Nach den Ausschreitungen 2022/23 hatten Rettungskräfte und viele Bürger gebangt, wie dieses Silvester wird. Erste Bilanzen lesen sich friedlicher - doch es gab auch Krawall und Verletzte, sogar Tote.
Ausgelassene Feiern, Feuerwerk am Nachthimmel, aber auch Angriffe auf Polizisten und Unfälle mit Böllern: Der Jahreswechsel ist in Deutschland nach einer ersten Bilanz ruhiger verlaufen als im Vorjahr.
In der Hauptstadt Berlin zeigte sich die Polizei nach den Ausschreitungen vor einem Jahr diesmal zufrieden mit dem Verlauf des Einsatzes. Dennoch waren die Beamten wieder Ziel von Attacken - auch in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen. Bundesweit zählten Rettungskräfte Tausende Einsätze. Viele Feuerwehren mussten in der Neujahrsnacht Brände löschen.
Viele Verletzte
Bundesweit gab es schwere Unfälle mit Feuerwerk. In Eschlkam in der Oberpfalz in Bayern soll ein 18-Jähriger laut Polizei einen Knallkörper in ein Kunststoffrohr geworfen haben, um ihn darin explodieren zu lassen. Als er mit dem Kopf über dem Rohr gewesen sei, sei der Böller explodiert und habe ihn am Kopf tödlich verletzt.
Auch im rheinland-pfälzischen Koblenz starb ein 18-Jähriger beim Zünden eines Böllers. Ein 22-jähriger Mann kam laut Polizei im sächsischen Boxberg beim Zünden einer verbotenen Kugelbombe ums Leben.
Silvester in Berlin
Groß war die Sorge, dass Silvester erneut gewalttätig werden könnte. Im Fokus stand dabei Berlin. Am Neujahrstag bilanzierte die Polizei in der Hauptstadt, das Konzept mit Böllerverbotszonen und vorab definierten Brennpunktbereichen sei aufgegangen. Die deutlich erhöhte Polizeipräsenz im Stadtgebiet habe dazu geführt, dass es auch mehr Festnahmen gegeben habe. Tausende Polizisten waren im Einsatz.
Jüngsten Zahlen der Polizei zufolge wurden in Berlin in der Silvesternacht rund 390 Menschen vorläufig festgenommen - viele wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz. Es seien 54 Einsatzkräfte verletzt worden, 30 davon durch Pyrotechnik, sagte die Sprecherin an Neujahr. Acht der verletzten Polizisten hätten ihren Dienst nicht fortsetzen können.
Es seien zum Jahreswechsel 720 Ermittlungsverfahren zu Vorfällen im gesamten Stadtgebiet in der Zeit von Silvester 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr am 1. Januar eingeleitet worden. Die Zahlen sind vorläufig, das Geschehen wird weiter ausgewertet.
Blick in weitere Bundesländer
Bundesweit wurden nach einer ersten Einschätzung der Polizei rund 100 Beamte verletzt. Allein in Nordrhein-Westfalen seien 21 Polizistinnen und Polizisten verletzt worden. Das waren deutlich weniger als vor einem Jahr, als 43 Beamte verletzt wurden.
In Bayern waren es mindestens elf. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul verurteilte die erneuten Übergriffe „aufs Schärfste“. „Es laufen immer noch zu viele Leute rum, die nicht gelernt haben, wie man miteinander umgeht“, sagte der CDU-Politiker am Montag in Düsseldorf.
In Laatzen bei Hannover wurden Feuerwehrkräfte während eines Löscheinsatzes von mehreren Personen bedroht. Die Gruppe bewarf das Feuerwehrauto laut Polizei mit Steinen und schlug mit Eisenstangen darauf ein. Der Einsatz sei abgebrochen worden.
Die Polizei in NRW zählte von Sonntagabend um 18.00 Uhr bis Montagmorgen um 6.00 Uhr 1186 Platzverweise bei Silvestereinsätzen (Vorjahr 1358). 154 Menschen wurden in Gewahrsam genommen (Vorjahr 215). 26 (Vorjahr 25) wurden vorläufig festgenommen. 210 Personen seien von anderen Menschen verletzt worden.
In Leipzig im linken Szeneviertel Connewitz wurden mehrere Feuer auf den Straßen entzündet, ein Supermarkt wurde mit Steinen beworfen, auch eine Polizeiwache sei angegriffen worden.
Für viele endete die Silvesternacht im Krankenhaus
Zahlreiche Feiernde mussten in der Silvesternacht ins Krankenhaus. Wegen schlimmer Verletzungen durch Böller sind allein im Unfallkrankenhaus Berlin 27 Menschen behandelt worden. Die Klinik sprach von zum Teil „dramatischen Amputationsverletzungen“. Festgestellt würden Sprengverletzungen an den Händen und im Gesicht, schwere Augenverletzungen und Brandwunden, teilte die Klinik am Morgen auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit.
Wieder Höhenfeuerwerk am Brandenburger Tor
Rund 65.000 Menschen haben bei der traditionellen Silvester-Party am Brandenburger Tor laut Veranstalter friedlich gefeiert. Damit sei die Feier auf der Festmeile zwischen dem Berliner Wahrzeichen und der Siegessäule ausverkauft gewesen, teilte eine Sprecherin mit. Erstmals seit der Corona-Pandemie gab es wieder ein Höhenfeuerwerk. Die Silvester-Party wurde im ZDF live als Show übertragen.
Die Feuerwehren rückten rund um den Jahreswechsel zu unzähligen Bränden aus - es brannten Mülltonnen, aber auch Wohnhäuser.
Angespannte Lage in Niedersachsen an Silvester
In der vom Hochwasser bedrohten Gemeinde Lilienthal bei Bremen war die Silvesternacht sehr von der angespannten Lage geprägt. „Das war natürlich kein normales Silvester für die Menschen hier“, sagte Gemeindesprecherin Marilena Koch am Neujahrstag. In der Gemeinde seien nahezu alle irgendwie vom Hochwasser betroffen und es herrsche seit Tagen eine große Solidarität. Geholfen hat nach Einschätzung Kochs das Böllerverbot. „Das hat gut funktioniert“, sagte sie.
Es sei kein einziger Feuerwehreinsatz durch Silvesterfeuerwerk nötig gewesen, und die Polizei sei mit einigen wenigen Verwarnungen ausgekommen.
Die Welt begrüßt nach und nach das neue Jahr
In weiten Teilen der Welt begann 2024 schon Stunden vor dem Korkenknallen in Deutschland. In Sydney erleuchtete vor der weltberühmten Kulisse von Harbour Bridge und Opernhaus um 14.00 Uhr deutscher Zeit eine Mega-Lichtershow den Himmel. Bis zum deutschen Abend hatte dann auch schon in Japan, Südkorea, Singapur, Taiwan, China, Indien und Dubai das Jahr 2024 begonnen.
Eine Stunde nach Deutschland begrüßten die Menschen in London das neue Jahr. Mit den Glockenschlägen von Big Ben und einem spektakulären Feuerwerk am Riesenrad London Eye läutete die britische Hauptstadt das Jahr ein.
Dichter Konfetti-Regen rieselte um Mitternacht bei knapp über null Grad auf Hunderttausende Schaulustige auf den berühmten Times Square in New York. Zuvor war wie üblich eine leuchtende Kristallkugel an einem Fahnenmast heruntergeglitten - der sogenannte Ball Drop.
In der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro begann um Mitternacht ein traditionelles zwölfminütiges Feuerwerk, das von zehn Flößen vor dem weltberühmten Strand von der Copacabana abgefeuert wurde.
© dpa-infocom, dpa:231231-99-449347/37
Artikel kommentieren