Vantage aus Weiden
Tom Hanks oder Sandra Hüller: Hollywood-Stars vor Oberpfälzer Objektiven

26.01.2024 | Stand 01.02.2024, 16:39 Uhr

Zwei Weltstars und Equipment aus Weiden: Regisseur Steven Spielberg (hinten, sitzend) und Schauspieler Tom Hanks (links) am Set von „Bridge of Spies“ (2015). Das Drama wurde mit einem Oscar ausgezeichnet (bester Nebendarsteller: Mark Rylance). Gedreht wurde der Film mit Kameratechnik von Vantage. Foto: DreamWorks

Aus Weiden geht Kamera-Equipment für Film- und Seriendrehs in die ganze Welt. Star Wars brachte für die Firma Vantage Film in den 90er Jahren den Durchbruch. Auch bei den Oscars mischt das Unternehmen mit.



Montagnachmittag in einem Weidener Wohngebiet. Ein weißer Transporter steht vor einem eher unscheinbaren Gebäude. Ein Mann lädt Metallkisten in das Fahrzeug. Was sich in den silbernen Boxen befindet, ist nicht zu erkennen. Es könnte sich aber um teure Kameraausrüstung handeln. Vielleicht wird damit ein großer Spielfilm gedreht, vielleicht sogar ein Oscar-Kandidat. Denn hier in der Nordoberpfalz hat die Firma Vantage ihren Sitz. Der Objektivhersteller stattet Filmprojekte auf der ganzen Welt mit Equipment aus.

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Die Geschichte der Firma beginnt im Jahr 1974 – lange vor ihrer Gründung. Peter Märtin, Spross einer Maschinenbauer-Familie in Weiden, bekommt gemeinsam mit seinen Geschwistern eine Super-8-Kamera geschenkt. Die wird fleißig genutzt. Märtin erzählt: „Filmen war ein Hobby, das sonst weit und breit niemand gemacht hat.“ Ebenfalls mit Feuer und Flamme dabei ist sein Kindheitsfreund Wolfgang Bäumler. Beide werden vom Film-Fieber gepackt. Es lässt sie nicht mehr los.

Fotos von Leonardo DiCaprio und George Lucas am Vantage-Hauptsitz in Weiden



1993 gründen sie ihre Firma Vantage – ohne jeweils ihr Maschinenbau-Studium beendet zu haben. „Wir sagen immer: Wir haben das Studium erfolgreich abgebrochen“, sagt Märtin und lacht. Er sitzt im Besprechungsraum des Unternehmens. In dem Zimmer wird deutlich, was „erfolgreich“ meint: An den Wänden hängen Fotos von Filmdrehs. Eines zeigt zum Beispiel Oscar-Preisträger Leonardo DiCaprio, wie er am Set von „The Wolf of Wall Street“ (2013) von einem Weidener „Hawk“-Objektiv in Szene gesetzt wird.

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Zu sehen ist auch der amerikanische Regisseur George Lucas. Sein Werk „Star Wars: Episode I“ brachte Mitte der 90er Jahre den Durchbruch für Vantage. Seitdem statten die Weidener Spielfilm-Produktionen auf der ganzen Welt mit ihren selbst entwickelten und gefertigten Objektiven aus und verleihen dazu das passende Kamera-Equipment. „Wenn ich Filme sehe, die wir ausgestattet haben, ist das auch immer eine Bestätigung für unsere Arbeit“, sagt Märtin.

Weiden als Glücksfall: In Prag drehte auf einmal Hollywood



Dabei erforderte es auch Mut, in die Branche einzusteigen: „Die ersten fünf Jahre ging es eigentlich nur darum, uns zu beweisen.“ Die Konkurrenz sei schließlich alles andere als froh gewesen, dass da auf einmal zwei Jungs aus der Oberpfälzer Provinz versuchten, ihnen die Kunden abzuluchsen, sagt der 57-Jährige.

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Die vermeintliche Provinz entpuppt sich in den 90ern allerdings als Jackpot-Standort. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs ist Weiden auf einmal ganz nah dran an einer neuen Filmmetropole: Prag. Hollywood entdeckt die Stadt als günstigen Drehort. Den Profis aus Übersee fehlt in Europa aber eines: die richtige Ausrüstung. Vantage kann liefern. „Der Anspruch von Hollywood an Kamera-Equipment war damals ein ganz anderer als in Deutschland“, erzählt Märtin. In Deutschland sei eher fürs Fernsehen gedreht worden, mit bescheideneren Mitteln. Die preisgekrönten Kameraleute aus den USA, waren deshalb froh, dass mit sie mit Vantage dennoch einen verlässlichen Partner in Europa gefunden haben.

Prag, Paris, Los Angeles: Aber am Hauptsitz in der Oberpfalz rütteln die Vantage-Gründer nicht



1998 eröffnet das Unternehmen dann in Prag seine erste Auslandsfiliale. Heute hat Vantage insgesamt zehn Standorte – neben Weiden und Prag sind das Berlin, Leipzig, Budapest, Paris, Brüssel, London, Marrakesch und Los Angeles. Am Hauptsitz in Ostbayern wird aber nicht gerüttelt: „Natürlich ist es für uns anstrengender in Weiden Leute zu finden, als es zum Beispiel in München gewesen wäre“, sagt Märtin. Aber: „Wir haben so auch viel weniger Fluktuation.“

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Vantage hat heute etwas mehr als 100 Mitarbeiter, davon circa 60 in Weiden. „Ganz am Anfang waren wir zu zweit mit einer Buchhalterin“, blickt Märtin zurück. Schlussendlich sei es egal, wo man seinen Hauptsitz hat. Wichtig ist laut dem Geschäftsführer: „Man darf aus der Provinz kommen, aber man darf nicht provinziell auftreten.“

Mit „Hawk“-Objektiven gedreht: Oscar für „Anatomie eines Falls“?



Ein Motto, das Vantage lebt. Im Rahmen der Berlinale im Februar mietet sich das Unternehmen zwei Tage in ein Café in der Hauptstadt ein, das damit zum hippen Branchentreffpunkt wird. Und auch bei der Oscar-Verleihung werden die Weidener wieder mitmischen: Das fünfmal nominierte Justizdrama „Anatomie eines Falls“ mit der deutschen Schauspielerin Sandra Hüller wurde mit „Hawk“-Objektiven von Vantage gedreht.

Über die Firma Vantage aus Weiden



Firma: Vantage fertigt – meist unter der Marke „Hawk“ – Objektive und verleiht Kamera-Equipment.

Besonders: Die Firma hat sich auf anamorphotische Objektive spezialisiert, die für den „Breitbild-Kino-Look“ sorgen. Bei der Aufnahme wird das Bild verzerrt, um es nicht zu beschneiden. Bei Wiedergabe erfolgt dann die Entzerrung.