Im Ruhestand dazuverdienen
Neu für Erwerbsminderungsrentner: Rente plus Job für sechs Monate probeweise möglich

27.03.2024 | Stand 27.03.2024, 11:49 Uhr

Für viele Erwerbsminderungsrentner reicht das Geld kaum zum Leben. Oft wollen sie im Ruhestand weiter arbeiten. F.: Klose, dpa-Archiv

Rund 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentner (EM-Rentner) gibt es in Deutschland. Und jedes Jahr kommen etwa 160.000 hinzu. Sie können seit Anfang 2024 probeweise eine Beschäftigung aufnehmen, ohne die Rente zu verlieren.



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Erwerbsminderungsrentner können täglich meist nur noch weniger als drei Stunden arbeiten und zählen deshalb als „voll erwerbsgemindert“. Der Rentenzahlbetrag liegt netto vielfach zwischen 900 und 1000 Euro monatlich. Das reicht kaum zum Leben. Wenn sich die gesundheitliche Situation bessert, würden viele gerne wieder zumindest einen Teilzeitjob aufnehmen.

Risiko Rentenstreichung



Weit verbreitet ist die Befürchtung, dass die Rentenversicherung bei einer Jobaufnahme umgehend die Rente entzieht – was durchaus passieren kann. Wenn es auf Dauer mit dem Job nicht klappt, stehen die Betroffenen dann ohne Arbeit und ohne Rente da.

810-Euro-Grenze



Ein Verdienst in Höhe von maximal 810 Euro gilt für die Deutsche Rentenversicherung normalerweise als unproblematisch. So viel können Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente im Regelfall monatlich zur Rente hinzuverdienen, ohne dass der Rentenanspruch in Frage gestellt wird.

Dies geht aus internen Arbeitsanweisungen der Rentenversicherung hervor. Bei Beziehern der halb so hohen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist ein weit höherer Hinzuverdienst erlaubt.

Die neue Probearbeit



Mindestens sechs Monate können die EM-Rentner – falls sie einen entsprechenden Job finden – nun sogar austesten, ob sie noch Vollzeit erwerbstätig sein können. Das regelt der neue § 43 Abs.7 im Rentengesetz (SGB VI). In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu ausdrücklich, dass für die Erwerbsgeminderten Rechtssicherheit geschaffen wird, „dass ein Eingliederungsversuch den bisherigen Rentenanspruch nicht gefährdet“.

Keine Antragstellung



Jede Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zählt als Probearbeit. Einen Antrag muss dafür niemand stellen, die Rentenversicherung muss aber über die Jobaufnahme informiert werden. Die Versicherung fragt nicht nach, ob die Jobaufnahme gesundheitlich gesehen unbedenklich ist. Außerdem sollten EM-Rentner die Jobaufnahme in jedem Fall mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Wenn die Probearbeit scheitert



Dann wird die Rente unverändert weitergezahlt, und zwar ohne neuen Antrag, wie Katja Braubach vom Deutschen Rentenversicherung Bund erklärt. Erwerbsminderungsrentner müssen auch nicht rechtfertigen, warum eine Arbeitserprobung gescheitert ist. Die Jobaufnahme kann sogar mehrfach erprobt werden. In diesem Fall gilt jedoch: „Spätestens ab der dritten Arbeitserprobung behalten sich die Rentenversicherungsträger vor, die Gründe für den Abbruch der vorherigen Arbeitserprobungen zu erfragen.“

Nach der Probezeit in die „Kombirente“



Wird nach der Probebeschäftigung ein Vollzeitjob ausgeübt, so entfällt die Rente – aber eben erst für die Zukunft. Für die Zeit der Arbeitserprobung wird die gezahlte Rente nicht zurückgefordert. Wer danach eine Teilzeitbeschäftigung unter sechs Stunden pro Tag ausübt, bekommt statt der vollen EM-Rente die halb so hohe Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

„Grundsätzlich kann von einem nahtlosen Übergang in eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ausgegangen werden“, erklärt Braubach. Die Betreffenden können dann also Teilzeitjob und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung kombinieren. Ein Antrag muss dafür nicht gestellt werden, „da die Umstellung grundsätzlich automatisch erfolgt“, so Braubach.

Einkommensanrechnung



Einkommen in der Probearbeit wird auf die Rente angerechnet. Die Hinzuverdienstgrenze liegt bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung 2024 bei 18.558,75 Euro. So viel darf man in einem Jahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist sie mindestens doppelt so hoch.

Arbeitsrecht und Probebeschäftigung



Am Arbeitsrecht ändert die neue rentenrechtliche Regelung nichts. Die EM-Rentner können eine ganz normale sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen. Diese wird vielfach befristet sein, muss es aber nicht. Bei Bewerbungen auf eine Stelle sollten die Betroffenen, was ihre EM-Rente betrifft, mit offenen Karten spielen.

Arbeitgeber erfahren über die Krankenkasse der voll Erwerbsgeminderten ohnehin von deren Rentenbezug. Diese zahlen nämlich einen um 0,6 Prozentpunkte ermäßigten Krankenversicherungsbeitrag. Der Grund: Sie haben keinen Anspruch auf Krankengeld.

bia



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