Eichstätt
Schnellster in Texas

Podiumsplatz für Florian Bergér: Der Eichstätter holt beim Red Bull Air Race erstmals Bronze und der erste Platz war greifbar nah

30.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:44 Uhr

Gefeiert wird mit Sekt – nicht im Bauch, sondern auf der Haut: Die Gewinner des Red Bull Air Race in Texas, Peter Podlunsek (von links), Mikael Brageot und Florian Bergér bei der Siegerehrung - Fotos: Red Bull Media

Eichstätt/Fort Worth (EK) Boom, Bang, der Underdog hat alle umgehauen – und er kommt aus Eichstätt. Beim vorletzten Rennen der Red-Bull-Air-Race-Saison hat Florian Bergér es in Texas aufs Treppchen geschafft und sich den Bronzepokal gesichert. Ärgerlich: Zwei Sekunden Strafe kosteten ihn den ersten Platz.

Denn Flo Bergér ist in Texas gelungen, was für einen Rookie spektakulär ist: Er flog die beste Zeit, war der Schnellste im Racetrack und hängte sogar die erfahreneren Piloten ab. Eigentlich ist das der erste Platz – denn der schnellste Pilot gewinnt. Eigentlich. Aber dem 26-Jährigen passierte diesmal jenes Missgeschick, vor dem er sich immer gefürchtet hatte: ein Pylon-Hit.

Zur Erklärung: Die Rennstrecke wird durch Tore aus mit Luft gefüllten Pylonen begrenzt. Die Piloten müssen durch die enge Lücke zwischen zwei Pylonen durchfliegen. Nur die minimalste Berührung mit einem der Flugzeugflügel bringt die überdimensionalen Verkehrshütchen zum Platzen wie Seifenblasen. Das stört den Piloten bei seinem Flug nicht weiter, gibt aber Strafsekunden, die auf die Rundenzeit aufaddiert werden. Flo Bergér kosteten diese drei Sekunden Strafzeit den ersten Platz. „Ja schade, sicherlich“, gibt er zu. „Aber es überwiegt trotzdem die Freude, dass ich es aufs Podium geschafft habe. Dieses Gefühl gerade ist nicht zu übertreffen“, sagt er am Sonntag, kurz nachdem feststeht, dass er es endlich geschafft hat: Er, der Neue im Kader der Challenger, hat sich einen Podiumsplatz beim Red Bull Air Race erkämpft. Und das gerade noch, bevor die Rennsaison zu Ende ist.

Das ist wirklich eine kleine Sensation. Auf ihn unter den Erstplatzierten hätte vor dem Rennen wohl keiner getippt. Einmal deshalb, weil die anderen Piloten, anders als Bergér, den Racetrack schon aus dem vorigen Jahr kannten und somit im Vorteil waren. Zudem hatte der Eichstätter zwar in den Rennen davor mit einer passablen und beständigen Leistung überzeugt, hatte aber gegen Piloten mit scheinbarem Abo aufs Podium wie Petr Kopfstein oder Mikael Brageot keine Chance. Er hatte sich bisher mit den hinteren Rängen und bestenfalls Platz vier begnügen müssen.

Selbst Bergér hätte diesmal nicht auf sich selbst gewettet. „Das ist der schwerste Track, den ich jemals geflogen bin“, sagte er nach dem ersten Training in Texas, bei dem sogar noch ohne Pylonen geflogen wurde. Dass er damit nicht so unrecht hatte, zeigte sich auch bei den folgenden Trainingseinheiten und im Rennen. Ein Schock, als Masterclass-Pilot Pete McLeoud eine Kurve zu schnell erwischte und beinahe abstürzte. Auch Challenger-Spitzenreiter Petr Kopfstein konnte die Maschine im Rennen gerade noch abfangen, musste seinen Durchgang aber abbrechen. Und die Pylonen? Die platzten beinahe im Sekundentakt. Nein, einfach hatte es Red Bull den Piloten im texanischen Fort Worth bei Dallas sicherlich nicht gemacht.

Auch direkt vor dem Rennen war der kometenhafte Aufstieg Bergérs nicht abzusehen: In den ersten beiden Trainings flog er die viertbeste Zeit. Im dritten Probedurchgang schaffte er es auf Platz drei und im Qualifying war er plötzlich nur noch Fünfter, inklusive Pylon-Hit. Daraus eine Prognose auf den Ausgang des Rennens zu stellen – unmöglich, alles war möglich.

„Ich hatte nach meinem Rennen eigentlich auch kein gutes Gefühl. Und da hatte ich den kaputten Pylon noch nicht mal bemerkt“, sagt der Eichstätter. „Als ich den dann auch noch auf dem Boden gesehen habe, dachte ich, ich hab’s total versaut“, erinnert er sich schmunzelnd. Er sei aus allen Wolken gefallen, als er seine Zeit hörte. „Da dachte ich, ich zerspring’ gleich vor Freude.“ Schließlich hatte sich der Eichstätter schon lange speziell auf das Rennen in den USA und darauf gefreut, für ein paar Tage in den „American Way of Life“ einzutauchen. „Große Autos, gutes Wetter und viele Steaks und Burger“, so hatte sich Florian Bergér seinen kurzen Abstecher nach Texas bereits vor seinem Abflug vergangenen Mittwoch ausgemalt.

Und in echt? „Da war es sogar noch besser. Alles hat gestimmt – und die Steaks waren noch größer, als ich sie mir erträumt habe“, schmunzelt er. „Der Platz auf dem Treppchen ist wirklich die Krönung des Ganzen.“ Zum ersten Mal hat er erleben dürfen, wie es sich anfühlt, bei der großen Siegerehrung nicht die anderen Piloten zu feiern, sondern selbst gefeiert zu werden – inklusive Sektdusche und texanischem Cowboyhut, den nur die Sieger bekommen haben. „Ich war wirklich überrascht, wie sehr der Sekt in den Augen brennt – und wie der stinkt, wenn er einmal anfängt, in der Sonne zu trocknen.“

Für Bergér ist sein Sieg in Texas aber noch mehr als eine Momentaufnahme des Glücks. Der dritte Platz macht Hoffnung. Hoffnung darauf, auch im nächsten Jahr im Kader der Challenger antreten zu dürfen. Denn mit dem Finale in Las Vegas am 17. und 18. Oktober ist die Red Bull Weltmeisterschaft offiziell zu Ende. „Die Coaches waren sehr zufrieden mit mir“, sagt der 26-Jährige glücklich, bevor er schließlich frisch geduscht die zehnstündige Heimreise nach Eichstätt angetreten hat.

Für seinen Platz als Drittbester erhält Bergér sechs Punkte in der Tabelle. Mit nun insgesamt 14 Punkten ändert das an seiner Position als Sechster aber nichts. Franzose Mikael Brageot hat mit seinem Sieg in Texas zu den beiden erstplatzierten Petr Kopfstein und Daniel Ryfa aufgeschlossen. Alle drei Challenger führen nun mit jeweils 28 Punkten. Ihnen folgt Chris Bolton mit 24 Punkten und der in Texas zweitplatzierte Peter Podlunsek mit 18 Punkten. Hinter ihm liegt weiterhin Bergér. Mit nur sechs Punkten abgeschlagen liegt Francis Barros auf dem letzten Platz. Das Finale dürfte damit äußert spannend werden. Bei drei scheinbar gleichstarken Tabellenführern ist es schwer, einen Favoriten auszumachen, und wie Bergér in Texas zeigte, sind auch Überraschungen nicht auszuschließen. Denn beim Finale gilt das „Winner-takes-all“-Prinzip: Wer auf Platz eins landet, ist Red Bull World Champion. Und wer weiß, vielleicht kann Underdog Bergér noch einmal alle schlagen.