Nürnberg
Kritische Töne

Club-Coach Michael Köllner ärgert sich über das vermeidbare zweite Gegentor und Torhüter Thorsten Kirschbaum

07.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr

Nürnberg (DK) In Zeiten mediengeschulter junger Vollprofis ist es zur Seltenheit geworden, dass Fußballspieler kurz nach dem Schlusspfiff wirklich Überraschendes kundtun. Dem Nürnberger Kevin Möhwald ist dieses Kunststück am Montagabend nach der knappen 1:2 (1:1)-Heimniederlage des Club gegen den FC Ingolstadt allerdings geglückt: "Das war heute von vorne bis hinten gar nichts.

Wir waren zu passiv und haben keine Zweikämpfe gewonnen, das geht gar nicht. Wir müssen endlich wieder zeigen, wer zu Hause spielt, das ist uns schon gegen Dresden nicht gelungen und heute auch nicht", sagte der 24-Jährige und verschwand. Gegen Dresden hatte der Club wohlgemerkt noch mit 2:1 gewonnen.

Überraschend kam Möhwalds Rundumschlag nach dem Derby vor allem deshalb, weil er nicht stimmte. Das Nürnberger Offensivspiel kam zwar gegen die Schanzer nur selten richtig ins Rollen, ein Grund, gleich das große Ganze infrage zu stellen, war die gezeigte Leistung allerdings nicht. Immerhin war mit dem FCI keine Laufkundschaft zu Gast, sondern die aktuell wohl formstärkste Mannschaft der zweiten Liga, die sich mehr und mehr zu einem ernst zunehmenden Aufstiegskandidaten entwickelt. Dementsprechend sah sich auch FCN-Trainer Michael Köllner dazu verpflichtet, Möhwalds Fundamentalkritik ein wenig zu relativieren. "Wir haben es über weite Strecken ganz ordentlich gemacht. Kevin ist eben ein eher kritischer Zeitgenosse", erklärte der Coach.

In der Tat agierten Köllners Spieler mit den Ingolstädtern auf Augenhöhe. "Es war ein intensives Spiel, wir haben wenig zugelassen, auch wenn der Gegner viel Ballbesitz hatte", analysierte der 47-Jährige. Der Club-Trainer sah im zweiten Durchgang "ein klassisches Spiel, das mit einem 1:1 endet". Und mit etwas Glück wäre in der Schlussphase sogar ein schmeichelhafter Heimsieg möglich gewesen. Denn in der spielentscheidenden 80. Minute war es zunächst der zuletzt so treffsichere Nürnberger Stürmer Mikael Ishak, der das 2:1 für die Gastgeber auf dem Fuß hatte, aber an Ingolstadts Torwart Örjan Nyland scheiterte. Nur Sekunden später stand dann der Nürnberger Schlussmann Thorsten Kirschbaum im Fokus, der mit seinem folgenschweren Aussetzer die Schanzer auf die Siegerstraße brachte. Erst legte er sich einen Rückpass von Tim Leibold im Strafraum viel zu weit vor, um dann beim Versuch, die Situation noch zu retten, FCI-Stürmer Dario Lezcano niederzugrätschen. Es war nicht die erste Szene, in der der FCN-Schlussmann technische Unzulänglichkeiten mit dem Ball am Fuß erkennen ließ.

Dementsprechend hart ging auch der aufgrund der Entstehung der Niederlage erkennbar angefressene Köllner mit seinem Torwart ins Gericht. "Gegentore resultieren in der Regel nun einmal aus individuellen Fehlern. Dass es in diesem Fall so ein krasser war, ist bitter. Das hätten wir uns auch nicht vorstellen können", machte der Coach deutlich. Dass Lezcanos Strafstoß-Ausführung unzulässig war, weil er beim Anlauf stehen blieb, wollte Köllner aber auch nicht unkommentiert lassen: "Da hätte der Schiedsrichter eingreifen müssen."

Die selbstkritisch-bissigen Töne aus Nürnberg sind ein weiterer Beleg dafür, dass sich das Selbstverständnis des Club zuletzt spürbar gewandelt hat. Noch vor Wochen hätte Köllner sein Team bei einer knappen Niederlage gegen einen starken Gegner in Schutz genommen, nach der zweiten Pleite in Folge sprach er dagegen von technischen Fehlern und zu vielen einfachen Ballverlusten. Und machte deutlich: "Wir müssen schnell wieder punkten, um bis zum Winter in eine möglichst gute Position zu kommen." Was der Coach damit zum Ausdruck brachte: Die aktuelle Position - Rang vier mit drei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz - wird dieser Tage in Nürnberg nicht mehr als "gut" empfunden.