Dokumentation zum Geldverfall
Briefesammlung aus der Inflationszeit 1916 bis 1923 von Eichstätter Briefmarkensammlern vorgestellt

17.08.2023 | Stand 12.09.2023, 23:22 Uhr

Briefe aus der Inflationszeit hat Rudolf Nieberle gesammelt. Foto: Nieberle

100 Jahre ist es her, dass eine große Inflation Deutschland erschütterte. Dies hatte auch große Auswirkungen auf die Postbeförderung. Am jüngsten Vereinsabend der Eichstätter Briefmarkensammler stellte der Vorsitzende Rudolf Nieberle seine Sammlung von Inflationsbriefen von Ende 1916 bis zum 1. Dezember 1923 vor.

Diese entstand eher zufällig, da die Briefe, Post- und Paketkarten sowie Drucksachen aus dieser Zeit in Belegsammlungen und Posten anderer Themenbereiche enthalten waren und sich aufgrund ihres Aussehens als philatelistisch sehr reizvoll erwiesen.

Der Beginn der Inflationszeit wird laut Nieberle am sinnvollsten auf den 1. August 1916 datiert, als die sogenannte Reichsabgabe begann. Dabei wurde das Inlandsporto um 50 Prozent erhöht. Dies führte bereits am 28. Juli 1916 zur Herausgabe eigener Marken, wobei das normale Briefporto mit 7½ Pfennig festgelegt wurde. Diese Gebühr hielt sich bis zum 1. August 1918, um danach in immer kürzeren Abständen angehoben zu werden.

Zähnung verschlechtert sich



Durch sich ständig verschlechternde Bedingungen bei den Druckmaschinen und der Qualität des Papiers wurde nach Angaben des Vereinsvorsitzenden vor allem die Zähnung immer schlechter, in der Hochinflation wich man sogar auf einen Durchstich der Marken zum Abtrennen aus, der meist mangelhaft ausfiel.

Ebenso verhielt es sich mit dem Druck. Die Marken waren häufig mehr oder weniger dezentriert, sind aber für den Sammler deswegen absolut vollwertig. Das vorhandene schlechte Farbmaterial führte, so Nieberle, dazu, dass es bei den meisten Inflationsmarken zahlreiche Farbvarianten gab, die heute durchaus sammel-würdig, aber kaum abgrenzbar sind und deshalb nicht katalogisiert werden können.

Verwendet wurde auch unterschiedliches Papiermaterial, das von sehr dünnem, durchscheinendem Papier bis zum dicken, sogenannten Kartonpapier reichte. Sehr unterschiedlich zu sehen war auch das Wasserzeichen, das bei den letzten Ausgaben fast verschwunden war.

Die Gummierung reichte von perfekt glatt bis zum dicken „Borkengummi“ mit Fremdeinschlüssen. Für den Spezialsammler bietet sich bei Inflationsmarken deshalb eine unheimlich große Fülle von Besonderheiten, die es aber zu suchen gilt. Bei den Frankaturen wurde nach Nieberles Angaben bis September 1922 noch in Pfennigen gerechnet, danach bis 31. Juli 1923 in Mark. Ab dem 1. August 1923 wechselte das Porto in den Tausend-Mark-Bereich. Vom 1. Oktober 1923 an gab es die ersten Millionen-Mark Briefmarken, ehe diese am 5. November 1923 von Posttarifen mit Milliarden Reichsmark abgelöst wurden. Dass hier Sendungen mehrere hundert Milliarden Mark kosteten, war wie vieles in dieser Zeit eine Perversion.

Briefversand hauptsächlich von Behörden



Es war für den Normalbürger kaum noch möglich, einen Brief zu verschicken. Hauptsächlich Behörden und Banken waren hier noch als Versender tätig. Die Marken wurden dabei aufgrund des Preises auf beiden Seiten verklebt. Um alle unterzubringen, gibt es eine Menge Briefe, bei denen die Marken aus Platzgründen dachziegelartig übereinander geklebt sind. Für den Briefsammler sind diese Destinationen ausgesprochen lohnenswert. Nieberle zeigte bei dem Treffen des Vereins seinen Sammlerkollegen eine Vielzahl von Briefen, bei denen der Anstieg der verschiedenen Portostufen mit den Zusatzleistungen sehr gut zu sehen ist.

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