Heidenheim kann erstmalig in die Bundesliga aufsteigen - und den HSV in die Relegation stoßen. Die Unterschiede zwischen beiden könnten größer nicht sein. Der Südwest-Club lechzt nach einem Erfolg.
Gelingt dem kleinen 1. FC Heidenheim die Fußball-Sensation oder beendet der große Hamburger SV doch noch seine leidvolle Reise durch die Niederungen der Zweiten Liga nach fünf Jahren?
Wenn am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) das Saisonfinale ansteht, hat es Heidenheim selbst in der Hand, als 57. Club in die deutsche Beletage einzuziehen. Voraussetzung dafür wäre ein Sieg beim quasi abgestiegenen Jahn Regensburg, dann müsste der HSV mal wieder in die Relegation.
«Wir müssen unser Spiel gewinnen. Das ist das, was wir beeinflussen können», sagte HSV-Trainer Tim Walter vor dem parallel laufenden Spiel bei Absteiger SV Sandhausen. Für den 47 Jahre alten Trainer Walter wäre der Sprung nach oben «das schönste Erlebnis» seiner Karriere. Tausende HSV-Anhänger wollen ihren Club nach Sandhausen begleiten.
Hamburg lauert auf Patzer
Wenn es nach den Hamburgern geht, soll die Partie der vorerst letzte Auftritt in Liga zwei sein. Dafür muss der HSV mit aktuell 63 Punkten gewinnen und auf einen Heidenheimer Patzer (64 Punkte) hoffen. Ein Remis reicht wegen des deutlich besseren Torverhältnisses der Heidenheimer nicht. Eine Überraschung wäre der Heidenheimer Aufstieg nicht mehr, drei der vergangenen vier Saisons beendeten sie im oberen Tabellendrittel. «Wenn du Sportler bist, lechzt du nach solchen Situationen, in denen es um alles geht», sagte Heidenheims Trainer Frank Schmidt.
Die Relegation wollen beide Clubs möglichst vermeiden. 2020 scheiterte Heidenheim in den Duellen mit Werder Bremen, der HSV verpasste im vergangenen Jahr gegen Hertha BSC (1:0/0:2) den Sprung nach oben. Nach vier gescheiterten Aufstiegsversuchen in den vergangenen Jahren brachte Walter die Ausgangslage für seinen Club knapp auf den Punkt: «Zweiter oder weiter.»
Ungleiche Dimensionen, gleiche Liga
Die Unterschiede zwischen den Hanseaten und Heidenheimern sind riesig. 50 000:1,9 Millionen bei den Einwohnern, 0:55 bei der Anzahl der Bundesligajahre. Vielleicht die bald 16-jährige Amtsdauer des Trainers Frank Schmidt gibt einen Eindruck, warum sich der Club nach dem Zweitliga-Aufstieg 2014 durch kontinuierliche Leistungen an die Spitze gespielt hat. Zum Vergleich: Seit 2007 hatte der HSV etwas mehr als 20 unterschiedliche Trainer.
«Ich bin mir sicher, dass sich Heidenheim das nicht mehr nehmen lässt», wurde Fußballexperte Stefan Effenberg vom «Hamburger Abendblatt» zitiert. «Der HSV muss noch mal in die Relegation, so wie im letzten Jahr auch», fügte der 54-Jährige hinzu.
HSV-Trainer Walter wiederholte zuletzt seine Kritik an der Relegation. «Das ist unsere beste Saison von der Punkte-Ausbeute. Und von daher ist es schon hart, wenn man mit so vielen Punkten dann nicht direkt aufsteigt», haderte er. «Darum muss man sich vielleicht grundlegend mal über eine Relegation austauschen und nachdenken», fügt Walter hinzu.
Fokus auf die eigene Leistung
Trotz der Drucksituation habe der HSV-Coach seine Mannschaft gelassen erlebt. «Die Jungs sind total entspannt, die sind voller Vorfreude, voller Zuversicht», sagte er. Walter stellte klar, sich statt mit der Relegation zunächst nur mit dem kommenden Gegner zu beschäftigen - und er warnte: «Es wird ein hartes Spiel werden.»
Auch Fernduell-Kontrahent Heidenheim will sich auf die bisherigen Stärken besinnen. Dazu gehört die mannschaftliche Zusammengehörigkeit. Zudem war Torjäger Tim Kleindienst zuverlässig zur Stelle und führt mit 24 Treffern die Torschützenliste der Zweiten Liga an. Daher will Schmidt vor der wichtigen Partie nichts verändern: «Wir machen nichts anders als sonst.»
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