Sonntagskrimi
Kritik zum „Polizeiruf 110“: Schweine an der Grenze

Der Krimi handelt von Jagdtouristen im deutsch-polnischen Grenzgebiet

24.03.2024 | Stand 24.03.2024, 18:19 Uhr

Konstantin Richtmann will beweisen, dass er nicht nur ein guter Anwalt, sondern auch ein guter Schütze ist. − F.: rbb/Christoph Assmann

Von Marco Krefting

Der neue „Polizeiruf 110“ der deutsch-polnischen Ermittlergruppe läuft am Sonntagabend um 20.15 Uhr. Der Episodentitel „Schweine“ ist mindestens zweideutig zu verstehen.



Er ist denkbar unsympathisch: Der junge Anwalt Konstantin Richtmann sitzt hinten im Wagen, nachdem sein Kollege erschossen am Oder-Ufer gefunden wurde. Am Steuer: Kriminalhauptkommissarin Alexandra Luschke. „Na, keine Angst?“, fragt Richtmann mit arrogantem, selbstherrlichem Ton. „Alleine mit ’nem Tatverdächtigen im Auto.“

Entschlossene Kommissarin Luschke



Doch Luschke (Gisa Flake) ist alles andere als ängstlich, sondern entschlossen, den Mordfall mit ihrem Kollegen Karl Rogov (Frank Leo Schröder) zu lösen. Vincent Ross kann aufgrund einer Fortbildung dieses Mal nicht dabei sein. Als klar wird, dass die Juristen einen Ausflug als Jagdtouristen in Polen gemacht haben, fragt Luschke: „Kann es sein, dass sich hier übers Wochenende einfach ein paar Berliner Anwälte vergnügt haben?“

Doch Richtmann ist noch immer stark alkoholisiert, dürfte zur Tatzeit 2,7 Promille intus gehabt haben. Und vom Dritten im Bunde fehlt jede Spur. Was sich da in der Nacht im Wald abgespielt hat, bleibt erst einmal unklar. Gesichert scheint nur, dass das auf polnischer Seite angeschossene Opfer durch die Oder schwamm, um sich ans deutsche Ufer zu retten.

Wer die „Schweine“ sind



„Schweine“ sind zum einen die konkurrierenden Juristen aus der Kanzlei von Richtmann senior, der mit seinem Sohn wenig zimperlich umgeht. Credo: „Einen Vater muss man sich verdienen.“ Kein Wunder, dass der Junior da auf den rechtlichen Beistand des Alten verzichtet und sich lieber selbst vertritt. Dabei weiß er, dass er tiefer im Dreck steckt als zunächst geahnt.

Und da sind zum anderen die echten, die tierischen Schweine – samt der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Zwischen der Jagdtruppe und einem kleinen Hof in der Nähe gibt es einen Zusammenhang. Dort mussten 1000 Tiere wegen der Virusseuche gekeult werden. Nun hat die Bäuerin auf Bio umgestellt, was allerdings mehr schlecht als recht läuft.

Warum die Afrikanische Schweinepest Thema ist



Produzent Frank Schmuck und Autor Tomasz E. Rudzik war das Thema ASP von Anfang an ein wichtiges Anliegen. „Seit dem EU-Beitritt Polens pulsiert der kleine Grenzverkehr. Nach jahrzehntelanger Trennung kommt man sich wieder näher. Brücken wurden gebaut, man feiert gemeinsam Feste und alte Ressentiments werden langsam überwunden“, sagt Schmuck. „Dann kommt die Afrikanische Schweinepest.“

Das Misstrauen gegenüber Fremden wachse, alte Ressentiments ploppten wieder auf, gegenseitige Schuldzuweisungen belasteten das Verhältnis mit den Polen, fasst Schmuck zusammen. „Auf deutscher Seite wird schnell ein 450 Kilometer langer Zaun installiert.“ Sogar das Team wurde im Herbst 2023 von dem Thema eingeholt: „Wir mussten kurzfristig alle Arbeiten mit lebenden Schweinen nach Deutschland verlegen, da vor Beginn unserer Dreharbeiten in unmittelbarer Nähe ein Fall von Schweinepest aufgetreten war.“

Ein wenig im Kontrast zu den Existenznöten der Landwirte und Mordermittlungen der Polizei zeigt der Film immer wieder malerische bis mystische Szenen aus dem Oder-Gebiet und dem frostigen Wald. Die teils langen Einstellungen entschleunigen beim Zuschauen.

Das riesige Ermittlungs-Gebiet, der fehlende Tatort, die mangelhafte Spurenlage lassen Rogov nur skeptisch in die Ermittlungen starten. Luschke ist da zupackender: „Wir zwei machen das jetzt!“ In ihrem ersten gemeinsamen Fall müssen die beiden dann herausfinden, wie sie am besten zusammenarbeiten. Das Publikum kann gut beobachten, wie sie sich da herantasten. Und wird am Ende Zeuge, wie Luschke zu ihrem Kollegen sagt: „Ich lad‘ Sie jetzt mal auf was Anständiges ein. Ich kann Ihre Salamibrote nicht mehr ertragen.“


• Sonntag, 24.3., 20.15 Uhr, ARD