wo Energie eingespart werden soll, dazu gebe es „keine Direktiven. Das sind politische Entscheidungen, da halten wird uns raus. Aber jeder von uns hat es ja in der Hand, Energie einzusparen.“

Bei den Bädern jedenfalls werden die Thermostate nicht runtergedreht. Florian Brunthaler, in Pfaffenhofen verantwortlich für die beiden Bäder, verweist auf „die glückliche Lage“, dass die Becken mit Biomasse von Danpower und von den Solaranlagen auf den Dächern erzeugt wird. „Und mit Regionalstrom sind wir unabhängig.“ Trotzdem bemüht er sich, Energiekosten einzusparen, indem er die Wassertemperaturen „auspendelt“.

Hans Widmann, im Wolnzacher Rathaus für den Badbetrieb zuständig, verweist nicht nur auf das Bioheizkraftwerk, mit dem das Bad versorgt wird. „Wären wir auf fossile Brennstoffe angewiesen, müssten wir uns Gedanken machen, aber so sind wir sehr gut aufgestellt.“ In die Becken fließt Kühlwasser eines benachbarten Betriebs mit 21 Grad. Genutzt wird außerdem die Prozesswärme, die bei der Verarbeitung der Biomasse anfällt.

Aber ganz davon abgesehen: Widmann möchte, genau wie Tanja Schweiger vom Irschinger Warmbad, dass die Bäder attraktiv bleiben, ein Herunterfahren der Wassertemperatur sei völlig kontraproduktiv – in Irsching wird durch eine Grundwasser-Wärmepumpe eine Wassertemperatur von 28 Grad erreicht. Außerdem liegen auf den Dächern Solarabsorber, in denen Wasser von der Sonne aufgeheizt wird. Schweiger ist es ein großes Anliegen, dass die Bäder attraktiv bleiben. „In Bayern gibt es viel zu wenig Wasserflächen, viele Bäder sind aus Kostengründen schon geschlossen worden.“ Fatal, weil Kinder nicht schwimmen lernen.

Renaissance für Biogasanlagen

Biogasanlagen erleben eine Renaissance. Und das nicht, weil sie grüne Energie erzeugen, sondern weil sie plötzlich aufgrund der gestiegenen Energiekosten wettbewerbsfähig geworden sind.

9500 solcher Anlagen gibt es in Deutschland, viele davon hat der Rohrbacher Ingenieur Hans Friedmann konzipiert. Mit seinem Geschäftspartner Franz Böhm, Chef der Marketing-Agentur Adverma, betreibt er selbst eine Biogasanlage. Für die lief die auf 20 Jahre angelegte Förderung nach dem „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) vor rund zwei Jahren aus. Aber ohne diese Zuschüsse waren die Anlagen nicht rentabel.

Das hat sich nun deutlich geändert. „Zum ersten Mal“, so Böhm, „wird adäquat bezahlt, ohne Zuschüsse.“ Bisher wird das Biogas vornehmlich in Strom umgewandelt, was für Böhm ein „ökologischer Blödsinn“ ist. Biogas kann in die Erdgasleitungen eingespeist werden, es kann auch verflüssigt eine neue Motoren-Generation antreiben.

„Putin hat uns den Spiegel vorgehalten“, stellt Böhm nüchtern fest. Hätten wir uns auf unsere Ressourcen konzentriert, könnten wir unabhängig von ausländischer Energie sein. Jetzt können die bestehenden Anlagen auch ohne Förderung weiterlaufen, Böhm und sein Partner werden eine in die Jahre gekommene Anlage sanieren – auch zur Freude der Landwirte, die für ihre Biomasse – Gülle, Mist, Energiepflanzen – zahlende Abnehmer haben.

PK