Eichstätt
„Gemeinschaftsfördernd“

An diesem Wochenende wäre Fliegerfest gewesen – Fliegerclub-Chef Claus Gelhorn im Interview

12.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:20 Uhr

Über den Wolken...: Das Fliegen fasziniert die Menschen. Wohl nicht zuletzt deshalb ist auf der Waschette zum Fliegerfest jedes Jahr viel los. Fotos: Reichmeyer, Archiv

Eichstätt – Zum dritten Mal in Folge fällt an diesem Wochenende das Fliegerfest auf der Waschette aus: Hunderte von Besuchern zog es jedes Jahr auf den Frauenberg. Nicht nur, um Flugvorführungen zu bestaunen, auch um selbst in einem Motorflieger oder einem Segler zu sitzen und die Welt aus der Luft zu bestaunen. Wir haben uns mit dem Vorsitzenden des Fliegerclubs, Claus Gelhorn, unterhalten – über das, was durch das Fliegerfest fehlt, ob es 2023 wieder eines gibt und wie es dem Verein überhaupt geht.

Herr Gelhorn, wie kommt man als Fachanwalt für Arbeitsrecht mit einer großen Kanzlei in Ingolstadt zum Vorsitz eines Luftsportvereins?
Claus Gelhorn: Aus reinem Zufall, quasi wie die Jungfrau zum Kind. Es war niemand anders da und so habe ich mich für diese Aufgabe bereit erklärt. Der zeitliche Umfang ist aber nicht exorbitant, weil wir im Vorstand als Team zusammenarbeiten und grundsätzlich jedes Vereinsmitglied hilft, wo es kann. So kann ich auch als Vorsitzender durchaus zum Segelfliegen gehen und bin nicht nur zum Arbeiten „auf dem Berg“.

Ist heutzutage eine juristische Ausbildung ein Vorteil, wenn man einen Verein führt?

Gelhorn: Es ist nicht unbedingt notwendig, aber es ist definitiv kein Nachteil. In der Luftfahrt gibt es eine Vielzahl an Vorschriften und Gesetze; da ist es nicht verkehrt, wenn man sich ein bisschen auskennt.

Seit wann sind Sie regelmäßig in der Luft?
Gelhorn: Ich bin ein Spätberufener, denn ich besitze erst seit drei Jahren den Segelflugschein. 2018 war ich auf der Waschette spazieren. Ein Pilot hat mich angesprochen: „Sie schaun jetzt schon eineinhalb Stunden zu, wollen Sie einmal mitfliegen?“ Zwei Wochen später war ich im Segelflugzeug gegessen und hab meine Ausbildung angefangen – nachdem geklärt war, ob das in meinem Alter (Anm. d. Red.: Claus Gelhorn ist 64) überhaupt noch möglich ist. Seitdem bin ich mit Begeisterung dabei.

Wie ist der Verein mit seinen 165 aktiven Piloten, den 14 vereinseigenen Maschinen und etlichen Privatpiloten durch die Pandemie gekommen?
Gelhorn: Die erste Zeit war wirklich hart. Wir durften ja überhaupt nicht fliegen. Im späten Jahr 2020 konnte unter massiven Hygieneauflagen wieder mit der Schulung begonnen werden. Aber es war zum Beispiel die Terrasse gesperrt. Wir konnten unseren Sport ausüben, wir konnten draußen sein, aber halt nicht zusammensitzen. 2021 ging es dann Stück für Stück aufwärts. Glücklicherweise gibt es momentan keine Einschränkungen. Es kamen in der Corona-Zeit viele jüngere Mitglieder dazu, die zum Teil hier studieren, zum Teil auch schon fertig ausgebildete Piloten sind.

Nicht nur die Eichstätter, viele Menschen aus der Region haben dieses Wochenende das Fliegerfest vermisst. Warum fiel es auch heuer und damit schon zum dritten Mal ins Wasser?
Gelhorn: Dass es ein Fliegerfest ohne Hygieneauflagen und Abstandsregelungen werden könnte, konnten wir im Januar nicht ahnen. Zu diesem Zeitpunkt mussten wir entscheiden: Hopp oder topp? Vielleicht waren wir da ein wenig ängstlich. Wir haben uns letztlich nicht getraut, eine positive Entscheidung zu treffen.

Dürfen wir auf nächstes Jahr hoffen?
Gelhorn: Ich bin ehrlich: Wir haben festgestellt, dass wir für das nächste Jahr – und da wollen wir unbedingt wieder ein Fliegerfest machen – mehr Vorlaufzeit brauchen. Diese drei Jahre Pause haben Spuren hinterlassen. Know-how ist verloren gegangen, es müssen alle Helfer wieder rekrutiert werden. Selbstverständlich ablaufende Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe werden nicht mehr so reibungslos funktionieren. Das dürfen wir nicht unterschätzen. Das Fliegerfest ist für die Mitglieder ein äußerst wichtiges gemeinschaftsförderndes Element. Dieses Ereignis ist zudem die Verbindung mit der Bevölkerung Eichstätts und der Region mit dem Verein.

Mit welchen Vorstellungen gehen Sie und der Verein in die Zukunft?
Gelhorn: Segelfliegen, unser wichtigstes Standbein, ist an sich ein umweltfreundlicher Sport. Wir wollen unseren Flugplatz nachhaltiger gestalten. Wir denken dabei an Photovoltaik und Elektromobilität für unseren Fuhrpark. All das wollen wir angehen und umsetzen in den nächsten Jahren.

Haben diese Gedanken auch Auswirkungen auf ein zukünftiges Fliegerfest?
Gelhorn: Bei der Frage nach der Form des zukünftigen Fliegerfestes finde ich, dass wir uns überlegen müssen, ob eine Veranstaltung mit vielen großen Motormaschinen und Motorkunstflug heute noch in die Zeit passt. Der Umfang dieser Attraktionen war in der Vergangenheit recht groß. Vielleicht ist da am Ende weniger mehr. Aber das muss der Vorstand in seiner Gesamtheit erst diskutieren.

EK

Das Gespräch führte Barbara Reichmeyer

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