Anleger aufgepasst
Höherer Basiszins: Fiktive Fondsgewinne werden versteuert

12.12.2023 | Stand 03.05.2024, 18:05 Uhr

Fondsentwicklung - Egal, ob ein Gewinn durch Veräußerung realisiert wurde oder nicht: In diesem Jahr zahlen viele Anlegerinnen und Anleger Steuern auf ihre Fondsentwicklung. - Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn

Sie haben an Ihrem Depot nichts verändert und auch keine Fondsanteile gewinnbringend verkauft? Dann dürften Sie überrascht sein, wenn Ihre Bank in diesem Jahr erstmals Steuern einbehält.

Wer Aktien oder Aktienfonds hält, die regelmäßig Gewinne abwerfen, weiß: Sofern die Erträge nicht unter dem Sparerpauschbetrag bleiben, müssen sie versteuert werden. In diesem Jahr dürften aber auch Sparerinnen und Sparer, bei denen Fondsgewinne automatisch reinvestiert werden, verwundert auf ihre Bankdokumente schauen. Denn auch sie werden vom Staat zur Kasse gebeten.

„Bei thesaurierenden Investmentfonds wurde eine Besteuerung von Vorabpauschalen eingeführt“, sagt Erich Nöll vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). Besteuert wird jetzt ein theoretischer Gewinn, der sich aufgrund der Kursentwicklung des Fonds und einer Basisverzinsung ergeben würde - und zwar auch dann, wenn der Gewinn nicht durch eine Veräußerung realisiert worden ist.

Bisher kam Vorab-Besteuerung nicht zum Tragen

Zwar gibt es diese Regelung schon seit 2018. Seitdem aber war der Basiszinssatz negativ, zur Versteuerung der Vorabpauschalen ist es deswegen nicht gekommen. „Das ändert sich für das Jahr 2023, denn der Basiszinssatz wurde auf 2,55 Prozent festgelegt“, so Nöll.

Für den Steuereinbehalt ist die depotführende Bank verantwortlich. Sie berechnet den Gewinn des Jahres 2023 zum Stichtag 2. Januar 2024 und führt die fällig werdende Steuer an das Finanzamt ab.

Steuereinbehalt kann Kontoüberziehung verursachen

Das Problem bei thesaurierenden - also reinvestierenden - Fonds: Weil die Gewinne nicht ausgezahlt werden, sind sie nur fiktiv vorhanden. „Da es keinen tatsächlichen Gewinn gibt, von dem die depotführende Bank den Steuereinbehalt vornehmen kann“, buche sie das Geld für die Steuer von einem bei ihr unterhaltenen Konto des Anlegers ab, sagt Nöll. Das dürfte regelmäßig das Girokonto sein. Eine Zustimmung des Anlegers braucht die Bank dafür nicht.

Achtung: Den Steuereinzug darf das Finanzinstitut sogar dann vornehmen, wenn das Konto dadurch überzogen wird. Da die einbehaltene Kapitalertragsteuer in der Regel bis zum 10. Februar an das Finanzamt abzuführen ist, sollten Anlegerinnen und Anleger in der Zeit vom 2. Januar bis 10. Februar darauf achten, eine ausreichende Kontodeckung zu haben, damit keine unnötigen Überziehungszinsen anfallen.

Vermieden werden kann der Steuereinbehalt nur über eine gezielte Verteilung des Sparerpauschbetrags von 1000 Euro bei Ledigen oder 2000 Euro bei zusammen veranlagten Ehepaaren. Dafür müssen Freistellungsaufträge in entsprechender Höhe bei den Anlageinstituten hinterlegt werden. Erst bei Überschreiten dieser Werte werden der Steuereinbehalt und der Einzug vom Konto vorgenommen.

Übrigens: Eine Doppelbesteuerung gibt es durch die Regelung dem Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine zufolge nicht. Die Versteuerung der Vorabpauschale sei lediglich eine vorgezogene Besteuerung. Wird mit dem Verkauf von Fondsanteilen zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich ein Gewinn erwirtschaftet, wird die bereits abgeführte Steuer berücksichtigt.

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