Bürgermeister auf eine Linie einschwören
Treffen des Kreisverbands des Gemeindetages – Referat zu Grundsteuer und Finanzierung von Kläranlagen

25.04.2024 | Stand 25.04.2024, 7:00 Uhr

Jennifer Hölzlwimmer schwört die Bürgermeister darauf ein, bei der ab 2025 geltenden Grundsteuer keine Ausnahmen zu machen. Foto: Bader

Ein Referat über die Grundsteuerreform und die Finanzierung von Wasser- und Abwassermaßnahmen hat im Mittelpunkt der Frühjahrstagung des Bayerischen Gemeindetages in Hitzhofen gestanden. Dabei hat Jennifer Hölzlwimmer von der Geschäftsstelle des Bayerischen Gemeindetages nicht nur über die Fallstricke der neuen Steuer aufgeklärt, sondern die knapp 30 Bürgermeister auf eine gemeinsame Linie bei Anfragen und Anträgen eingeschworen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 die bestehende Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft hat, musste laut Hölzlwimmer eine neue her. „Die den Gemeinden vor allem viel Arbeit macht“, wie sie betont. Der bisherige Verlauf sei gut. Sie schätzt die beim Finanzamt abgegebenen Grundsteuererklärungen auf deutlich über 95 Prozent. Derzeit liefen die Daten des Finanzamts bei den Gemeinden ein. Aber während einigen Gemeinden laut Hölzlwimmer über 65 bis sogar 80 Prozent der Daten schon vorliegen, klagte Wellheims Bürgermeister Robert Husterer: „Ich habe erst 45 bis 50 Prozent.“ Und anderen Gemeindechefs geht es hier nicht besser. „Wir haben massive Softwareprobleme und können die Daten nicht verarbeiten“, sagt beispielsweise Altmannsteins Bürgermeister Norbert Hummel.

Das Problem daran: „Ihren Gemeinden müssen bis Mitte des Jahres mindestens 80 Prozent der Daten vorliegen, damit Sie den neuen Hebesatz bestimmen können“, so Hölzlwimmer. Denn die Einnahmen aus der Grundsteuer dürften für die Gemeinden nicht sinken, damit sie ihre öffentlichen Aufgaben erfüllen können.

Was Hölzlwimmer wichtig ist: Da nicht jeder genauso viel zahlt wie vorher, sondern auf einzelne Bürger oder Gewerbetreibende vielleicht sogar deutliche Erhöhungen zukommen, würden Beschwerden nicht ausbleiben. „Dann müssen Sie dem Steinbruchbesitzer, der statt 30 Euro auf einmal 1000 Euro zahlt, begreiflich machen, dass er jahrzehntelang profitiert hat.“

Keine reduzierten Hebesätze



Und sie schwört die Bürgermeister darauf ein, dass sie für die, die für ihre Wohnflächen wie zum Beispiel Landwirte sowieso von einer ermäßigten Grundsteuermesszahl profitieren, keine zusätzlich reduzierten Hebesätze einführen. „Und Sie werden diese Diskussion führen müssen. In jedem Gemeinderat sitzt ein Landwirt.“ Und dann schnellt der Zeigefinger Hölzlwimmers nach oben: „Fangen Sie gar nicht erst damit an. Denken Sie gar nicht dran“, sagt sie und nimmt jeden der Anwesenden fest in den Blick. „Wenn wir mit dem Landwirt anfangen, geht es weiter. Dann kommt der Forstwirt, dann der Steinbruchbesitzer – machen sie hier nicht mit.“

Und was Hölzlwimmer noch mehr gegen den Strich geht, sind mögliche Ausnahmen wie dann, wenn die Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes überschritten ist. „Die riesigen Villen in Schwabing sind alle über hundert Jahre alt. Da ist die Nutzungsdauer schon lang überschritten. Sollen wir denen, die eh genug haben, noch mehr schenken?“

Und wenn es in einem Einzelfall einmal eine Ausnahme gebe, wie für die 85- oder 90-jährige Frau, die in dem viel zu großen Haus aus Familienbesitz wohnt und die Grundsteuer kaum zahlen kann, müsse die Ausnahme eine Ausnahme bleiben. Und wieder schnellt ihr Finger nach oben: „Ein Einzelfall ist ein Einzelfall – fünf sind kein Einzelfall.“ Noch ein letzter Blick von Bürgermeister zu Bürgermeister. „Kommen Sie mir nicht auf solche Gedanken – wenn eine Gemeinde damit anfängt, haben wir einen Dominoeffekt, dann fallen alle um.“

Die Bürgermeister sind nach dem eindringlichen eineinhalbstündigen Grundkurs nicht entlassen. Hölzlwimmer schaut auf die Uhr. „Kurz vor vier. Da machen wir gleich weiter, oder?“ Kein Bürgermeister regt sich und Richard Mittl, der den Vorsitz hat, schaut nur kurz auf und nickt. Und schon ist Hölzlwimmer bei der Finanzierung von Wasser und Abwasseranlagen, erklärt kurz den Unterschied von Gebühren und Beiträgen und wann die Bürger bei einer Erhöhung vielleicht nicht gleich auf die Barrikaden gehen.

Beiträge statt nur Gebühren



Auch wenn Gemeinden bei der Sanierung oder dem Neubau einer Kläranlage dies bisher nicht über Beiträge, sondern über Gebühren finanziert haben, warnt Hölzlwimmer davor. „Wenn Sie es über Gebühren machen, müssen Sie es vielleicht 40 Jahre vorfinanzieren. Dann kosten die 100000 mit Zinsen auf einmal 170000 – damit helfen Sie weder sich noch den Bürgern.“

Nochmal eineinhalb Stunden später ist der Grundkurs zu Ende. Jennifer Hölzlwimmer ist mit ihrem Rucksack schon auf dem Weg nach draußen, bevor sie Richard Mittl zurückruft. Schließlich darf sie sich für ihr Referat eine Fossilie aus den Mörnsheimer Steinbrüchen aussuchen.

EK