Doch keine Einigung
Wacker Neuson tritt überraschend vom Tarifergebnis zurück – Kritik von IG Metall

03.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:55 Uhr

Rund 400 Beschäftigte von Wacker Neuson hatten ihren Unmut im November 2022 am Standort Reichertshofen kundgetan. Foto: Vifogra, DK-Archiv

Überraschende Wendung bei Wacker Neuson: Nur wenige Tage nach der Einigung im Tarifkonflikt ist der Vorstandsvorsitzende Karl Tragl von dem Abschluss, den er selbst mitunterschrieben hat, wieder zurückgetreten. Das teilte die IG Metall am Freitag in München mit.



„Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Tarifpartnerschaft braucht zuverlässige Akteure auf beiden Seiten. So kann man seine Belegschaft nicht an der Nase herumführen“, sagte Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern. Die rund 630 Beschäftigten in Reichertshofen (Landkreis Pfaffenhofen) und ihre Kolleginnen und Kollegen an den anderen Standorten waren den Angaben zufolge bereits über den Tarifabschluss informiert worden – auch vom Unternehmen.

Wacker Neuson will Präzisierung

Wacker Neuson hingegen betonte am Freitag auf Anfrage unserer Zeitung, man stehe zu dem Ergebnis dieser Verhandlung für eine weitere Tarifbindung – allerdings mit einer Präzisierung: „Bestandteil des Eckpunktepapiers sind eine tarifliche Mitarbeiterbeteiligung und ein unternehmensseitiger Beitrag, die erfolgsabhängig ausgezahlt werden“, hieß es. Die Wacker Neuson Group präzisierte, dass sich der unternehmensseitige Beitrag an den zukunftsgerichteten Zielen der Unternehmensstrategie orientieren müsse. Außerdem betonte der Konzern, dass diese Klarstellung innerhalb der vereinbarten Erklärungsfrist erfolgte.

Wacker Neuson teilte zudem mit, dass die erarbeitete Lösung weit über das bisherige Angebot des Arbeitgebers hinausgehe. „Die Wacker Neuson Group sieht hierin eine ausgewogene, attraktive und vor allem zukunftsorientierte Lösung für die Mitarbeitenden und das Unternehmen. Hiermit leisten alle Seiten einen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssicherung der vier Standorte“, hieß es .

„Die Beschäftigten sind empört“

Die IG Metall zeigt sich allerdings enttäuscht: „Die Beschäftigten sind empört und fassungslos, dass der CEO jetzt einen Rückzieher macht“, betonte Carlos Gil, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ingolstadt. „Dieser Tarifvertrag ist ein Kompromiss, ein Ausdruck der Vernunft, mit dem beide Seiten einen Arbeitskampf mit Streiks abgewendet haben. Grundsätzlich gilt demnach der Flächentarif, beim Thema Arbeitszeit sind wir dem Unternehmen entgegengekommen.“

Nachdem Wacker Neuson im Herbst 2022 die Tarifbindung verlassen hatte, einigte man sich nach mehreren Verhandlungen und Warnstreiks Ende Januar schließlich auf ein neues Tarifergebnis – von dem jetzt Abstand genommen wird. Vereinbart war laut der Zeitung „Südkurier“ unter anderem folgendes: Ziel ist eine vollkompensierte Standardarbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche, die in einem Stufenplan über mehrere Jahre erreicht werden soll. Darüber hinaus können alle Beschäftigten weiter freiwillig 40 Wochenstunden arbeiten, wobei es für die Mehrarbeit zusätzlich 11,4 Prozent mehr Lohn gibt.

Insgesamt hat Wacker Neuson in Deutschland 2400 Beschäftigte. Neben Reichertshofen hat des Unternehmen Produktionsstandorte in Pfullendorf (Baden-Württemberg) und Korbach (Hessen). Die Konzernzentrale ist in München.

DK