Die wichtigsten Antworten
Hexenkessel, Flutlicht und schmutzige Luft: Warum die Biathlon-WM so besonders wird

07.02.2024 | Stand 07.02.2024, 8:17 Uhr

Vor insgesamt mehr als 200.000 Zuschauern war die erste WM in Nove Mesto vor elf Jahren ein emotionales Erlebnis. − Foto: imago images

Nach dem überraschend positiven Saisonverlauf sind die deutschen Biathletinnen und Biathleten mit großen Hoffnungen zur Weltmeisterschaft gereist, die am Mittwoch beginnt. Wir haben vor dem Start die Antworten auf die wichtigsten Fragen.



Was macht Nove Mesto so besonders?



Die Atmosphäre. Vor insgesamt mehr als 200.000 Zuschauern war die erste WM in Nove Mesto vor elf Jahren ein emotionales Erlebnis. In der Vysocina Arena mit den steilen Tribünen hinter dem Schießstand kann es ohrenbetäubend laut werden, das Schießen wird so zu einem speziellen Test, auch für die Nerven. Außerdem findet die Mehrzahl der Rennen in der Dunkelheit am frühen Abend statt – unter Flutlicht treten die Biathleten sonst fast nie an. Die Rennen finden von Mittwoch bis zum 18. Februar im westlichen Mähren statt.



Welche Erinnerungen haben die Deutschen an Nove Mesto?



Nicht die besten. Bei der WM 2013 hatten die DSV-Skijäger erstmals seit 1986 in Oslo keine Goldmedaille gewonnen. Lediglich die damals 35-jährige Andrea Henkel holte im Einzel Silber, die Männer-Staffel gewann Bronze. Es war die erste Weltmeisterschaft nach dem Rücktritt von Magdalena Neuner. Allerdings: In Nove Mesto gab es im März 2021 auch den bislang letzten Weltcup-Staffelsieg der deutschen Männer.

Wer wird die meisten Medaillen abräumen?



Bei den Männern könnten es norwegische Festspiele werden. Das Team um den fünfmaligen Oberhof-Weltmeister Johannes Thingnes Bö hat in diesem Winter bisher sechs Dreifach-Erfolge und viele weitere Podestplätze geholt. Im Gesamtweltcup liegen sechs Norweger vorn. Zudem haben die Skandinavier nach einer Regeländerung vor der Vorsaison bis zu sechs Startplätze pro Einzelrennen, auch alle Staffelwettbewerbe der laufenden Saison gewannen sie. Bei den Frauen ist es ausgeglichener: Die Weltcup-Gesamtführende Ingrid Landmark Tandrevold aus Norwegen, die Italienerin Lisa Vittozzi und die beiden Französinnen Justine Braisaz-Bouchet und Julia Simon sind die Top-Favoritinnen.

Wie sind die deutschen Chancen?



Der zweimalige Sprint-Saisonsieger Benedikt Doll hatte bei der WM-Generalprobe in Antholz massive Probleme am Schießstand. In der Vorbereitung hatte er etwas Schnupfen, aber findet er zu alter Stärke, ist er ebenso ein Medaillenanwärter wie Philipp Nawrath. Er hatte zum Start schon das Gelbe Trikot des Weltcup-Führenden getragen. Auch Johannes Kühn könnte im Idealfall mitmischen. In der Staffel standen die Männer in allen Weltcup-Rennen auf dem Podium, eine Medaille ist ebenso drin wie bei den Frauen. Chancen auf Einzelmetall haben dort Franziska Preuß und Vanessa Voigt. Der erste Weltcup-Sieg in der Single-Mixed durch Voigt und Justus Strelow gibt ebenfalls Selbstvertrauen. In der Mixed-Staffel lief es in dieser Saison bisher allerdings nicht gut.

Was sagen die Experten?



Die zweimalige Olympiasiegerin Laura Dahlmeier traut den deutschen Biathleten viel zu. „Es ist für die deutsche Mannschaft möglich, in jedem Rennen eine Medaille zu gewinnen. Aber es muss alles zu 100 Prozent passen und du darfst dir nicht den kleinsten Fehler erlauben in der eigenen Leistung, dem Material und allem drumherum“, sagte die 30-Jährige. Dass das möglich sei, habe der Winter jedem Athleten bisher gezeigt: „Und das ist ein ganz großes Plus im Vergleich zur Vergangenheit, wo das nicht immer der Fall war. Wo die Athleten gedacht haben, ich kann nur vorn sein, wenn die anderen Fehler machen. Aber sie haben gezeigt, dass sie es aus eigener Kraft schaffen können.“ Nach Ansicht von Olympiasieger Arnd Peiffer können die DSV-Skijäger die norwegischen Weltcup-Dominatoren bei der Weltmeisterschaft herausfordern. „Läuferisch waren alle durch die Bank konkurrenzfähig und sie haben ja auch schon einige Podestplätze erreicht im Vergleich zur Vorsaison und der davor“, sagte der 36-Jährige der dpa. Am Mittwoch beginnt der Saisonhöhepunkt mit der Mixed-Staffel (17.20 Uhr/ARD und Eurosport). Das sei bewundernswert, da insbesondere die deutschen Frauen ohne ihr früheres Aushängeschild Denise Herrmann-Wick auskommen müssen, meinte Peiffer. „Es ist bisher deutlich erfolgreicher gelaufen, als alle erwartet haben.“Das liege aber auch daran, dass andere Nationen wie Frankreich und Schweden bisher den Erwartungen hinterherhinken. „Das könnte bei der WM wieder anders sein“, sagte der fünfmalige Weltmeister. In erster Linie gehe es darum, die Leistung am Schießstand zu verbessern. „Die große Schwierigkeit wird es sein, zum Höhepunkt die beste Schießleistung abzurufen“, meinte Peiffer. „Denn um die läuferische Form mache ich mir keine Sorgen.“ Für ein Fragezeichen könnten die Bedingungen sorgen, sagte Peiffer. „Ich bin gespannt, ob die Ski dort auch gut laufen – auf 600 Metern. Da ist Schmutz in der Luft, es wird viel im Wald gelaufen und der Schnee wird mit der Zeit immer dreckiger. Das ist eine andere Herausforderung für die Techniker“, sagte der Harzer, der 2013 in Nove Mesto Bronze mit der Staffel gewann.

Wie ist die Wetterlage?



Etwas schwierig, denn es ist zu warm. Derzeit herrschen deutliche Plusgrade, es regnet immer mal wieder und es könnte stürmisch werden. „Wir beobachten die Wettervorhersage ständig und hoffen auf Besserung in der zweiten WM-Woche“, sagte Wettkampfleiter Vlastimil Jakes der dpa. In Gefahr sind die Wettkämpfe aber nicht, es wurde genügend Kunstschnee vorproduziert. „Wir haben noch 50 000 Kubikmeter Schnee im Depot. Wir machen uns keine Sorgen wegen Schneemangels, aber bei schlechtem Wetter wie Temperaturen über null und Regen wird die Qualität des Schnees nicht so gut sein wie bei Minusgraden“, sagte Jakes.

Wo ist die WM zu sehen?



Bei der WM geht es an neun Wettkampftagen um zwölf WM-Titel. ARD, ZDF und Eurosport übertragen alle Wettkämpfe live im TV und im kostenlosen Stream. ARD und ZDF teilen sich die Übertragung wie immer auf. Die ARD beginnt, den zweiten Teil der WM übernimmt dann das ZDF.

Wer dominierte im Vorjahr?



Oberhof wurde zu Böberhof. Der Norweger Johannes Thingnes Bö holte als erster männlicher Biathlet sieben Medaillen bei einer WM: fünf Titel, einmal Silber und einmal Bronze. Bei den Frauen war die Schwedin Hanna Öberg (2x Gold, 1x Silber, 1x Bronze) am erfolgreichsten. Die beste Nation war Norwegen (5x Gold, 5x Silber, 3x Bronze). Deutschland (1x Gold, 2x Silber) belegte im Medaillenspiegel den vierten Platz. Den einzigen Titel holte die mittlerweile zurückgetretene Denise Herrmann-Wick im Sprint.

Wer sind die Rekordhalter bei Weltmeisterschaften?



Die meisten WM-Medaillen gewann bisher Ole Einar Björndalen. Der Norweger holte 20 Mal Gold, 14 Mal Silber und elfmal Bronze. Sein Landsmann Johannes Thingnes Bö (30) ist ihm auf den Fersen, er heimste bisher 17 Titel ein. Beste Skijägerin ist die Norwegerin Marte Olsbu Röiseland mit 13 Gold- und vier Bronzemedaillen. Erfolgreichste deutsche Skijäger sind Frank Luck (11x Gold, 5x Silber, 4x Bronze) und Uschi Disl (8x Gold, 8x Silber, 3x Bronze).

− dpa/red