„Am Anfang war das Kissen“
Schernfelder Patchworkgruppe JuraStoffWerk feiert 25-jähriges Jubiläum mit Ausstellung

06.06.2023 | Stand 14.09.2023, 23:46 Uhr

JuraStoffWerk-Mitgründerin Franziska Braun-Wiedemann (links) dankte Angelika Süss (rechts) für ihre Vernissage-Rede und den Rückblick auf 25 Jahre der Schernfelder Patchworkgruppe. Farbenfrohe Quilts und Patchwork-Arbeiten wie das Gemeinschaftswerk „Corona-Quilt“ (unteres rechtes Bild) sind in der Ausstellung im Pappenheimer Museum an der Stadtmühle zu sehen. Fotos: Hirsch

25 Jahre ist es her, dass sich acht Frauen zum ersten Mal in Schernfeld zusammensetzten, um sich gemeinsam mit Techniken der Patchwork-Handarbeit zu beschäftigen. Dies war die Geburtsstunde der Gruppe JuraStoffWerk.

Die inzwischen elf leidenschaftlichen Näherinnen, die sich für das Material Stoff und das Zusammensetzen von Formen und Farben begeistern, haben im Laufe des vergangenen Vierteljahrhunderts nicht nur ihr Wissen und ihre Ideen in Kursen für Erwachsene und Kinder weitergegeben, sondern auch einige Ausstellungen organisiert. Ihr 25-jähriges Bestehen feierte die Patchwork-Gruppe bei der Vernissage ihrer Jubiläumsausstellung „Textile Improvisationen“ im Museum an der Stadtmühle in Pappenheim. Sie ist noch bis zum 16. Juli zu bewundern.

Ausdrucksform der eigenen Kreativität

„Begonnen hat alles mit einem Kissen, jenem Erstlingswerk, das jede aus der Gruppe besitzt und das bei vielen längst zu Tode geliebt wurde“, blickte die Eichstätter Künstlerin Angelika Süss schmunzelnd auf die ersten Jahre von JuraStoffWerk zurück. Im Zentrum der Arbeit stehe von Beginn an die Technik des Quilten – deutsch: steppen, bei dem Stoffreste zu neuen kreativen Objekten zusammengefügt werden.

Viele klassische Quilt- und Patchwork-Techniken hat die von Franziska Braun-Wiedmann und Lisa Strixner initiierte Frauengruppe, die sich anfangs konsequent 14-tägig traf, in den 25 Jahren ihres Bestehens ausprobiert. Doch die freie kreative Arbeit und die eigenen gestalterischen Ansätze der Frauen gewannen schnell Oberhand. Als Ausdruck der individuellen Kreativität und Experimentierfreude entstanden verschiedene Stoffkreationen – von Decken und Kissen über Wandteppiche bis hin zu Taschen oder schmückenden Accessoires.

Eine Bereicherung brachte ab 2008 der Kontakt zur Freiburger Künstlerin Pascale Goldenberg und deren Initiative Guldusi, die im Rahmen des Kunst- und Sozialprojekts „Deutschen Afghanistan Initiative“ (DAI) afghanische Frauen aus der Provinz Laghmani mit dem Verkauf ihrer Stickarbeiten unterstützt, erläuterte Süss. Deren Stickquadrate werden in Europa mit dem Ziel verkauft, dass diese wiederum in textile Arbeiten integriert werden: „Hier finden wir eine Förderung der Frauen im Kleinen, die auch jetzt, trotz der erneuten Übernahme durch die Taliban, immer noch besteht“, lobte Süss den kulturellen Austausch und das soziale Engagement von JuraStoffWerk.

Farbenfroh und mit einem breiten Formenkanon präsentiert sich die Ausstellung der Textilexponate der engagierten Gruppe in Pappenheim.

Katzenbilder und Corona-Quilts

Es sind faszinierende künstlerische Arbeiten sowie textile Improvisationen zu sehen. Da finden sich die „Katzenbilder“, die durch ihre Vereinfachung und in ihrer Anschmiegsamkeit unverkennbar sind. Besondere Erinnerungen bergen die Geburtstags-Quilts, die für jede von der Gemeinschaft anlässlich des 50. und 60. Geburtstags gestaltet wurden. Sehenswert auch die Miniatur-Kunstwerke von Franziska Braun-Wiedmann, die Fundstücke aus dem ehemaligen Stoffladen in der Pedettistraße in Eichstätt zu einer Serie zusammenfügte.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Gemeinschafts-Quilts, mit denen es den Frauen trotz der Verschiedenheit der Werke jeder Einzelnen immer wieder gelingt, zu einem einheitlichen Ergebnis zu kommen. Der „Corona-Quilt“ ist die jüngste Gemeinschaftsarbeit, die bei den Frauen zu Corona-Zeiten entstanden ist: „Die einzelnen Quadrate wurden erst im Nachhinein zusammengefügt – man durfte sich ja nicht treffen. Die Besonderheit liegt in der Vielfalt der einzelnen Variationen. Es entsteht der Eindruck von Spiegelungen und einer bewegten Fläche“, erläuterte Süss den Vernissage-Gästen. Dieser Quilt wird während der Ausstellungsdauer verlost; Lose zum Preis von fünf Euro sind in der Ausstellung und bei der Tourist-Info Pappenheim zu erwerben. Der Sieger wird am 16. Juli zum Ausstellungsende ermittelt. Der Erlös fließt an das Textil- und Stickprojekt Guldusi Afghanistan.

Die Ausstellung ist noch bis 16. Juli jeweils sonntags und feiertags von 14 bis 17 Uhr im Museum An der Stadtmühle in Pappenheim sowie auf Anfrage unter der Telefonnummer (08422)1595 zu sehen.

Zwei textile Improvisationen sind auch bei Zwirn und Zwille, Am Anger in Eichstätt, ausgestellt.

EK