Musikfest Eichstätt feiert Jubiläum
„Als künstlerische Leiterin ist man wie ein Koch“

Heidi Gröger über ihre Liebe zur Alten Musik und ihr Konzept

21.03.2024 | Stand 22.03.2024, 11:49 Uhr

Beim Musikfest in Eichstätt gastieren heuer zum Jubiläum Anima Shirvani. Foto: Bauer

Eichstätt – „Alte Musik neu entdecken“, das ist das Motto des Musikfests Eichstätt, das im Mai international renommierte Künstlerinnen und Künstler in die Barockstadt einlädt. Dieses Jahr feiert das Festival sein zehnjähriges Bestehen. Zwischen dem 8. und 13. Mai können Interessierte Klänge alter Instrumente genießen und gleichzeitig das Ambiente der Barockstadt entdecken.

Frau Gröger, Sie haben bereits während des Studiums eine Vorliebe für die Alte Musik entdeckt. Wie kam es dazu?

Heidi Gröger: Ich habe schon von klein auf Musik gemacht und die früheren Meister wie Händel haben mich immer begeistert. Für mich war es ein Highlight, wenn ich im Geigenunterricht Musik von diesen Komponisten spielen durfte. Im Studium bin ich auf eine Handvoll begeisterter Alte-Musik-Fans gestoßen, wir haben uns zusammengetan, haben zusammen Kammermusik gemacht und waren wie besessen von der Alten Musik. Das war wie ein Rausch.

Das Musikfest in Eichstätt feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Bestehen. Sie leiten das Festival schon von Anfang an, was waren denn die Highlights der letzten Jahre?
Gröger: Als Festivalleitung empfindet man jedes Festival als Highlight und denkt sich danach: Es kann eigentlich nicht besser werden. Das Publikum war begeistert, die Konzerte waren eigentlich immer ausverkauft und jedes Jahr war anders ausgerichtet. Persönliche Highlights waren die Konzerte mit dem Freiburger BarockConsort, aber auch der Orgelspieler Ton Koopman aus Holland. Er hat ein Solo-Konzert an der Orgel der Schutzengelkirche präsentiert und mit seiner Tochter ein wunderbares Kinderkonzert gemacht. Das war eine phänomenale Kombination. Aber natürlich auch die Konzerte von Paolo Pandolfo auf der Viola de Gamba und Thomas Boysen an der Theorbe. Es ist aber auch immer ein Highlight, neue Räume zu entdecken. Im ersten Jahr war das die Borgias-Kapelle im Priesterseminar. Oder dieses Jahr die modernen Bauten, die von Karljosef Schattner neu geprägt sind.

Festivals vermitteln heute weit mehr als nur Musik – nämlich ein besonderes Gesamtereignis, wobei auch Kulinarik, Natur und Architektur eine Rolle spielen. Was hat das Musikfest da zu bieten?
Gröger: Johannes Weiss hatte als Externer einen Blick auf Eichstätt. „Diese Stadt braucht ein Festival“, sagte er. Das ist wie ein Puppenspielhaus; die Räume und die tollen Gebäude stehen in Eichstätt so wie damals. Wir befinden uns in derselben Epoche, somit passen Kultur und Architektonik fantastisch zusammen. Für Freiluftkonzerte bietet sich der Muschelpavillon perfekt an. Natur und Musik werden hier herrlich miteinander kombiniert. Das ist unterschwellig eine schöne Art, wie jeder zur Alten Musik kommen kann. Außerdem gibt es in Eichstätt bei kurzen Laufwegen immer die Möglichkeit, sich in den Gaststätten was zu essen zu holen.



Wird das Musikfest eigentlich in erster Linie von Eichstättern besucht oder strahlt es auch in die Region aus?

Gröger: Wir heißen inzwischen eine breite Menge an Festivalbesuchern willkommen. Einige Buchungen kommen aus Norddeutschland, Berlin oder Frankfurt. Es kommen auch Besucher aus dem europäischen Ausland, aber die Hälfte ist aus Eichstätt, Ingolstadt und der nahen Umgebung.

Welche Kriterien berücksichtigen Sie bei der Auswahl der Künstler und Ensembles?
Gröger: Als künstlerische Leiterin ist man wie ein Koch. Man hat seine Geheimrezepte und so ist das auch bei Festivals. Was passt in die Stadt, was braucht das Publikum, was hat gut funktioniert, welcher Raum ist geeignet? Das Festival ist nicht nur auf eine Epoche gestützt, das heißt, jede Veranstaltung ist anders. Von einem Konzert mit persischem Einfluss über ein Konzert das Hochbarock, Bach und Händel spielt, bis hin zur Gesangsmusik von Voces8. Ganz wichtig ist die Abwechslung.

Viele Festivals erweitern ihr Repertoire und gehen über das Gebiet der klassischen Musik hinaus. Bei Ihrem Festival ist das offensichtlich nicht geplant.
Gröger: Für die Alte Musik gibt es ein spezielles Fan-Publikum, und das ist ziemlich groß. Leute, die zu den Konzerten kommen, wollen auch Alte Musik hören. Aber sie hat eine große Bandbreite, das geht an mit den Gesängen von Hildegard von Bingen, wenn nicht sogar noch früher, bis weit über die Romantik hinaus. Das Repertoire des Musikfestivals ist schon sehr weit, wir fokussieren uns aber immer auf Alte Musik, das ist immer im Zentrum.

Wie kam es dazu, dass der BR Partner des Musikfestes geworden ist und das Tafel-Confect nach Eichstätt bringt?
Gröger: Als das Festival damals gestartet wurde, habe ich eine Solo-Aufnahme eingespielt. Das hat gut funktioniert und auf die Nachfrage, wie es wäre, ein Festival auf die Beine zu stellen, kam schließlich das Ja. Nach einigen Jahren ist uns die Idee gekommen, das Musikalische Tafel-Confect live nach Eichstätt zu bringen. Da steht immer ein großes Team dahinter, was dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen bietet. Wir arbeiten also schon von Anfang an zusammen und das klappt auch wunderbar. In den letzten drei Jahren wurden wir auch durch den Bund unterstützt. Da ein Festival wie eine Kulturinstitution ist, braucht es immer Förderung und hat auch finanzielle Schwierigkeiten. Mit dem Festival bringen wir Hochkultur nach Eichstätt und damit verdienen die Helfer auch ihr Geld. Jährlich werden Zuschüsse aus privater und staatlicher Hand gesammelt, das ist wie ein Glücksspiel, ob es aufgeht. Wir hatten zehn Jahre eine gute Hand und hoffe, dass es auch zehn weitere Jahre aufgeht.

Zum ersten Mal gibt es ein Konzert zum Mitsingen. Ist es wichtig, bei Festivals das Publikum auch direkt zu beteiligen?
Gröger: Das ist eine ganz wichtige und wunderbare Sache. Wenn man bei etwas aktiv dabei ist, kann man es mehr genießen. Wir machen die light Version eines Mitmachkonzerts, das Offene Singen mit dem Mitbegründer von Voces8. Paul Smith hat wahnsinnig viel Erfahrung und das Mitsingen ist für alle Festivalbegeisterte aller Generationen. Der Workshop ist auf englisch, aber Musik ist eine internationale Sprache, da geht es um Vor- und Nachmachen und nicht die Sprache.

Wird es die nächsten Jahre weitere Musikfeste geben?
Gröger: Wir hoffen natürlich, dass es im nächsten Jahr, aber auch in den kommenden Jahren, weitere Musikfeste geben wird. Das Team ist sehr begeistert und sowohl das Publikum, als auch die Musiker geben uns tolles Feedback.

DK



Das Interview führte Laura Möndel.

ZUR PERSON

Die gebürtige Eichstätterin Heidi Gröger ist Gambistin und Festivalleiterin. Sie ist Dozentin an der Musikhochschule Frankfurt und leitet neben dem Musikfest Eichstätt noch das Festival SPAM. Spandau macht Alte Musik. Ein Festival für Berlin.

ZUM PROGRAMM



Mittwoch, 8. Mai, 20 Uhr: Bach vs. Händel – Violinsonaten der barocken Superstars mit Lina Tur Bonet und Diego Arez im Spiegelsaal der Residenz.

Donnerstag, 9. Mai, 14 Uhr: Landpartie nach Burgsalach mit dem Ensemble Armonico Tributo Austria unter der Leitung von Lorenz Duftschmid, Abfahrt um 14 Uhr am Leonrodplatz mit dem Bus, Rückkehr ca. 19.30 Uhr.

Freitag, 10. Mai, 20 Uhr: West-östlicher Divan mit dem Ensemble Anima Shirvani im Spiegelsaal der Residenz. (18.45 Uhr–19.30 Uhr Einführung mit BR-Moderator Thorsten Preuß).

Samstag, 11. Mai: Wandelkonzerte zwischen Vergangenheit und Gegenwart – Die Bauten von Karljosef Schattner und Kollegen erklingen zu seinem 100. Geburtstag; 10/11/12 Uhr, jeweils: Die Violine im Zentrum des Barock im Ulmer Hof, Frühes Consort für Renaissanceinstrumente im Diözesanmuseum, Werke Eichstätter Hofkapellmeister in der Ehemalige Reitschule; 16.15/17.15 Uhr, jeweils: Bach und Baumgartner – Werke für Violoncello in der Hofgarten-Bibliothek, J. S. Bach – Brandenburgisches Konzert Nr. 5, Kreuzkapelle im Priesterseminar 14.30 Uhr: Hofgarten-Serenade – Der Glanz des Barockorchesters mit Cappella Academica Frankfurt im Muschelpavillon im Hofgarten der Sommerresidenz; 20 Uhr: Reise der Liebe mit dem Ensemble Hirundo Maris und Arianna Savall im Holzersaal der Sommerresidenz.

Sonntag, 12. Mai, 11.50 Uhr: BR-Tafel-Confect mit Christian Schuler und Mitwirkenden des Musikfests Eichstätt im Spiegelsaal der Residenz; 15.30 Uhr: Familienkonzert in der Sommerresidenz mit dem Ensemble all‘improvviso und Les jeunes danseurs de la Ville des Chênes im Holzersaal der Sommerresidenz; 17 Uhr: Offenes Singen für alle mit Paul Smith im Haus der Kirchenmusik; 20 Uhr: Abschlusskonzert: Durch die Jahrhunderte mit Voces8 im Alten Stadttheater.

Montag, 13. Mai, 19.30 Uhr: Workshop-Konzert, Großer Chor des Gabrieli-Gymnasiums, Jugendkantorei der Dommusik, Kammerchor der Katholischen Universität Eichstätt, Voces8 in der Aula des Gabrieli-Gymnasiums.