Mit der Axt zum Training
Dollnsteiner Peter Würzburger nimmt an deutscher Meisterschaft in Timbersports teil

02.09.2022 | Stand 22.09.2023, 6:09 Uhr

Trainingsplatz im Sägewerk: Peter Würzburger trainiert für die deutschen Meisterschaften in Timbersports am ersten Septemberwochenende in Wernigerode. Seine Lieblingskategorie ist die knapp zwei Meter lange „Single Buck“-Säge. Fotos: Renner

Von Andreas Renner

Dollnstein – Kettenstrümpfe anziehen, Shirt mit dem eigenen Wappen überstülpen, Äxte bereitlegen: Wenn Peter Würzburger sich für sein Training fertigmacht, könnte man ihn mit einem Ritter auf dem Weg zum Turnier verwechseln. Mit typischen Sportutensilien wie Turnschuhen, Schlägern und Bällen kommt man in seiner Arena nicht weit, denn Würzburger betreibt Timbersports.

Axt, Kettensäge, Gehörschutz und Single Buck (eine zwei Meter lange Einmannsäge) sind seine Ausrüstung, mit der er möglichst schnell und möglichst präzise Holzklötze zerhackt oder zersägt. Seit Wochen trainiert der 41-jährige Dollnsteiner jeden Tag nach der Arbeit, denn am 3. und 4. September stehen die deutschen Meisterschaften in Wernigerode in Sachsen-Anhalt an. Und Würzburger ist dabei. „Im Nachwuchswettkampf. Für die Profikategorie reicht es noch nicht“, scherzt er. Vor zwei Jahren hat ihn das Timbersportsfieber gepackt. Eine naheliegende Wahl für sein Hobby, wenn man den Alltag des Dollnsteiners betrachtet.

2002 kaufte er das Sägewerk in Bubenroth, direkt an der Altmühl zwischen Dollnstein und Eichstätt gelegen, aus der Insolvenz heraus. Seitdem führt er den Betrieb. Sein täglicher Arbeitsplatz wird nach Feierabend zur Trainingshalle. „Seit ich ein Kind bin, lebe ich im Wald und habe mit Holz zu tun.“ Würzburgers Vater war Förster. Er selbst ursprünglich gelernter Metzger. Die Chance mit dem Sägewerk konnte er sich damals nicht entgehen lassen und sattelte kurzerhand um – vom Fleischerbeil zur Kreissäge.

Zum Timbersportler war der Weg bei dieser Veranlagung nicht mehr weit. „Ich war schon länger daran interessiert. 2019 war ich dann in Rennertshofen beim Lumberjack Cup, da konnte man eine Single Buck ausprobieren“, sagt Würzburger. Ein Bodybuilder mit Oberarmmuskeln so dick wie seine Oberschenkel habe es vor ihm probiert und sei kläglich gescheitert. Kraft alleine reicht nicht, die Technik muss stimmen. „Die hab ich mir von den Profis abgeschaut und nachgemacht.“ Obwohl er noch nie eine der zwei Meter langen und fünf Kilo schweren Sägen in der Hand hatte, klappte es auf Anhieb relativ gut. „Der Aufpasser an der Station war beeindruckt und meinte, ich solle mal zum Probetraining nach Mellrichstadt kommen.“ Das tat Würzburger und ist seitdem dabei.

Für vier von fünf Disziplinen in der Nachwuchskategorie hat er mittlerweile die Freigabe erhalten. Diese muss erst vor den Augen von zwei Trainern abgelegt werden, „um zu zeigen, dass du den Umgang mit dem Werkzeug drauf hast“, so Würzburger. In den Kategorien Standing Block Chop, Underhand Chop, Single Buck und Stock Saw tritt der 41-Jährige am Samstag an. Auf Deutsch: mit der Axt einen stehenden Holzblock durchhacken, einen liegenden zerhacken, während man darauf steht, mit der Einmannsäge und der Motorsäge Scheiben von einem Block abschneiden. Alles auf Zeit und ohne technische Fehler. Springboard fehlt ihm noch. Dabei müssen Trittbretter in einen Baumstamm geschlagen werden, um daran hochzuklettern und einen auf dem Stamm stehenden Block mit der Axt zu durchtrennen. „Mein Favorit ist die Single Buck“, sagt der Dollnsteiner. „Die macht am meisten Spaß und darum geht es bei dem Ganzen für mich.“ 10,4 Sekunden ist seine Bestzeit damit. Die Motorsäge mache zwar viel Krach, sei aber technisch gesehen eher langweilig. „Da liegen die Zeiten alle sehr eng beisammen, es kommt auf Kleinigkeiten an. In den anderen Kategorien hat man selbst mehr Einfluss durch Kraft, Geschick und Technik.“

Würzburger hofft, am Samstag den dritten Platz zu erreichen. Acht Teilnehmer treten in seinem Wettkampf an. Das Event wird auf der Webseite des Hauptsponsors unter www.stihl.de live übertragen. „In Deutschland ist Timbersports noch klein und hat was von Klassentreffen. Man trifft bei jedem Wettkampf die gleichen verrückten Holz-Deppen“, lacht Würzburger.

Was ist Timbersports?

Timbersports ist eine internationale Wettkampfserie im Sportholzfällen. Mit Äxten, Handsägen und Motorsägen werden nach klar definierten Kriterien Holzblöcke durchtrennt. Seinen Ursprung hat der Sport in den Reihen von Forstarbeitern in Australien und Neuseeland. Von dort kam er nach Kanada und in die USA, wo er 1985 von dem Motorsägenhersteller Stihl professionalisiert wurde. In Europa besteht die Meisterschaftsserie seit 2001. Bei internationalen Wettkämpfen dominiert bislang aber weiterhin Neuseeland. Die Sportler sind größtenteils Amateure. Nur wenige können weltweit davon leben. Seit 2013 werden auch Frauenwettkämpfe ausgetragen.

Wettkämpfe bestehen aus sechs Disziplinen (drei Axt- und drei Sägedisziplinen). Zu den Axtdisziplinen zählen Springboard, Standing Block Chop und Underhand Chop. Sägedisziplinen sind: Single Buck, Stock Saw und Hot Saw. In der Nachwuchskategorie entfällt Hot Saw, wo mit bis zu 80 PS starken, aufgemotzten Motorsägen Präzisionsschnitte gemacht werden.

Die dafür notwendige Ausrüstung ist nicht billig. Die Kosten für Gehörschutz, Schutzbrille und Beinschutz mit Schnittschutzeinlage sind noch überschaubar. Eine speziell geschliffene Axt liegt bei 600 bis 800 Euro pro Stück. Die großen Single Bucks beginnen bei 2000 Euro. Weltweit gibt es nur eine Handvoll Hersteller. Als Holz wird hauptsächlich Pappel benutzt. Für die Single-Buck-Disziplin Weymouth-Kiefer. Das verwendete Holz wird nach dem Wettkampf vollständig weiterverarbeitet.

EK