Zu viele Katzen: freilaufend, streunend, teilweise krank - und volle Tierheime. Dagegen gehen Kommunen jetzt vor - mit Kastrationen für den Tierschutz.
Zu viele Katzen, teils heimatlos und krank: Dagegen gehen mehrere Kommunen in Bayern jetzt vor. Die Stadt Laufen hat seit 1. Februar eine Katzenschutzverordnung, Aschaffenburg zieht am 1. April nach.
Damit müssen Katzenbesitzer ihre Tiere kastrieren lassen, wenn sie unkontrollierten Auslauf haben und älter als fünf Monate sind. Zudem sind sie zur Kennzeichnung mit einem Mikrochip oder einer Ohrtätowierung verpflichtet. Auch Gemeindebeauftragte können freilebende Katzen kennzeichnen und kastrieren lassen, wenn der Besitzer nicht bekannt ist. So sollen auch Tierheime entlastet werden, die vielerorts aus allen Nähten platzen.
Verordnung existiert, aber Gebietsdefinierung fehlt
An die 300.000 freilebende Katzen leben nach Schätzungen im Freistaat. Katzenmütter bekommen bis zu drei Mal im Jahr zwei bis sechs Junge - die Tiere vermehren sich rasant, berichtet Silvia Rottmair, Vorsitzende des Vereins «Katzenhilfe Salzachtal», der in Laufen an der Umsetzung der Verordnung maßgeblich beteiligt ist.
Viele der freilebenden Tiere sind bei schlechter Gesundheit und ausgehungert. Und sie geben Krankheiten weiter: Vom Kater auf die Weibchen, von den Weibchen auf die Jungen. Sie leiden an Parasiten, Viruserkrankungen und bakteriellen Infekten.
In Dachau und Pfaffenhofen an der Ilm bestehen seit längerem Katzenschutzverordnungen. Doch die Umsetzung kommt nicht recht voran. In Dachau heißt es etwa, es sei kein Gebiet definiert, für das die Verordnung Anwendung finden solle. «Damit hat die Verordnung keine Gültigkeit», sagt die Sprecherin des Landratsamts, Sina Török.
Personalmangel und fehlende Kontrollinstanzen
In Aschaffenburg sieht man die Chancen zur Umsetzung der neuen Verordnung schon vor dem Inkrafttreten zurückhaltend. Zur Frage, wer die Vorschrift kontrollieren und umsetzen soll, sei schon im November bei einer Stadtratssitzung seitens der Verwaltung darauf hingewiesen worden, dass es dafür keine personellen Kapazitäten gebe. «Selbst wenn zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt würde, dürften Kontrollen an den Rahmenbedingungen scheitern. Ein wirksamer Tierschutz ist aus Sicht der Verwaltung mangels fehlender Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten durch eine Katzenschutzverordnung nicht zu erreichen», heißt es beim Ordnungsamt.
Dabei ist Bayern spät dran. In anderen Teilen Deutschlands bestehen teils seit Jahren Katzenschutzverordnungen. Bundesweit gebe es mehr als 1100 Kommunen mit entsprechenden Regelungen, sagt Silvia Rottmair.
In Bayern haben die Kommunen laut Umweltministerium zwar 2015 das Go bekommen, die Verordnungen zu erlassen. Aber bisher tut es kaum eine, obwohl seit 2019 im Landeshaushalt sogar finanzielle Mittel dafür bereit stehen - dieses Jahr voraussichtlich zwei Millionen Euro. Aber die Hürden für solche Verordnungen sind hoch. Etwa müssen die Kommunen eine hohe Anzahl von Streunerkatzen nachweisen, sie müssen leiden und das Leid muss auf die vielen Katzen zurückzuführen sein.
Beteiligung der Bevölkerung hält sich in Grenzen
Das alles zu beweisen ist schwierig. Die Tiere seien scheu, sagt Herbert Sauerer, vom Landverband Bayern des Deutschen Tierschutzbundes. «Die Zahlen sind schwer zu ermitteln. Es sind ja nicht Katzen, die über den Marktplatz laufen.» Sie lebten vielmehr auf verlassenen Gehöften oder in Industriebauten - und versteckten sich, wenn sich Menschen näherten. «Es sind keine Hauskatzen.» Auch Wildtiere im Wald bekomme man als Spaziergänger kaum zu Gesicht.
Nur in Laufen cheint es mit der Umsetzung voran zu gehen - wesentlich ein Verdienst der «Katzenhilfe». Bereits im Vorfeld der Verordnung hätten sich einige Katzenhalter überzeugen lassen und das Angebot angenommen, ihre Tiere von einem Tierarzt kastrieren zu lassen, berichtet die Vereinsvorsitzende Rottmair. Weiblichen Katzen werden die Eierstöcke entfernt, männlichen Katzen die Hoden.
Die «Katzenhilfe Salzachtal» suche in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt von Laufen und dem Veterinäramt des Landkreises Berchtesgadener Land zunächst bekannte Brennpunkte mit vielen freilaufenden Katzen auf, erläutert der Geschäftsleiter der Stadt, Christian Reiter. Es gehe nicht primär um einzelne, gepflegte Katzen, die frei herumliefen. Eine wesentliche Arbeit leistet laut Reiter die «Katzenhilfe». «Wir haben in unserem Ordnungsamt weder die personelle Ausstattung noch die zeitlichen Ressourcen zur alleinigen Umsetzung.»
Die Bevölkerung scheint nicht allzu viel Anteil zu nehmen. Die Rückmeldungen, die bei der Stadt zu der Verordnung ankamen, sind verhalten. Es sind bisher laut Reiter «einige wenige positive» und «einige wenige negative».
© dpa-infocom, dpa:230227-99-757074/3
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