Gegen Audi
Kein Anspruch auf Ausgleich von Abschlägen

Erwerbsminderung und Altersteilzeit sind nicht vergleichbar – Arbeitsgericht weist Antrag gegen Audi AG ab

28.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:50 Uhr

Abgewiesen: Audi muss Abschläge bei Erwerbsgeminderten nicht ausgleichen. Foto: dpa

Von Christian Tamm

Ingolstadt – Ein früherer Audi-Mitarbeiter ist mit einer Klage auf Aufstockung seiner Altersbezüge gescheitert. Im Kern ging es darum, ob Altersteilzeit und Erwerbsminderungsrente vergleichbare Systeme und heutige Betriebsvereinbarungen auch auf frühere Mitarbeiter anwendbar sind.



Rückblick: Am 29. März hatte unsere Zeitung über Claus Bäcker (Name geändert) berichtet. Er war seit 1970 bei Audi als Lehrling und später als Reparaturschlosser beschäftigt. Aufgrund von Rücken- und Knieschäden wurde 2006 ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente gewährt, Bäcker schied mit 51 Jahren aus der Firma aus. Die Rente wurde so berechnet, als hätte er bis zum 60. Lebensjahr gearbeitet. Ein abzugsfreier Renteneintritt für Erwerbsgeminderte wäre aber erst mit 63 Jahren möglich gewesen – die Folge für Bäcker war ein Abschlag von 10,8 Prozent.

Seit einigen Jahren bietet Audi über seine Altersteilzeitregelungen an, solche Abschläge zur Hälfte auszugleichen. Für erwerbsgemindert Ausgeschiedene gibt es diesen Anspruch laut Bäcker nicht. Das sei unfair und diskriminierend, sagt er. Er wollte eben diesen Anspruch erstreiten – in seinem Fall also eine Aufstockung seiner Altersbezüge um 5,4 Prozent durch den Autobauer.

Sachverhalte aus „so unterschiedlichen Epochen“

Dem jedoch gab die Ingolstädter Kammer des Arbeitsgerichts München nicht statt und entschied zugunsten der Audi AG. In der mündlichen Verhandlung wurde schnell deutlich, dass das Gericht der Argumentation Bäckers nicht folgt. Denn abgeschlossene Sachverhalte aus so unterschiedlichen Epochen könnten nicht verglichen werden, so die Richterin. Heißt: Regelungen zu Abschlägen oder Altersbezügen, die heute über Betriebsvereinbarungen Gültigkeit haben, können nicht rückwirkend für vor Jahren ausgeschiedene Mitarbeiter geltend gemacht werden. Als Bäcker in die Erwerbsminderung gegangen ist, gab es laut Audi diese Altersteilzeitregelungen zudem noch nicht.

Außerdem liege keine Diskriminierung vor, da es sich ohnehin um unterschiedliche Systeme handle. Mit der Erwerbsminderungsrente habe der Gesetzgeber eine – ausreichende − Absicherung dargestellt, erklärte die Richterin. Betriebliche Altersteilzeitregelungen seien nicht mit der Erwerbsminderungsrente gleichzusetzen. Zudem müssten unterschiedliche Systeme nur in sich schlüssig sein. Es darf nicht innerhalb einer definierten Gruppe zur Diskriminierung kommen. Es gebe keine Verpflichtung für Arbeitgeber, dass alle Systeme vergleichbar sein müssen.

Kein Angebot mitgebracht

Der letzte Versuch einer gütlichen Einigung scheiterte: Syndikusanwältin Katharina Rothkopf hatte kein Angebot der Audi AG an Bäcker und dessen Verteidiger Matthias Heeschen mitgebracht, da es sich eben nicht um einen Einzelfall handeln würde. Bedeutet: Weitere frühere Beschäftigte könnten bei einer Einmalzahlung hellhörig werden. Noch liegt das Urteil nicht im genauen Wortlaut vor. Die Entscheidung der Kammer Ingolstadt wurde unserer Redaktion jedoch von Prozessbeteiligten bestätigt.

DK