Zweitwichtigste Rundfahrt der Welt
Plötzlich Teamkapitänin: Ricarda Bauernfeind aus Eichstätt wird Sechste bei der Vuelta

05.05.2024 | Stand 06.05.2024, 13:18 Uhr

Kaputt, aber glücklich: Ricarda Bauernfeind hat nach dem Ausstieg von Kasia Niewiadoma die Rolle der Team-Kapitänin bei der einwöchigen Spanien-Rundfahrt stark ausgefüllt. Foto: Pohlmann

Auf der letzten Etappe der Vuelta Femenina hat Ricarda Bauernfeind einmal mehr gezeigt, dass sie zur absoluten Weltspitze im Radsport gehört.



Am Sonntag machte die Eichstätterin am Schlusstag der zweitgrößten Rundfahrt einen großen Satz und sprang in der Gesamtwertung noch von Rang neun auf sechs – nach Platz fünf im Vorjahr wieder ein großer Erfolg.

„Ich bin super dankbar, dass sich mein Körper trotz der Rennen super erholt hat“, sagt Bauernfeind nach der kräftezehrenden Schlussetappe. Da stellt sich die Frage: Was wäre möglich gewesen, wenn sie nicht mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen gehabt hätte? Bauernfeind war im Vorfeld der Spanien-Rundfahrt erkältet. Ihre Eltern rieten ihr sogar, es sich gut zu überlegen, ob ein Start sinnvoll ist. Da schon ihre australische Teamkollegin Neve Bradburry krankheitsbedingt nicht angetreten war, wollte es die Eichstätterin im sowieso schon dezimierten Canyon-Sram-Team zumindest versuchen. Zumal laut Bauernfeind auch die Ärztin einen Start für vertretbar hielt.

Anstrengender Start bei der Vuelta

„Die ersten Etappen waren gesundheitlich sehr anstrengend“, beschreibt die 24-Jährige, die im vergangenen Jahr bereits sensationell den fünften Platz erreicht hat. Vor allem der vierte Tag hatte es in sich. Bei viel Wind war ihre Rolle, Mannschaftskapitänin Kasia Niewiadoma (Polen) in die Spitzengruppe zu führen. Das kostete viel Kraft, sodass sie selbst den Anschluss verpasste und im Gesamtklassement gut zwei Minuten Rückstand kassierte. Umso ärgerlicher für die Eichstätterin, dass Niewiadoma einen Tag später – wie Bradburry krankheitsbedingt – aufgeben musste. Ohne diesen Zeitverlust wäre am Ende ein Podiumsplatz durchaus noch in Reichweite gewesen. Trotzdem: „Zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung aber das Beste“, ordnet sie ihre Helferrolle für das Team im Nachhinein ein.

Bauernfeind führt ihr Team Canyon-Sram an



„Danach musste ich die Rolle übernehmen“, sagt Bauernfeind, die dann ab Samstag als Aushilfskapitänin in den Genuss des Windschattenfahrens durch die Hilfe ihrer Kolleginnen kam. Denn bei starkem Seitenwind von bis zu 30 Kilometern pro Stunde zog sich das Feld auseinander. Mit Maike van der Duin (Niederlande) hatte die Eichstätterin eine Mannschaftskameradin an ihrer Seite, die viel für sie gearbeitet hatte.

Auf der abschließenden Bergetappe in den Hügeln bei Madrid stellte die 24-Jährige einmal mehr ihre Kletter-Qualitäten unter Beweis. Nach dem ersten Anstieg führte sie zwischenzeitlich sogar das Feld an. „Mich hat es genervt, dass SD-Worx (Siegerteam bei der Vuelta, Anm. d. Red.) das Tempo so langsam gemacht hat. Ich wollte bei der Abfahrt mein Tempo und meine Linie fahren“, sagt Bauernfeind, die im Flachstück vor dem letzten Anstieg von der rund 20-köpfigen Spitzengruppe wieder eingeholt wurde.

Gesamtsiegerin Demi Vollering demonstriert ihre Stärke



Am finalen Berg, an dem Demi Vollering (SD-Worx, Niederlande) den Etappen- und den Gesamtsieg klar machte, machte auch Bauernfeind noch ordentlich Tempo und überquerte mit 56 Sekunden Rückstand als Fünfte die Ziellinie. Damit überholte sie auf der Schlussetappe noch drei Konkurrentinnen und sicherte sich damit in der Gesamtwertung den sechsten Platz.

Bauernfeind ist bereits am Freitag wieder im Einsatz. Als Einzige im Team bleibt die Eichstätterin in Spanien und fährt die dreitägige Baskenland-Rundfahrt (Itzulia). Bis dahin stehen lockeres Training und Regeneration auf ihrem Programm.