München
Gerade noch rechtzeitig

1860 München wendet Insolvenz ab und startet heute Abend in die Regionalliga-Saison

12.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:48 Uhr

München (DK) Gerade noch rechtzeitig schafft es der TSV 1860 München, die Insolvenz abzuwenden und somit auch den Arena-Auszug perfekt zu machen. Es herrscht ein Stück mehr Gewissheit. Sportlich ist das Team von Daniel Bierofka vor dem Auftakt in Memmingen dagegen schwer einzuschätzen.

Wäre der TSV 1860 München ein ganz "normaler" Verein, hätte es vor dem ersten Regionalliga-Spiel heute Abend (19 Uhr, Sport 1) in Memmingen ein paar schöne Geschichten über ihn und seine Spieler zu erzählen gegeben. Zum Beispiel die über den gebürtigen Memminger Timo Gebhart, der sich einst beim FCM für die Münchner empfahl, ehe er von dort aus loszog, um nach vier sportlichen Stationen und noch mehr außersportlichen Eskapaden wieder zurückzukehren. Heute Abend tritt der 28-Jährige mit den Sechzigern in seinem einstigen "Wohnzimmer" an. Da bei den Löwen aber nun selten einmal etwas normal läuft, sind es andere Geschichten als Gebharts emotionale Heimkehr, die es vor dem Auftakt zu erzählen gibt.

Eine davon hatte in der Nacht auf Mittwoch gerade noch einmal ein gutes Ende gefunden. Mit einem einfachen "Yes" via WhatsApp-Nachricht soll Investor Hasan Ismaik die Stundung des bis zum Sommer 2018 gewährten Acht-Millionen-Darlehens bestätigt haben, was - nach Ismaiks Unterschrift - keine geringere Auswirkung hat, als dass der Verein vor der drohenden Insolvenz bewahrt wird. "Ein Meilenstein" der Vereinsgeschichte sei die vorläufige finanzielle Rettung, erklärte Markus Fauser in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz gestern Nachmittag. Bis zuletzt hatte der Geschäftsführer mit beiden Gesellschaftern der KGaA verhandelt, um die Zahlungsunfähigkeit und einen Neun-Punkte-Abzug in der heute beginnenden Regionalliga-Saison zu verhindern. Am Ende siegte wohl auch bei Ismaik die Vernunft. Gerade noch rechtzeitig. "Wir waren nah an einer Insolvenz. Mit der Unterstützung aller Beteiligten haben wir es aber geschafft. Wir haben eine Lösung gefunden, wie wir uns aus eigener Kraft sanieren können, aber auch unter Unterstützung von frischen Mitteln", erklärte Fauser.

Eine noch zu schließende Lücke füllt der Hauptsponsor "Die Bayerische", der damit auch weiter an Bord ist, durch eine Brückenfinanzierung von rund zwei Millionen Euro. "Wir alle wünschen uns, dass man jetzt die Herausforderungen anpackt", sagte deren Vorsitzender Martin Gräfer gestern. Dafür seien strukturelle Veränderungen nötig. Eine davon ist die Maßnahme, dass mit Thomas Heigl ein Vertreter des Hauptsponsors ab sofort in den Aufsichtsrat der KGaA rückt.

Klarheit herrscht auch in einem weiteren Punkt: Die nicht unumstrittene Rückkehr ins Grünwalder Stadion ist seit gestern perfekt, der eigentlich bis 2025 laufende Mietvertrag mit dem FC Bayern wurde einvernehmlich für beendet erklärt. Aus Löwen-Sicht für immer. "Mit dem Auszug gibt es keine Rückkehr mehr. In diesem Stadion spielt bis in alle Ewigkeit nur noch der FC Bayern - und manchmal natürlich noch die deutsche Nationalmannschaft", stellte Bayern-Vorstand Karlheinz Rummenigge gestern in einem Interview mit dem "Münchner Merkur" klar. Sollte der Regionalligist also frühestens 2019 in die Zweite Liga zurückkehren, bleiben nur der Neubau eines eigenen Stadions, der Ausbau des Grünwalder Stadions oder eine Rückkehr ins Olympiastadion. Das erste Heimspiel in Giesing findet am 21. Juli gegen Burghausen statt.

Im besten Fall möchten die Löwen dann schon die ersten drei Punkte auf ihrem Regionalliga-Konto haben. "Ziel ist es, die Meisterschaft zu erreichen und aufzusteigen", sagte Fauser. Trainer Daniel Bierofka, der die mit erfahrenen Profis verstärkte U 21-Mannschaft auf die neuen Bedingungen - volle Stadien, riesiges Interesse, größerer Druck - vorbereiten muss, ist da noch ein Stück weit vorsichtiger. "Man muss es realistisch sehen: Wenn wir in Memmingen gewinnen, heißt es nicht, dass wir um den Aufstieg spielen. Wenn wir verlieren nicht, dass wir um den Abstieg spielen. Es ist das erste von 36 Spielen", meinte der Trainer. Wichtig sei es, dass sich die Mannschaft mit 1860 identifiziert. "Das hat im letzten halben Jahr gefehlt", sagte Bierofka. Die erfahrene Achse Jan Mauersberger, Timo Gebhart und Sascha Mölders soll auch in dieser Hinsicht vorangehen.

"Ich werde laufen, bis ich nicht mehr kann", sagt Gebhart, der nach wie vor in Memmingen wohnt, vor seinem ganz persönlichen Heimspiel. Und natürlich möchte er heute Abend vor allem dazu beitragen, dass in Zukunft wieder viele schöne Geschichten über ihn und seine Teamkollegen erzählt werden.