Marbella
Der lange Weg zurück

"FC-04-Terrier" Almog Cohen kämpft nach einem Schienbeinbruch um sein Comeback

23.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

 

Marbella (DK) Der „Gattuso von Israel“ ist in diesen Tagen auffallend vorsichtig. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hat Almog Cohen, dem Mittelfeldspieler des FC Ingolstadt, diesen Beinamen zu Beginn seiner Karriere verliehen.

In Anlehnung an das italienische Rauhbein, Gennaro Gattuso, Weltmeister im Jahr 2006. „Matthäus war mein Trainer bei Maccabi Netanya und hat das mal vor der Presse gesagt. Seitdem werde ich so genannt“, erinnert sich der heute 26-Jährige. Später folgte noch der Vergleich mit Bayern-Mittelfeldmann Jens Jeremies, auch so ein aggressiver Abräumer. Wenn Cohen fit ist, kann er so spielen. Doch davon ist er derzeit weit entfernt. Nach einem Schienbeinbruch im Sommer arbeitet der achtfache Nationalspieler Israels an seinem Comeback.

In der Sommervorbereitung ist es passiert. „Ein Sch...tag“ sei es gewesen, erinnert sich Cohen an den 15. Juli. Beim Testspiel gegen RB Salzburg wurde er attackiert, als es plötzlich krachte. „Ich habe das Tackling gespürt, danach weiß ich nicht mehr viel. Die Schmerzen waren einfach zu groß“, erzählt er beim Gesprächstermin in der Bibliothek des Mannschaftshotels in Marbella.

In der Vorsaison noch Stammspieler beim FC Ingolstadt, konnte er fortan nur noch zuschauen, wie sein Klub plötzlich durch die Zweite Liga rauschte. „Ich war aber nie allein. Die Teamkollegen haben mir Videos geschickt, ich hatte immer Kontakt zum Trainer, der mir Mut zugesprochen hat. Das war super“, sagt Cohen. Doch der Weg zurück ins Team ist lang.

Erst seit dem Start der Wintervorbereitung, nach sechs Monaten Pause, kann er wieder voll mit der Mannschaft trainieren. „Er ist ehrgeizig, das merkt man, aber er hat immer noch Schmerzen“, sagt Ralph Hasenhüttl. Der Chefcoach will Cohen behutsam aufbauen, setzt ihn in den Testspielen während des Trainingslagers aber immer wieder einige Minuten ein. „Er braucht das, um fit zu werden“, sagt Hasenhüttl. Wann das so weit sein wird, ist aber offen.

„Ich mache mir in Bezug auf meine Position keinen Stress. Vielleicht bin ich Mitte Februar fit, vielleicht auch etwas später. Die Hauptsache ist, dass ich wieder dabei bin“, sagt Cohen. Früher oft ungeduldiger Heißsporn, gibt sich der Familienvater im Trainingslager erstaunlich zurückhaltend. „Ich werde den guten Teamgeist nicht gefährden. Notfalls helfe ich den Jungs von der Bank aus.“

Die Rückendeckung des Trainers hat er. „Almog ist ein Siegertyp, den wir sehr gut gebrauchen können. Er bekommt alle Zeit der Welt, um sich die nötige Fitness zu holen und zurückzukehren“, sagt der 47-Jährige. Da Roger im defensiven Mittelfeld in der Hinserie einen guten Job gemacht hat, ist der Druck für Cohen tatsächlich nicht so groß.

Schritt für Schritt will sich der ehemalige Nürnberger (58 Bundesligaspiele) herantasten. Wie gut es ihm tut, wieder im Kreis der Mannschaft zu sein, merkt man ihm in Marbella an. Und für den einen oder anderen Spaß ist er auch zu haben. So ließ er sich von „Teamfriseur“ Benjamin Hübner (der stutzte zuvor auch schon Pascal Groß die Haare) auf dem Zimmer die blonde Irokesenmähne abrasieren. „Meine Mutter hat gesagt, dass es nicht gut aussieht“, sagt Cohen und streicht sich über die verbliebenen Stoppeln. „Jetzt fühle ich mich noch frischer.“

Auch sein besonderer Speiseplan ist kein Problem. „Ich esse koscher. Deshalb muss ich hier ein bisschen gucken, kann aber den Fisch, die Nudeln und den Salat essen“, sagt Cohen.

Wichtiger als das Essen ist ohnehin sein sportliches Ziel mit dem FC Ingolstadt. „Wir haben alle den gleichen Traum“, sagt er, schließlich kann in der Rückserie mit dem FC Ingolstadt der Bundesligaaufstieg gelingen. Wie viel Anteil er nach seiner schweren Verletzung daran haben wird, weiß er noch nicht. Ein kleines bisschen würde dem Mittelfeldabräumer nach seiner Vorgeschichte aber schon reichen. „Wenn ich nur eine Minute spielen kann, versprochen, werde ich zehn Sprints machen, um dem Team zu helfen.“ Dafür arbeitet er.