Eichstätt
Zukunft der Kliniken: Reges Interesse an Livechat

27.02.2022 | Stand 23.09.2023, 2:34 Uhr

Landrat Alexander Anetsberger (links) und Kliniken-Vorstand Marco Fürsich stellten sich den zahlreichen Fragen im Live-Chat zur Zukunft der Notfallversorgung im Landkreis. Foto: Luff (Screenshot)

Am Freitagabend präsentierten Landrat Alexander Anetsberger und Kliniken-Vorstand Marco Fürsich über einen Livestream den Stand der Agenda 2030 und stellten sich den zahlreichen Fragen, die über einen Chat thematisch gebündelt wurden. An der teils emotional geführten Debatte nahmen knapp 170 Bürgerinnen und Bürger teil.

Der Landrat stellte zunächst die Lage vor, in der sich der Landkreis mit den beiden Klinikstandorten befindet. Er wies mit Nachdruck darauf hin, dass keine der beiden Kliniken geschlossen werde. Allerdings seien komplexe Umstrukturierungen unumgänglich, um die Grund- und Notfallversorgung in Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst, den Haus- und Notärzten und dem Klinikum Ingolstadt sicherzustellen.



Fehlendes Einsparpotenzial und Fachkräftemangel

Als Vorstand der Kliniken im Naturpark Altmühltal machte Marco Fürsich anschließend deutlich, dass zwei Klinikstandorte weder wirtschaftlich noch personell zu halten sein werden. Die Statistiken und Zahlenkolonnen belegten das Defizit der beiden Häuser in der letzten Dekade ebenso wie das fehlende Einsparpotenzial durch die Doppelstruktur, wobei der eklatante Fachkräftemangel ein ganz eigenes Problem darstelle, der im Kreis Eichstätt auch die Haus- und Fachärzte betrifft. Die baulichen Voraussetzungen für eine Erweiterung der Klinik seien sowohl in Kösching als auch in Eichstätt gegeben. Von daher seien grundsätzlich beide Szenarien denkbar: Die Akutklinik könnte in Eichstätt oder in Kösching eingerichtet werden, ein ambulantes Gesundheitszentrum aber ebenso an beiden Standorten.

Die knapp 50 Fragen im anschließenden Livechat zeigten auf, wo den Landkreisbürgern der Schuh drückt. Zum Problem des Defizits, das sich in Eichstätt derzeit deutlicher niederschlägt als in Kösching, wiesen Landrat und Klinikvorstand darauf hin, dass es kein isoliertes Eichstätter Defizit gebe, sondern dass man die Gesundheitskosten im Landkreis stets als Paket betrachten müsse. Das Oberender-Gutachten sei rein wirtschaftlich ausgerichtet, während es im Landkreis primär um die Versorgungssicherheit gehe. Auf den Nägeln brannte vielen Fragestellern auch das sich verschärfende Problem des Fachkräftemangels. Dem könne man durch die Konzentration auf einen Standort für die stationäre Versorgung etwas entgegenwirken, ohne dass auch nur einem einzigen Angestellten vor Eintritt in das Rentenalter gekündigt werden müsse, so der Landrat.

Themen Pflegefachschule und Notfallversorgung

Darüber hinaus warben Anetsberger und Fürsich für weitere Maßnahmen, um den Landkreis als Arbeitgeber im Gesundheitssektor attraktiver zu machen, und brachten auch eine neue Pflegefachschule in Kösching ins Spiel. Breiten Raum nahmen auch die Sorgen einiger Bürger über eine fehlende Notfallversorgung und zu lange Rettungswege im nördlichen, östlichen und westlichen Landkreis ein. Hier wiesen die beiden Verantwortlichen darauf hin, dass die gesetzlich vorgeschriebene Frist bis zum Eintreffen eines Notarztes derzeit im gesamten Landkreis meist eingehalten werde, auch wenn es vereinzelt zu Engpässen gekommen sei. Neue tragfähige und erweiterte Konzepte müssten aber in Zukunft zusammen mit dem Rettungszweckverband erarbeitet werden.

Kinder sollen weiterhin im Landkreis zur Welt kommen

Vorerst beruhigen konnten Fürsich und Anetsberger einige Bürgerinnen und Bürger, die sich Sorgen um die Geburtshilfe im Landkreis machen. Zwar habe der Hebammenmangel in Eichstätt im Gegensatz zu Kösching bereits seit längerem dazu geführt, dass die Geburtenstation geschlossen wurde, doch werde es auf jeden Fall am stationären Standort der Notfallversorgung auch in Zukunft eine Geburtenstation geben. Der Landrat meinte wörtlich: „Wir möchten weiterhin, dass Kinder bei uns im Landkreis zur Welt kommen.“

Grundsätzliche Fragen zum politischen Entscheidungsprozess, die nicht immer frei von Polemik waren, bündelten Anetsberger und Fürsich in der Versicherung, dass Eichstätt als Kreisstadt gegenüber Kösching nicht bevorzugt behandelt werde. Anetsberger gestand den Bürgern natürlich das Recht auf ein Bürgerbegehren zu, warnte aber zugleich vor einem Bürgerentscheid, der den Weiterbestand von zwei stationären Häusern vorsieht, denn dieser sei schlicht nicht umsetzbar und wäre zudem als Misstrauensvotum gegen den Kreistag zu werten, der eine Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen treffen werde.

Robert Luff