Eichstätts grüne Innovation
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt eröffnet ihren Outdoor-Campus

11.07.2023 | Stand 14.09.2023, 21:32 Uhr

Der Motor der Innovation Professor Heiner Böttger bei der Eröffnung zusammen mit der Präsidentin Gabriele Gien und dem Vizepräsidenten für Studium und Lehre Klaus Meier. Foto: Heußer

„Walk and Talk“, „Under the trees“ und „The Riverside Taskway“: So heißen einige der neuen Aufgabenformate, die am frisch eröffneten Outdoor-Campus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) zukünftig umsetzbar sind.

 

Ein Areal mitten unter den Bäumen und entlang des Rundwegs um die Zentralbibliothek soll als Lernraum dienen. Von einer Nutzung des Raums hat der Inhaber der Professur für Didaktik der Englischen Sprache und Literatur an der KU, Heiner Böttger, lange geträumt. Sein erster Ansatz: „Ein Swimmingpool direkt vor meinem Büro. Diese Idee wurde von der Präsidentin Frau Gien natürlich direkt abgebügelt.“ Nach einer langen Denk- und Planungsphase kam die Idee „Deutschlands ersten Outdoor-Campus“ zu gestalten. „Am heutigen Tag eröffnen wir eine Basisversion eines Outdoor-Campus, der in Deutschland seinesgleichen sucht“, erklärt Projektleiter Böttger stolz die Besonderheit am Projekt, das eine dreijährige Planungs- und Pilotphase bestanden hat. „Die Idee ist entstanden: Wie könnte man das Areal miteinbeziehen in die Lehre, das Unterrichten und vielleicht langfristig auch in die Forschung. Man weiß, dass das Lernen in der Verknüpfung Natur-Ort-Inhalt nochmal ganz anders funktioniert“, erklärt die Präsidentin der KU, Gabriele Gien.

Langst überfälliger Paradigmenwechsel



Klassenunterricht für Schüler nach draußen zu verlegen ist schon lange gängige Praxis – doch Studenten im Grünen zu unterrichten? Bislang undenkbar. „Beim Outdoor-Campus handelt es sich um den didaktischen Versuch, einen Paradigmenwechsel einzuläuten, der dringend notwendig ist aus dem Blickwinkel der Fachdidaktik“, so die Meinung von Böttger.

Das Areal des Outdoor-Campus umfasst sechs Lern- und Lehrorte. Die Möbel dafür müssen zum Teil noch geliefert werden. Geplant ist mobiles Equipment sowie Strom und Internet, um ein Arbeiten an den Plätzen zu ermöglichen. „Der Outdoor-Campus ist vor allem ein neuer Lernraum, der die Innenräume ergänzen soll“, erläutert Böttger. Die Flächen sind nicht beliebig nutzbar – so müssen sie wie normale Seminarräume gebucht werden.

Gastprofessoren testen neue Formate



Zwei Gastprofessoren sind extra aus Nebraska angereist, um ein Seminar im Bereich „Under the trees“ zu halten. „Die Lehramtsstudierenden drehen grade ihre Runden auf dem „walk and talk trail“ und besprechen ihren Arbeitsauftrag“, erklärt die Dozentin Karla Jenson. „Das Seminar mit Gastprofessuren wurde als Outdoor-Event konzipiert und ist schon ins Modul integriert“, so Böttger. „Die Studenten sollen deep story-telling üben. Dazu gehen sie zu zweit den Weg ab und bauen ein Vertrauen und eine Beziehung zum Gesprächspartner auf. Das nutzt den Studentin für den eigenen Unterricht. Beziehungen sind die Grundlage für alles und der einzige Weg sie aufzubauen im Leben ist durch Gespräche. Deshalb sprechen wir heute. Da muss man auch mal mutig sein“, erläutert die Dozentin. Das weitläufige „walk and talk“-Areal bietet sich dafür an. Nach dem Gespräch zu zweit treffen sich alle im Plenum „under the trees“ und besprechen ihre Ergebnisse. Die Dozenten sind zufrieden und unterhalten sich auch nach dem Ende des Seminars noch angeregt mit den Studierenden. Ein positives Beispiel, wie der Outdoor-Campus genutzt werden könnte.

Studierende konzentrieren sich draußen besser



Das Gelände ist für kommunikative Formate gut geeignet. „Wir haben auch von Einzelheiten und Fokus gesprochen, bevor die Studierenden losgezogen sind“, so Travis Jensen. Fokus ist der zentrale Punkt. Stellt sich doch die Frage, ob die vielen Sinneseindrücke in der Natur nicht überfordernd für die Aufnahme von Lernmaterial sind. „Studien beweisen, dass das laborartige Lernen im Seminar dem Lernen draußen unterlegen ist. Draußen muss man mehr Konzentration aufwenden und Geräusche und Umweltfaktoren ausblenden und dadurch bleibt das Gelernte auch besser im Gedächtnis hängen“, fasst Böttger die Forschungsergebnisse zusammen, die den Projektleiter motivierten, sich für die Lernorte der besonderen Art einzusetzen. Ihm ist bewusst, dass die neuen Flächen nicht bei allen Dozierenden auf offene Ohren stoßen werden. „Das wird das härteste Stück Arbeit, alle mitzunehmen und zu überzeugen. Aber man kann die Studierenden auch fragen: Hier bietet sich ein Mehrwert.“

Projekt soll für Ideen weiterhin offen bleiben



Das Areal sollte eigentlich schon viel früher, bereits zu Beginn des Sommersemesters im April, eröffnet werden, doch „im Detail steckt oft der Teufel“. Umso mehr freuen sich die Verantwortlichen nun den Startschuss für das Projekt geben zu können. Präsidentin Gien betonte, dass das Projekt nicht abgeschlossen sei. So können Studierende auch eigene Ideen entwickeln und auf dem Gelände umsetzen. „Es bleibt ein Prozess, kein reines Projekt“, so Gien. Die Präsidentin betonte zudem: „Wir wollen mit Plätzen wie diesem Denkräume als Teil einer strategischen Universitätsentwicklung schaffen.“ Die Lehrorte außerhalb des Gebäudes weisen zudem einen weiteren praktischen Vorteil auf. Sie machen das Leben und Lehren in der Katholischen Universität transparenter. „Zum einen sind auf dem Outdoor-Campus innovative Lehr- und Lernkonzepte umsetzbar. Zum anderen können wir neue Optionen des Öffnens und Vernetzens sichtbar machen“, erläutert die Präsidentin.

EK