Pfaffenhofen
Künstler mit der Kugel

10.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:58 Uhr
Weltmeister bei der Arbeit: Der mehrfache Weltmeister Efren Reyes (rechts) gastierte gemeinsam mit weiteren Weltklasse-Billard-Spielern am Dienstagabend in Pfaffenhofen. Einige Schaulustige kamen zur Freude des Billard-Sport-Vereins und ließen sich den Abend nicht entgehen. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen (PK) Die drei Billard-Weltmeister Efren Reyes, Francisco Bustamante und Earl Strickland spielen in Pfaffenhofen – heimische BSV-Spieler Helmut Prexl und Ralph Braun bieten ihnen in zwei Partien bravourös Paroli.

Drei Billard-Legenden, allesamt mehrfache Weltmeister, darunter der US-Amerikaner Earl Strickland, für Fans „einer der größten Spieler aller Zeiten“, gaben sich die Ehre: In den Vereinsräumen des Pfaffenhofener Billard-Sport-Vereins (BSV) an der Raiffeisenstraße starteten sie Reyes’ Abschiedstournee durch Deutschland.

Für Billard-Fans war ein Traum in Erfüllung gegangen: Wenn Tennisspieler bei den Namen John McEnroe oder Boris Becker in Ehrfurcht verfallen, dann senken Billardspieler respektvoll die Stimme, wenn sie die Namen Efren Reyes, Francisco Bustamante und Earl Strickland hören. Entsprechend frenetisch – man kann’s tatsächlich nicht anders nennen – war der Applaus, mit dem die rund 150 Gäste im proppenvollen Vereinslokal, dem Pilspub 14/1, ihre Superstars begrüßten: mit langanhaltenden Standing Ovations, denen sich übrigens auch die komplette Pfaffenhofener Rathausspitze anschloss. Bürgermeister Thomas Herker ließ sich den Auftritt nicht entgehen. Er hat die Leidenschaft für Billard quasi mit der Muttermilch eingesogen – sein Vater war Gründungsmitglied des Billard-Clubs, in dem Carambolage gespielt wurde, mit nur drei Kugeln an Tischen ohne Löcher. Von der Begeisterung anstecken ließ sich auch der Zweite Bürgermeister Albert Gürtner: „Was diese Spieler zeigen, ist der Wahnsinn.“ Roland Dörfler, Dritter Bürgermeister, war ebenso gekommen wie der Vorsitzende des Sportgremiums Martin Rohrmann.

BSV-Mitglied Jochen Maurer war es gelungen, die drei Top-Spieler nach Pfaffenhofen zu holen. Professionell moderierte er den Abend und stellte die drei Kugel-Künstler vor: „Was ihr hier seht, ist einsame Spitze.“ Efren Reyes, 63-jähriger Philippine, in seinen Kreisen ehrfürchtig „The Magician“, der Zauberer, genannt, gilt als der Größte, der je an einem Billardtisch stand. Reyes zieht sich aus dem aktiven Geschehen zurück und befindet sich auf Abschiedstour. Sein ehemaliger Schüler Francisco Bustamante, 53 Jahre alt, kommt ebenfalls von den Philippinen, hat aber viele Jahre in Hamburg und Kiel in der Bundesliga mitgemischt. Mit zwölf Jahren hat er angefangen zu spielen – und seither gibt es keinen Tag in seinem Leben, in dem er nicht spielt, meistens von morgens bis abends, verrät er. Billard, sagt er, ist in seiner Heimat nach Basketball die wohl beliebteste Sportart. Wie man ein Meister wird? Da fällt seine Antwort kurz aus: „Spielen, spielen, spielen.“ Und das mit hoher Konzentration. Der dritte im Bund, Earl „The Pearl“ (die Billard-Perle) Strickland, 56 Jahre, hat in seiner Karriere drei Weltmeister-Titel geholt – von den zahllosen übrigen Titeln ganz zu schweigen. Auch in Pfaffenhofen trat er mit seinem breiten Gürtel an, in dem Gewichte stecken, die ihn beim Spielen am Boden halten sollen. Show oder nicht Show – die Verbände um seine Finger der linken Hand sind einer Arthrose zuzuschreiben, die ihn aber nicht daran hindern zu zeigen, wer der Herr am Spieltisch ist.

Gegen diese Billard-Giganten durften zwei Pfaffenhofener in zwei Spielen antreten. Als „Local Heros“, lokale Helden, stellte Maurer die beiden vor: Vereinsmitglied Helmut Prexl, zehnfacher bayerischer Meister, und Ralph Braun, langjähriger Vereinsvorsitzender. Prexl bildete mit Strickland ein Team gegen das Gespann Reyes/Bustamante und siegte mit 5:4. Beim Gleichstand hatten die Teams vereinbart, die letzte Kugel, egal wie sie liegt, über Bande einzulochen. Das heißt, die Kugel mit der Nummer neun muss, auch wenn sie direkt vor einem Loch liegt, gegen die Bande gestoßen werden und dann von dort ins Loch rollen. Und tatsächlich kommt es so: Die Neun bleibt vor dem Loch Mitte rechts liegen. Hochkonzentriert stößt Prexl an, die Kugel prallt nicht nur einmal, sondern fünfmal gegen die Bande und geht dann in die Versenkung. Das Publikum tobt vor Begeisterung. „Da geht einem schon die Pumpe“, verriet Prexl später. „Ich kannte ja fast jeden im Raum“, so der Lokalmatador, „aber ich habe die ganze halbe Stunde nicht einen einzigen angeschaut.“ Ähnlich ergangen ist es seinem Vereinskollegen Ralph Braun im Spiel gegen „Django“ Bustamante. Er verliert zwar mit 2:4, aber ihm gelingt ein beeindruckender „Table Run“: Nachdem Django die Drei verliert, locht Braun die sieben Kugeln nacheinander bravourös ein. Im anschließenden Gespräch atmet er hörbar aus, die ganze Anspannung fällt ab. „Man braucht“, weiß Vereinskollege Alexander Wiringer, „natürlich eine ruhige Hand, eine hohe Konzentration, aber auch eine körperliche Fitness.“

Was technisch alles geht, demonstrierte sehr launig Strickland mit seinen Trickshots. Er legt zum Beispiel fünf Kugeln zu einem Halbkreis, klopft mit der Anstoßkugel drauf, als wolle er sie auf dem Tisch festnageln, zeigt dann auf jede einzelne Kugel und sagt, in welches Loch sie rollen wird. Earl „The Pearl“ stößt an – und die Kugeln tun das, was von ihnen verlangt wird, sie finden heim ins vorbestimmte Loch. Die ganz hohe Kunst zeigt Strickland, als er im Sekundentakt die farbigen Kugeln nacheinander aufs Spielfeld wirft und sie mit Weiß im immer selben Loch versenkt. „Ich kenne keinen auf diesem Planeten“, sagt Maurer, „der ihm das nachmacht.“