Wenn die Tür nicht zugesperrt ist, kommt auch ein Rollstuhlfahrer gut hinein. Per Knopfdruck öffnet die Tür automatisch und gibt den Weg in die Schranne des Rathauses frei, wo noch bis 30. April die Ausstellung des Fotoclubs „Aus dem Leben von Frauen“ zu sehen ist. Eine Möglichkeit, für Menschen mit Behinderung am kulturellen Leben der Stadt teilzunehmen. Darum ging es beim ersten Treffen des Arbeitskreis Kultur und Freizeit vom Behindertenbeirat: Wie barrierefrei sind Kultur- und Freizeitveranstaltungen in der Stadt?
Es war ein offener Gesprächskreis am Dienstagabend in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde, die sich im Vergleich zu vielen anderen Orten dafür eignet, dass Menschen mit und ohne Behinderung zusammenkommen können. Gesprochen hat der Arbeitskreis über folgende Einrichtungen und Veranstaltungen – eine Bestandsaufnahme:
• Rathaus: Barrierefrei auf der einen Seite, ist es für Menschen mit Behinderung an der Haupteingangstür des Rathauses noch eine Herausforderung ins Innere zu kommen. Öffnet die erste Tür noch automatisch, sitzt Anna Bauer-Hölting in ihrem Rollstuhl vor einer verschlossenen zweiten Tür, die ihre Tochter Annelore Bauer für sie öffnen müsste. Auch die Öffnungszeiten der barrierefreien Toilette im Rathaus wurden schon von Menschen mit Behinderung kritisiert. Schließt das Rathaus, schließt auch diese – wohl selbst in der Mittagspause.
• Gaststätten: Gerade solch eine zentral gelegene barrierefreie Toilette könnte hingegen die fehlenden anderen barrierefreien WCs in der Innenstadt-Gastronomie zumindest zum Teil ersetzen. Wie viele Gaststätten gibt es in Eichstätt mit einer behindertengerechten Toilette? Zwei sind es, weiß Annelore Bauer aus Erfahrung. In der „Krone“ trifft sich der Behindertenbeirat zum Stammtisch und das IBB-Hotel biete eine.
• Bücherei: Die Bücherei der Stadt Eichstätt und des Sankt Michaelsbundes ist nicht barrierefrei zugänglich. Vermieter ist das St. Gundekar-Werk. „Wir haben schon angesprochen, ob man den Windfang als Rampe nutzen könnte“, sagt Vorsitzender Wolfgang Bittlmayer. Hier folgt auf die eine schwere Tür eine weitere, keine öffnet automatisch.
• Kirchen: Von der Bücherei geht es weiter zur Schutzengelkirche, die derzeit über eine provisorische Rampe zugänglich ist. Diese soll laut Annelore Bauer abgebaut werden, wenn der Dom wieder öffnet. „So die Ansage.“ Warum?, fragen sich die Teilnehmer des Gesprächskreises. „Dass sich die Kirche dagegen stemmt, ist nicht nachvollziehbar“, sagt Hermann Vogt. Wie andere Kirchen in der Stadt wäre auch sie dann nicht mehr barrierefrei zugänglich.
• Bäder: In der Gesprächsrunde fiel das Thema auf „Bäder“. Die Überlegung sei, eine mobile Einstiegshilfe anzuschaffen. Das Gerät könnte ja dann sowohl im Frei- als auch im Hallenbad benutzt werden, so der Vorschlag. Das Hallenbad kann Hermann Vogt zum Beispiel bisher wegen seiner Gehbehinderung nicht nutzen, die Einstiegstreppen sind zu steil.
• Vereine/Sportangebote: Annelore Bauer erzählt von einem Jungen mit Down-Syndrom, der gerne Fußball spielen wolle, und der bislang noch keinen Verein in der Umgebung gefunden habe, der ihn aufnehmen würde. Dabei seien gerade Ballsportarten für Menschen mit Behinderung sehr wichtig. „Die Sportarten sind oft zu leistungsorientiert“, findet Wolfgang Bittlmayer. Dabei wäre auch für seinen Bub schwimmen wichtig. Lob gibt es für das Kinderturnen, das „super inklusiv“ ist, und für die inklusive Kletter-Gruppe, bei der die Nachfrage aber „enorm“ ist.
• Spielplätze: „Da bin ich sehr zuversichtlich, was die Altmühlauen angeht“, sagt Bittlmayer. Dort soll unter einem großen Spielgerät ein Gummibelag verlegt werden, „der toll berollbar ist.“ Bittlmayer sieht es auch als seine Aufgabe, ein „Auge drauf zu haben“, wenn Spielplätze renoviert werden. An der Altmühlaue soll es eine „Toilette für alle“, ein rollstuhlgerechtes Klo, geben.
• Hofgarten/Friedhof: Als Grünanlage zentral gelegen, ist der Hofgarten für Rollstuhlfahrer durch den Kies kaum befahrbar. Das Problem gibt es laut Bauer auch auf dem Friedhof: „Das ist für viele ein wichtiger Punkt. Das haben wir festgestellt im Behindertenbeirat.“
• Feste: An den Eichstätter Festen teilzunehmen, stellt Menschen mit Behinderung oft vor große Herausforderungen. Die Rede war von Volksfest, Altstadtfest, Oster- und Weihnachtsmarkt. Wichtig ist für Bittlmayer, dass die Parkplätze für Menschen mit Behinderung gut ausgeschildert sind und auch vorab im Internet zu finden sind, damit solch ein ohnehin schon herausfordernder Ausflug planbarer wird. Auch extra Plätze für Menschen mit einer Gehbehinderung und für ältere Menschen wurden vorgeschlagen, realisierbar durch Ordner, die diese zuteilen. Beim Altstadtfest sind laut Annelore Bauer die herumliegenden, dicken Kabel eine Herausforderung: „Im letzten Jahr wäre mir der Rollstuhl beinahe umgefallen.“ Oder die „Laufbänder“ für Menschen mit Behinderung würden laut Bittl-mayer zugestellt. Auf dem Weihnachtsmarkt seien die Buden einfach zu hoch für Rollstuhlfahrer oder kleinwüchsige Menschen.
Vogt findet es gut, „dass die Themen besprochen und im Rathaus platziert werden können“. „Wir arbeiten an der barrierefreien Zukunft unserer Stadt“, sagt Bauer während der Veranstaltung. Und: „An der Teilhabe der Menschen am kulturellen Leben.“ Im Sommer soll es einen barrierefreien Stadtführer von Schülern eines P-Seminars des Gabrieli-Gymnasiums geben. Ein weiterer Schritt in Richtung „barrierefrei in Kultur und Freizeit“.
EK
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