Wolnzach
Mit den Gasthäusern stirbt das Dorfleben - wenn keine Alternativen gefunden werden

Dorfheim verzweifelt gesucht: In einigen Ortschaften gibt es gar keine Versammlungsstätte mehr

18.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:10 Uhr

Alle wichtigen Ereignisse – wie hier die Verabschiedung der Klosterschwestern – finden in Eschelbach im Dorfheim, der ehemaligen Schule, statt. Foto: WZ-Archiv

Von Karin Trouboukis

Wolnzach – Bürgerversammlungen auf Bierbänken zwischen Feuerwehrhelmen und Spinden, Schießabende im Nachbardorf, kein gesellschaftliches Leben, weil die Versammlungsstätte fehlt, Theatervereine, die nichts mehr auf die Beine stellen können, weil ihr Ort keinen entsprechenden Saal mehr hat. Das Sterben der Dorfgasthäuser einerseits und größte Schwierigkeiten beim Finden von Alternativen andererseits schüren in vielen Dörfern die Angst: um den Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Königsfeld: Hier gibt es seit vielen Jahren keine Gaststätte mehr, Vereinsversammlungen finden im Nachbardorf statt, auch die Schützen schießen dort. Eine Bürgerversammlung – auf Bierbänken vor dem Feuerwehrhäuschen – hat jüngst die spezielle Problematik hier verdeutlicht: Ein Königsfelder Landwirt möchte eine Reithalle bauen – und würde darin ein Dorfheim zur allgemeinen Nutzung integrieren. Viele Dorfbewohner sehen das als letzte (und einzige) Chance, einen Versammlungsort zum Erhalt beziehungsweise Wiederaufbau des dörflichen Lebens bekommen zu können. Sehr viele wollen das auch, aber eben nicht alle: Es regt sich Widerstand, die Kritiker befürchten Lärmbelästigung – und kündigen rechtliche Schritte gegen das Projekt schon von vornherein an.



Geroldshausen: Hier gab es früher zwei, dann nur noch einen – und jetzt gibt es gar keinen Wirt mehr, weil sich das Wirtsehepaar aus Altergründen zurückgezogen hat. Die Schützen dürfen hier zwar noch schießen, für das sehr lebendige Geroldshausener Dorf- und Vereinsleben – es gibt sogar einen Theaterverein – sehen die Geroldshausener jedoch schwarz. Laut Ortsteilvertreter und GfW-Gemeinderat Martin Schlicht gibt es seitens des Sportvereins SVG die Idee, das alte SVG-Vereinsheim umzubauen und auf die allgemeine Nutzung – auch für Theater und Schießabende – baulich auszurichten. Zwar befinde sich das SVG-Heim etwas außerhalb, dafür seien aber keine Probleme mit dem Immissionsschutz zu erwarten. Und für Veranstaltungen mit Kindern oder Senioren habe man ja auch noch das zentral gelegene Pfarrheim. Gespräche mit dem Dorf und den Behörden seien am Laufen.

Niederlauterbach: Hier geht man „fremd“: Traditionsveranstaltungen wie der „Lauterbacher Abend“ sind ins Nachbardorf Rottenegg und damit in die Nachbarkommune abgewandert, seit der Saal des noch bestehenden Gasthauses geschlossen ist. Theateraufführungen – früher legendär – gibt es gar nicht mehr, Bundesligawettkämpfe der Sportschützen finden in Wolnzach statt. Das sehr aktive Niederlauterbacher Vereins- und Dorfleben stößt an Grenzen. „Gottseidank haben wir noch einen Wirt und können Stammtische, Frühschoppen und beispielsweise auch Kremessfeiern dort abhalten“, sagt Ortssprecher Albert Raith. Dafür sei man im Dorf sehr dankbar. Aber der Raum in der Gaststube sei begrenzt – und manchmal eben nicht ausreichend. Bei der seit Jahren laufenden Suche nach einer Alternative für den fehlenden Saal stoße man immer wieder an Grenzen – aus Sicht des Baurechts und des Immissionsschutzes.

Oberlauterbach: Auch dort gibt es noch ein Gasthaus direkt neben der Kirche. Geöffnet ist es für Bürgerversammlungen, Frühschoppen und Kremessfeiern. Für das lebendige Dorfleben suche man jedoch auch hier nach Möglichkeiten für ein Dorfheim, sagt Ortssprecher Engelbert Schretzl-meier – bislang ohne Erfolg.

Gosseltshausen: Der Gasthaus ist längst zu, umgebaut in ein Mehrfamilienhaus. Das gesellschaftliche Leben findet im Pfarrheim statt, das in den großen Pfarrgarten direkt neben der Kirche gebaut wurde. Ein erster Standortvorschlag für dieses Pfarrheim – direkt am Rennerstadel, wo auch die Feuerwehr untergebracht ist – scheiterte übrigens auch hier an Nachbareinwänden.

Eschelbach: das Paradebeispiel, wie es laufen könnte: Die von der Gemeinde gekaufte alte Schule wurde in Eigeninitiative vom Dorf in den 1980er Jahren zum Dorfheim umgebaut, viele Jahre gab es dann feste Dorfheim-Wirte. Nachdem die letzte Wirtsfamilie aufhörte, gründete sich in Eschelbach der „Dorfheimverein“, der sich jetzt um den Betrieb und die Bewirtung kümmert. Vergeben wird das Dorfheim ausschließlich an Eschelbacher, sagt Ortssprecher Josef Seidl, bis zu 120 Veranstaltungen – von Coronazeiten einmal abgesehen – finden hier statt. Er ist froh, dass es in Eschelbach so gut läuft: „Wenn man nichts mehr hat, wo man sich treffen kann, stirbt ein Dorf.“

Starzhausen: Hier gibt es ein Gasthaus, das von einer Familie betrieben wurde. Nach deren altersbedingtem Rückzug wechselten die Eigentümer und die Betreiber.

Burgstall: Die Tochter führt das Gasthaus ihrer Familie weiter: Im Gastraum trifft man sich zum Stammtisch und zu Feiern, im Untergeschoss schießen die Schützen.

Gebrontshausen: Auch hier gibt es noch eine familiengeführte Gastwirtschaft, die vom Dorf gerne für verschiedene Anlässe genutzt wird.

Larsbach ist ein echter Sonderfall, denn hier kommen auf nicht einmal 250 Einwohner gleich zwei Wirtschaften und ein Saal, der oft für Veranstaltungen gebucht wird.

WZ