Augsburg
Kleines Fußballwunder nimmt Formen an

FC Augsburg macht durch 2:1 gegen FSV Mainz 05 den nächsten Schritt in Richtung Rettung

18.03.2012 | Stand 03.12.2020, 1:42 Uhr

Der FC Augsburg startet durch: Mit einem 2:1-Sieg über Mainz sind die Schwaben in der Rückrunde zu Hause noch ungeschlagen. Auf dem Foto foult Radoslav Zabavnik (Mainz) den Südkoreaner Ja-Choel Koo. - Foto: Kerpf

Augsburg (DK) Trainer Jos Luhukay nennt es „das Unerwartete“, der Rest von Fußball-Deutschland würde es wohl als kleines Wunder bezeichnen. Und die Sensation wird nach dem jüngsten 2:1 (1:1)-Heimsieg gegen den FSV Mainz 05 immer realistischer: dass der FC Augsburg irgendwie die Klasse hält.

Er, der Neuling, der vor der Saison als Absteiger Nummer eins in der Ersten Bundesliga gehandelt worden war. Er, der krasse Außenseiter, der trotz aller sportlichen Risiken stets auf einen Kader mit so genannten Nobodys gesetzt hat. Finanzielle Drahtseilakte? Eben nicht bei den Schwaben. Trotzdem sonnt sich eben dieser Klub nun auf Tabellenrang 15, ist im Kalenderjahr 2012 zu Hause noch ungeschlagen – und hat plötzlich so richtig viel Selbstvertrauen! „Im Moment besitzen wir den schönen Vorteil, dass wir alles selbst in der Hand haben. Wir befinden uns in keiner Abhängigkeit mehr von anderen Vereinen“, sagt Axel Bellinghausen. Und lächelnd fügt er hinzu: „Dementsprechend können wir am nächsten Wochenende mit einem durchaus guten Gefühl zu Werder Bremen fahren.“

Also auf zur nächsten Überraschung durch den FCA? Fakt jedenfalls ist: Den Augsburgern darf in der jetzigen Verfassung eine ganze Menge zugetraut werden. Siehe eben das jüngste Heimspiel: Dort gelang es den Schwaben sogar erstmals in ihrer Erstligazugehörigkeit, ein Match komplett zu drehen. Der 0:1-Rückstand, den Sami Allagui per Abstauber herstellte (36.) – kein Problem für sie. Zumindest war keines zu erkennen – oder, Herr Bellinghausen? „Zugegeben, der Gegentreffer war schon ein Schock – schließlich hatten die Mainzer zuvor doch keine echte Chance“, erklärt der Publikumsliebling. „Aber wir haben halt trotzdem die Ruhe bewahrt, sind danach nicht blindlings nach vorne gerannt.“

Und dafür sind die Hausherren eben noch vor dem Halbzeitpfiff belohnt worden: Winter-Neuzugang Ja-Cheol Koo höchstpersönlich nahm aus rund 18 Metern Maß und nagelte die Kugel volley in die Maschen (43.) – ein echtes Traumtor. „Das 0:1 fiel aus dem Nichts, das 1:1 fiel aus dem Nichts – und dass Letzteres noch vor dem Seitenwechsel fiel, war wohl der Knackpunkt in dieser Partie“, analysiert Chefcoach Luhukay.

Durchgang zwei wurde dann endgültig zu einer Demonstration Augsburger Entschlossenheit, zu einer Demonstration unbedingten Siegeswillens – im Einklang mit sensationeller Unterstützung durch das eigene Publikum. „So, wie uns unsere Anhänger nach vorne peitschten, war’s in diesem Spiel sogar egal, dass wir zwischenzeitlich mit 0:1 hinten lagen“, sagt Mittelfeldchef Daniel Baier. Luhukay sieht’s ähnlich: „Dieser Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft ist einfach großartig. So ist das Unerwartete am Ende vielleicht doch zu erreichen.“ Erst recht, wenn sich Elemente der Trainingsarbeit so gut in den Wettkampf umsetzen lassen wie jetzt am Samstag: Freistoßflanke Bellinghausen, Kopfball Sebastian Langkamp („Wenn ich den nicht reingemacht hätte, dann hätte ich mich selbst ausgewechselt.“) – schon war in der 51. Minute der 2:1-Siegtreffer perfekt. „Das war genau so gewollt, und den hat der Langkamp ja auch richtig gut reingeschädelt“, berichtet Vorlagengeber Bellinghausen – um sofort auf das große Ganze zu blicken: „Es bleibt eng, es sind immer noch acht Spieltage, und rein theoretisch sollten wir an jedem davon auch etwas holen. Aber durch den Sieg nun haben wir immerhin den jüngsten Punktgewinn gegen Borussia Dortmund vergoldet.“

Und so ganz nebenbei holten die Schwaben damit auch den FSV Mainz 05 wieder in den tiefen Abstiegssumpf zurück – was Thomas Tuchel sichtlich genervt zur Kenntnis nimmt. „Mir ist es völlig wurscht, ob die Mannschaften vor oder hinter uns gewinnen. Bei uns gibt es kein großes Zittern.“ Ja, im Chefcoach der Rheinhessen scheint es zu brodeln. „Für die Leistung, die wir hier in Augsburg zeigten, bekommen wir in keinem Bundesligastadion etwas. Die ersten 20 Minuten nach der Halbzeitpause waren sogar unsere schlechtesten in der gesamten Saison“, lautet sein Hauptvorwurf.

Immerhin: Tuchel zeigt sich bei dem Verein, für den er zwischen 2005 und 2008 im Nachwuchsbereich gearbeitet hatte, als guter Verlierer. „Der FCA hat völlig verdient gewonnen, Glückwunsch hierzu“, sagt der gebürtige Krumbacher. Der Mainzer Goalgetter Mohamed Zidan, der zuvor in jedem Bundesligaspiel seit seiner Rückkehr in der Winterpause eingenetzt hatte und diesmal erstmals leer ausging, nahm’s mit der Fairness nicht ganz so genau – was ihm jetzt jede Menge Ärger einbringen könnte. So ist ein Tritt von ihm mit dem Knie in den Unterleib von Matthias Ostrzolek (90.+1), das Ganze fernab des Spielgeschehens, durchaus in Fernsehbildern zu erahnen. Die Konsequenz daraus: Der DFB-Kontrollausschuss dürfte nun Ermittlungen aufnehmen. Dem Ägypter droht dadurch eine mehrwöchige Sperre.