Mit dem Lied „Beim schena Wetta“ eröffnete der Landfrauenchor in der gut gefüllten Halle der Mittelschule Gaimersheim den Landfrauentag 2024. Frühlingsblumen und fröhliche Deko schmückten Bühne und Tische – doch die Begrüßungsansprache von Kreisbäuerin Stilla Brandl und ihrer Stellvertreterin Irmgard Pfaller fielen weniger idyllisch aus. Dass das Motto „Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ plötzlich so aktuell und wichtig sein würde, habe keiner erwartet, so Brandl.Sie hieß zunächst die Anwesenden – darunter Vertreter aus Verband und Politik – willkommen.
„Man hätte den Bauern nicht zugetraut, dass sie einmal auf die Straße gehen würden – aber es war einfach zu viel“, eröffnete die Kreisbäuerin ihre Rede. Die Landwirte hätten mit ihren Demonstrationen ein Ventil geöffnet, so Brandl weiter. Es seien verschiedene Mittelständler gefolgt – aber auch andere Gruppen hätten sich angehängt, spielte sie wohl auf gewaltsame Proteste und AfD-Sympathisanten an. „Das ist ein großes Problem und spaltet die Gesellschaft. Dabei müssen wir zusammenhalten und durchhalten. Auf keinen Fall werden wir jedoch den Mund halten“, schloss die Kreisbäuerin, bevor sie die Gäste dazu aufforderte, sich am Landfrauentag aufs Feiern und Spaßhaben zu beschränken: „Denn Lachen ist so wichtig!“
Im Anschluss führte Brandl kurzweilig durch das Programm – unter anderem sang der Landfrauenchor für Kreisobmann Johannes Scharl als Dank für die Unterstützung ein Ständchen, bevor Ehrengäste – darunter Landrat Alexander Anetsberger, die Gaimersheimer Bürgermeisterin Andrea Mickel oder die Geschäftsführerin der BBV-Geschäftsstelle Ingolstadt, Erika Meyer – auf die Bühne geholt wurden und aus dem Nähkästchen plauderten. So erfuhr das Publikum etwa, dass Anetsberger den Spruch „Wir schaffen die Grundlage für Lebensmittel und Tierwohl“ auf ein Bauern-Demo-Schild schreiben würde, Mickel an Fasching ein Barbie-Kostüm getragen habe oder Meyer ihren nächsten Urlaub gerne in Nepal verbringen würde. Insgesamt blieben die Gespräche jedoch harmlos.Eine kritische und konstruktive Diskussion, die man angesichts der andauernden Bauernproteste hätte erwarten können, blieb aus.
Danach begrüßte Brandl eine Meisterin der Hauswirtschaft sowie eine Dorfhelferin auf der Bühne, die kurz ihre Ausbildung sowie das dazugehörige Berufsbild erläuterten, bevor sie das Wort an Josef Epp, Klinikseelsorger der Kreisklinik Ottobeuren, übergab. In seinem Festvortrag zum BBV-Jahresthema – „Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Welche Rolle kann der ländliche Raum dabei einnehmen?“ – ging der Referent zunächst auf die vielfältigen Krisen ein, denen die Gesellschaft derzeit ausgesetzt sei. Die Corona-Pandemie präge die Menschen noch immer, die Klimakrise mache Angst, und der Krieg in der Ukraine sowie der Nahost-Konflikt seien eine permanente psychische Belastung. Die Folgen dieser Krisen seien Polarisierung und Radikalisierung, so Epp.
Man müsse wieder lernen, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich gegenseitig zuzuhören und einen Konsens zu finden. Zudem seien Gerechtigkeit und Solidarität wichtige Stützpfeiler einer Gesellschaft.
In diesem Zusammenhang sah er den ländlichen Raum als Chance, diese Aspekte wieder in den Fokus zu rücken: „Hier findet noch gegenseitiger Austausch statt, man trifft sich, die Dorfgemeinschaft ist solidarisch und strahlt Empathie aus“, betonte Epp.
In der darauffolgenden Pause boten die Landfrauen in einem Nebenraum handgefertigte Produkte an.Die Palette reichte von verschiedenen Ölen über Gefäße und Ostergestecke bis hin zu Deko-Objekten. Den zweiten Teil der Veranstaltung gestaltete erneut der Landfrauenchor, und es wurde eine Trachtenmodenschau gezeigt, bevor Brandl und ihre Stellvertreterin Pfaller die Gäste verabschiedeten.
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