Pfaffenhofen
Alles auf Gelb: Was hilft gegen die Pollen?

Blütenstaub macht Allergikern, Autofahrern und Fans sauberer Fenster zu schaffen

17.05.2022 | Stand 25.10.2023, 10:20 Uhr

Wolken von Pollen sind in den vergangenen Wochen auch durch die Wälder in Bayern geweht. Der Blütenstaub hat sich auf Fenstern, Terrassen und Autos abgelagert. Zwischenzeitliche Regenschauer brachten nur kurzzeitige Besserung. Foto: Weigel, dpa

Von Albert Herchenbach

„Die ganze Welt“, so schmachtet sich in der Operette „Im weißen Rössl“ ein Liebespaar an, „ist himmelblau, wenn ich in deine Augen schau.“ Man muss allerdings schon sehr verliebt sein, um in diesem Frühjahr die Welt in blau wahrzunehmen. Denn derzeit ist sie gelb, blütenstaubgelb. Und das bleibt sie wohl auch noch für die nächsten drei Wochen.

Der Grund: Die Fichten haben Stress – und den geben sie nicht nur an ihre Blüten, sondern auch an die Menschen weiter, die sich vom angstgetriebenen Pollenflug ihrer nadeligen Nachbarn im Wald ziemlich genervt fühlen. „Die Fichten“, erklärt Rudi Engelhard, Altlandrat und Kreisbeauftragter der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, „spüren die die Trockenheit.“ Der Saftdurchfluss ist gestört, weshalb sich die Bäume um ihr Überleben sorgen und deshalb mit einem verstärkten Pollenflug reagieren, der die Blüten befruchtet. Wer im Bio-Unterricht nicht aufgepasst hat: Aus den Blüten entstehen Zapfen, und die liefern den Samen für den Fichtennachwuchs.



So aufregend die Fortpflanzung für Botaniker sein mag, so sehr fühlen sich viele andere von den Begleiterscheinungen gestört. Überall setzt sich der Blütenstaub ab, auf Autos, auf Luft- und Pollenfilter unter der Motorhaube, auf Photovoltaik-Anlagen, Kleidung und – besonders unangenehm – auf Nasenschleimhäuten von Allergikern.

Blütenstaub: Tipps für den Haushalt



Deshalb empfiehlt die Hauswirtschaftslehrerin Sabine Biberger der Polleninvasion einen Riegel vorzuschieben. „Wer schlau ist“, sagt sie, „der hängt jetzt die Wäsche zum Trocknen nicht in Freie.“ Besser: Die Wäsche kurz in den Trockner geben und sie dann in der Wohnung aufhängen. Außerdem vermeide man so gelbe Flecken auf den Kleidungsstücken, die dann wieder in die Waschmaschine müssen, getrocknet werden – den gelben Teufelskreislauf kann man sich ersparen.

Und noch ein Tipp: Der Blütenstaub, der sich außen auf die Fensterrahmen abgesetzt hat, sollte abends kurz vor dem Schlafengehen mit dem Bürstenaufsatz des Staubsaugers entfernt werden. Das sei gründlicher und schonender für Material als feuchtes Wischen. Und den Staub vor der Haustür oder auf dem Balkon? „Da nimmt man am besten einen Gartenschlauch in die Hand“, rät die Expertin. Mit dem Besen wirbelt man den Blütenstaub ja nur auf – Allergiker bedanken sich mit einem herzhaften Hatschi.

Blütenstaub: Das rät der Photovoltaik-Experte



Die Selbstreinigungskräfte der Natur abzuwarten, dazu rät Hermann Schrag, Inhaber der Firma „Sonnenstrom“ in Reichertshausen. Er installiert auf Dächern im Landkreis Photovoltaikanlagen. Das Geschäft brummt. 2021, sagt Schrag, wurden exakt dreimal so viele Anlagen verbaut wie vier Jahre zuvor. Sorgen wegen des Blütenstaubs müsse man sich nicht machen, irgendwann wäscht ein Regenschauer die Module auf dem Dach sauber. Die Energie-Erzeugung leide nicht. Problematischer sind Stalldächer; die tierische Abluft setzt sich auf den Paneelen ab und verbindet sich mit dem Blütenstaub. Da sollte dann schon gereinigt werden.

Die ganze Welt ist gelb – ganz besonders dann, wenn man durch die Fensterscheibe schaut. Wer ökonomisch denkt, freundet sich die nächsten zwei, drei Wochen mit diesem Ausblick an. Und das tun offenbar eine Menge Leute. Huda Darwich von der Pfaffenhofener Gebäudereinigung „Sauberhoch3“ stellt fest, dass sich die Auftragslage nach vorn verschiebt. Vor zwei Jahren habe es schon einmal einen so starken Pollenflug gegeben. Die Lehre daraus: Das geht vorüber. Viele ihrer Kunden würden jetzt abwarten und die Sauberleute in drei Wochen um die Reinigung der Fenster bitten.

Blütenstaub: Einfach Wäsche für Autos reicht



Keine Geduld dagegen haben viele Autobesitzer – zur Freude von Kamer Sukay. Er betreut die Waschstraße an der Joseph-Fraunhofer-Straße. An die 15 Prozent mehr Kundschaft fährt ihre Pkws durch die Anlage als noch im vergangenen Jahr. Und weil die Autos ja nicht so richtig schmutzig sind, reicht den meisten die „Einfachwäsche“ für sechs Euro fünfzig.

Für das Geld bekommt man keinen neuen Pollen- oder Luftfilter für sein Auto. Die setzen sich durch den Blütenstaub zu, allerdings nicht so stark, dass der Motor oder die Insassen zu ersticken drohen. Üblicherweise, sagt Daniel Nadelstumpf, Werkstattleiter beim Renault-Autohaus Heinzlmair, werden die Filter alle 30000 bis 60000 Kilometer im Zuge einer Inspektion ausgetauscht. Möglich, dass dieses Intervall jetzt verkürzt werden sollte. Denn ein Pollenfilter, bei Neuwagen inzwischen Standard, absorbiert durch einen Aktivkohlefilter auch Luftschadstoffe und damit Abgase. Der Austausch hält sich finanziell im Rahmen: Ein neuer Pollenfilter koste je nach Modell zwischen 20 und 60 Euro.

Der Regen am Montag bringt laut Prognosen nur kurzzeitig Linderung. Die Fichten stäuben noch bis Monatsende vor sich hin.

PK