Eichstätt
In der vierten industriellen Revolution

Christoph Kreisbeck sprach im Rahmen des K’Universale über Künstliche Intelligenz in der Chemie

28.12.2022 | Stand 17.09.2023, 6:38 Uhr

Was in der Materialentwicklung noch möglich sein wird, zeigte Christoph Kreisbeck auf. Foto: Luff

Von Robert Luff

Eichstätt – Es klingt wie im Märchen, was Christoph Kreisbeck, Leiter der Geschäfts- und Produktentwicklung des US-amerikanischen Start-ups „Kebotix“, da verkündete: Wir befinden uns mitten in der vierten industriellen Revolution, die von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) beherrscht wird und die Menschen in die Lage versetzen wird, dringend benötigte Materialien für komplexe Sachverhalte zu entwickeln – und dies deutlich schneller und besser als von Menschenhand.

Denn die KI schaffe es, die Entwicklungszeit und die Kosten für diese neuartigen Materialien deutlich zu reduzieren und so schneller auf die dringend zu lösenden Probleme unserer Erde zu reagieren.

Dazu gehören zum Beispiel neuartige Wärmeträgerflüssigkeiten für die Kühlung von Schnellladegeräten und -akkus oder intelligentes Fensterglas, das auf die extrem unterschiedlichen Temperaturen reagiert und so Energie einsparen kann. Klimawandel und Überbevölkerung sowie die gesundheitliche Versorgung von immer mehr Patienten stellen nämlich neben der Friedenssicherung derzeit die wichtigsten globalen Handlungsfelder dar.

Wie wichtig unkonventionell und kreativ arbeitende digitale „Tough Tech Start-ups“ wie „Kebotix“ da sind, zeigte Kreisbeck, dessen Firma in Cambridge (USA) sitzt, sehr eindrücklich. Solche innovativen Start-ups können zwar auch nicht die Welt retten, leisten jedoch einen entscheidenden Beitrag zur Problemlösung im Bereich der Materialentwicklung.

Der junge Chemiker Kreisbeck gilt seit seinem Leuchtturmprojekt zu selbstfahrenden Autos, an deren Steuerungs-KI er mitarbeitete, und seit der Entwicklung der Hochleistungssoftware „GPU-HEOM“ für die Erforschung neuer Designs von Solarzellen bereits als Koryphäe in seinem Fach. In Eichstätt zeigte er auf, was in Zukunft in Sachen Materialentwicklung noch möglich sein wird, seitdem man auf superschnelle Hochleistungsrechner zurückgreifen kann.

In den autonomen Laboren von „Kebotix“ arbeiten nämlich KI und Automatisierung mittels Roboter Hand in Hand und können auf vollständig vernetzte Materialsimulationen auf Atomebene zurückgreifen. Dies bedeutet, dass ein kreativer Algorithmus aus Tausenden von möglichen künstlich erzeugten Molekularverbindungen zunächst einmal eine begrenzte Zahl auswählt, die anschließend auf die zu erwartenden Eigenschaften hin geprüft werden. Im großen Feld der Elektromobilität geht es zum Beispiel um die Entwicklung von Kühlmöglichkeiten für das „Extreme Fast Charging“, das einen Akku in weniger als acht Minuten vollständig aufladen kann. Eine Wallbox braucht dazu drei bis neun Stunden.

Das Problem ist allerdings die Kühlung der am Ladeprozess beteiligten Komponenten. Daher muss die Chemie Flüssigkeiten entwickeln, die eine Reihe spezifischer Anforderungen erfüllen, von der Wärmeleitfähigkeit über die niedrige Viskosität und Dichte bis zur hohen Wärmekapazität.

Die von den großen Konzernen wie Shell oder Solvay bislang entwickelten Wärmeträgerflüssigkeiten erfüllen laut Christoph Kreisbeck nicht alle diese Standards. Die bei „Kebotix“ in kürzester Zeit durch KI und menschliche Planung gefundene Verbindung sei hingegen nicht nur billiger, sondern auch effektiver und besser. Wenn man dieser KI vertrauen könne, dann würden durch sie bereitgestellte Materialien eine gute Basis für die Lösung gegenwärtiger Probleme darstellen.

EK