Politisch nie korrekt
Archaischer Alltagsheld: Der Prolet Sepp Bumsinger hat sein Publikum im Griff

26.03.2024 | Stand 26.03.2024, 7:30 Uhr

Unwiderstehlich spielt Markus Langer seine Kultfigur, den Bumsinger Sepp. Foto: Luff

Da tritt ein gestandener Urbayer auf die Bühne und legt einfach los. Er erzählt haarsträubende Geschichten aus seiner Ehe und Alkoholeskapaden aus seinem Alltag, schlüpft in die Rolle der von ihm geschaffenen Kultfigur Sepp Bumsinger und geriert sich offen als Macho. Doch niemand nimmt ihm den grobmotorischen Bajuwaren übel. Sein Lebensmotto ist nämlich so einfach wie genial und lautet: „I derf des.“

Markus Langer schert sich nicht darum, was andere über ihn denken. Und sein breiter urbairischer Dialekt lässt auch die gröbsten Derbheiten gar nicht so schlimm klingen. Denn der Bumsinger Sepp schaut dem Volk aufs Maul. Und nimmt sich Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben eines Mannes: Saufen in der Garage und Wellness im zu knappen Bademantel, gepflegt mit der Ehefrau streiten oder ein Weißwurstessen im Auto.

Das Programm heißt „Zeitmillionär“, hat aber nichts mit dem Bühnengeschehen zu tun, wie Langer selbst einräumt. Doch das stimmt nicht so ganz, denn am Ende seiner zweieinhalbstündigen Show, die sich irgendwo zwischen Comedy, Sketch und Kabarett einpendelt, stimmt er ernstere Töne an: „Nimm dir die Zeit für deine Träume“, raunt er dem Publikum zu. „Vergeude sie nicht mit sinnloser Arbeit, dummen Menschen und scheiß Idealen!“ Da hat sich dann doch noch ein Fäkalwort in die Botschaft hineingemogelt, denn ganz ohne geht es nicht bei Markus Langer.

Schräge Rollen und abstruse Dialoge



Er spielt gerne schräge Rollen und schauspielert meisterhaft abstruse Dialoge. Mit Vorliebe mimt er den Proleten Bumsinger und sein Publikum liebt ihn dafür. Sepp Bumsinger ist durch die Youtube-Videos seit 2016 eine Kultfigur und Langer braucht wenig für die Verwandlung in sein Alter Ego: Ein orangenes Käppi auf den Kopf, eine Hornbrille auf die Nase, eine Bierflasche in die Hand und eine Zahnprothese mit Überbiss in den Mund: Schon schwankt die Kultfigur über die Bühne, philosophiert am Rande eines Vollrausches über den Zeitgeist und gibt ungefragt seine Kommentare, die alles sind, nur nicht politisch korrekt.

Stories von Karlheinz und Onkel Ernst



Spätestens dann bleibt kein Auge trocken, denn Langer alias Bumsinger laviert sich köstlich durch die Untiefen des bayerischen Alltags und lässt kein noch so kleines Fettnäpfchen aus: vom Grillfest bis zum Fitness-Wahn, von gesunder Ernährung bis zur richtigen Kommunikation zwischen Frau und Mann, vom fiktiven Telefonat mit Prinz Harry bis zum ehelichen Beischlaf, der ausgerechnet durch eine störrische Nachttischlampe gestört wird.

Zum Brüllen komisch sind seine Stories, die das Leben schreibt. Und der Langer, der auch mal in die Rolle von Karlheinz oder Onkel Ernst schlüpft, steht da wie ein Fels in der Brandung und lässt alles an sich abprallen. Zum Neidischwerden, denkt sich ein Großteil des männlichen Publikums und entwickelt Identifikationsphantasien.

Doch auch die Frauen lachen an diesem Abend im Gutmann mit, wenn Markus Langer eine haarsträubende Situation nach der anderen meistert, sich in die Fallstricke des Abnehmens verliert und mit viel Witz, Biss und Ironie mit den Widrigkeiten seines Daseins im Baumarkt kämpft. Dort hat Karlheinz übrigens Hausverbot, weil er sich mehrfach in der Sanitärabteilung erleichterte, ohne dass das Pissoir an die Kanalisation angeschlossen war. Der Grantler mit dem gerollten bairischen „rrr“ nimmt kein Blatt vor den Mund. Und manchmal radebrecht er auch auf Englisch: Köstlich ist sein Telefongespräch mit Prinz Harry, der seinen Buckingham-Frust nur durch ein Besäufnis in Bumsingers Garage bewältigen kann. Der Sepp verspricht ihm, dass er nach diesem Afternoon „totally in the after“ sein wird, bittet ihn aber noch, seine hübsche Ehefrau mitzubringen, denn „Megan ist as sharp as neighbour’s Lumpi“.

Seine Anekdoten haben es in sich, wie die Geschichte der von ihm selbst entwickelten Biermarke „Arschlecken 350“. Und immer wieder bewegt sich Langer entlang des schmalen Grats einer halbwegs funktionierenden Ehe, lässt sich von seiner Frau Uschi zu Grillpartys mit Pseudointellektuellen schleppen und versucht sogar, für sie ein paar Kilo zu verlieren, obwohl die Natur einst zu ihm sagte: „Du bist so schön, da hab ich halt ein bisschen mehr von dir gemacht.“ Seine Kalorienrechnung ist unwiderstehlich und nutzt Fernsehen, Pole-Dancing an der Straßenlaterne und passiven Sex zum Abnehmen. Und die Fitnessuhr hängt er schon einmal der Katze um, damit sie sich für ihn bewegt. Ein Schlitzohr ist er halt, der Langer, doch am Ende auch ein Philosoph mit Tiefgang. Denn sein feinsinniges Credo lautet: Verschwende nicht die Zeit mit nutzlosen Dingen. Und sein Tipp: „Die maximale Freiheit hast du dann, wenn es dir wurscht ist, was die anderen von dir denken!“

EK