Längenfeld
"Man muss einen zweiten Plan haben"

FCI-Trainer Kauczinski über die neue Taktik, das Schanzer Team und seinen persönlichen Werdegang

05.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:27 Uhr

Foto: DK

Längenfeld/Raubling (DK) Ohne den erhofften ersten Sieg ist am Freitag das Trainingslager des FC Ingolstadt in Österreich zu Ende gegangen. Das Testspiel in Raubling gegen den FC Al-Ain musste aufgrund der heftigen Regenfälle abgesagt werden. Dennoch zog der neue FCI-Trainer Markus Kauczinski im Interview mit unserer Zeitung zufrieden Bilanz.

Herr Kauczinski, neun Tage Trainingslager, intensive Arbeit und zwei weitere Testspielniederlagen liegen hinter Ihnen. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Markus Kauczinski: Es ist natürlich schade, dass das Testspiel gegen Al-Ain nicht stattfinden konnte. Da hätte ich meine Jungs schon noch gerne gesehen. Aber auch so waren für mich in dieser Woche die Fortschritte erkennbar. Die Jungs haben echt gut mitgezogen, da bin ich voll und ganz zufrieden. Von den Ergebnissen in den Testspielen darf man sich ohnehin nicht blenden lassen, auch wenn man gewinnt.

 

Was fehlt noch bis zum DFB-Pokalspiel in Aue in zwei Wochen?

Kauczinski: Die Konsequenz in beiden Strafräumen. Sowohl beim Verteidigen als auch vor dem Tor. Da müssen wir noch aggressiver und zielstrebiger werden. Die Gegentore fallen noch zu leicht, da müssen wir konzentrierter sein. Und wir müssen im Spiel nach vorne an der Präzision arbeiten. Jetzt geht es an den Feinschliff.

 

Unter Ihrem Vorgänger Ralph Hasenhüttl hat der FCI auf Angriffspressing gesetzt. Sie wollen den Spielstil weiterentwickeln und mit mehr Ballbesitz spielen. Kann das diese Mannschaft?

Kauczinski: Man muss das können. Man kommt in Situationen, wo man das Spiel machen muss, wo sich der Gegner hinten reinstellt oder wo man führt und den Gegner bespielen muss. Deswegen finde ich es wichtig, dass man etwas mit dem Ball anfangen kann. Für die Zeit, die wir bisher zur Verfügung hatten, bin ich zufrieden.

 

Aber das Angriffspressing bleibt?

Kauczinski: Ja. Aber ich bin der Meinung, dass man das nicht ganz durchhalten kann. Die Spieler bestätigen das auch. Es gibt Phasen, in denen die Abstände und Lücken zu groß werden. Deshalb muss man einen zweiten Plan haben.

 

Sie spielen aber nach wie vor mit einem 4-3-3-System. Haben Sie auch überlegt, auf zwei Sechserpositionen umzustellen oder mit einer Dreierkette zu spielen?

Kauczinski: Dreierkette jetzt nicht unbedingt, aber ein 4-2-3-1 oder ein 4-4-2 schon. Ich glaube, auch innerhalb eines Spiels muss man umstellen können. Gerade die Zwischenräume sind beim 4-3-3 anfällig. Aber damit werden wir uns erst beschäftigen, wenn das eine komplett sitzt, und das ist noch nicht ganz der Fall.

 

Haben Sie bereits einzelne Spieler überrascht?

Kauczinski: Insgesamt schon, aber es ist nicht so, dass ein Spieler bereits jetzt gesetzt ist. Der Kader ist auch noch nicht komplett. Jetzt ist Anthony Jung dazugekommen, und wir suchen noch für die Innenverteidigung und die rechte Abwehrseite einen Spieler. Auch Robert Bauer und Max Christiansen, die nach dem Olympiaturnier zurückkehren, werden uns noch stärker machen. Ich bin noch nicht an dem Punkt, an dem ich bereits neun Spieler für die Startelf im Kopf habe. Es ist auf vielen Positionen ganz eng.

 

In der Offensive sehen Sie sich gut aufgestellt?

Kauczinski: Wir haben mit Dario Lezcano, Lukas Hinterseer und Moritz Hartmann drei Stürmer, die im Zentrum spielen können. Alle drei sind unterschiedlich, auch auf Außen sind wir gut besetzt.

 

Lezcano hat aber immer wieder pausiert.

Kauczinski: Es zieht sich so hin. Es sind am rechten Oberschenkel zwei Stränge, die immer wieder zugehen. Er ist nicht wirklich verletzt, aber wir wollen kein Risiko eingehen. Wir warten jetzt bis Montag, dann müsste das ausgestanden sein. Wir arbeiten an der Ausdauer, damit er widerstandsfähiger wird.

 

Was erwarten Sie von Anthony Jung?

Kauczinski: Er ist ein junger, deutscher Spieler, der das beste Alter noch vor sich hat. Er hat in Leipzig ein ähnliches Pressing gespielt wie wir und er hat am Ball Stärken. Deshalb passt das Gesamtpaket sehr gut.

 

Wenn man die Neuzugänge betrachtet, hat keiner wirklich Bundesliga-Erfahrung. Ist das Ihr Weg, den Sie und der Verein gehen wollen?

Kauczinski: Teils, teils. Wir wollen natürlich mit jungen Spielern arbeiten, aber es ist auch eine Frage der Finanzen. Spieler mit mehr Erfahrung können wir uns nicht leisten. Aber ich mag diesen Weg. Man muss manchmal Geduld haben und bei diesem Aufbau mit Fehlern leben können. Man merkt beispielsweise bei Robert Leipertz oder Hauke Wahl, dass sie sich körperlich noch entwickeln müssen. Das sieht man immer wieder bei einigen Übungen, dass andere einen Vorsprung haben. Aber man sieht an anderer Stelle deren Talent aufblitzen. Den Rest müssen wir trainieren. Wir sind daher gewissermaßen eine Ausbildungsmannschaft.

 

Was überzeugt Sie an Ihrer Mannschaft?

Kauczinski: Das ist der Spirit, mit dem die Jungs rangehen. Sie sind topfit und können marschieren. Es ist noch nicht alles perfekt und in der Balance, aber sie kämpfen um jeden Meter, sind aggressiv, und ich glaube auch, dass wir Torgefahr entwickeln können. Das war in der Vorbereitung noch zu wenig, aber ich glaube, dass wir das auf den letzten Metern noch hinkriegen.

 

Sie waren 15 Jahre in Karlsruhe und lange Zeit im Nachwuchsbereich tätig. Ist Ihnen die Umstellung auf den FCI schwergefallen?

Kauczinski: Nein, gar nicht. Der Job ist der gleiche wie vorher. Ich hatte eh immer Wechsel. In der Jugend bei den einzelnen Jahrgängen sowieso. Und bei den Profis war auch immer eine andere Idee dahinter. Wir haben beim KSC in der 3. Liga Ballbesitz gespielt, sind aufgestiegen und haben danach auf Konter gespielt. In dem Jahr, als wir in der zweiten Liga Platz drei erreichten und in der Relegation gegen den HSV fast aufgestiegen wären, hatten wir am meisten Ballbesitz, weil ich das Gefühl hatte, wenn man hoch will, muss man den Ball beherrschen. In der folgenden Saison habe ich dann wieder etwas verändert, weil ich gemerkt habe, dass wir so nicht erfolgreich sind. Ich bin da völlig offen. Man muss Dinge entwickeln können. Was können wir? Was ist die Stärke der Mannschaft? Was passt zu ihr? Ich quetsche niemanden in ein vorgegebenes Schema, sondern habe immer Dinge angepasst an das, was die Mannschaft so kann. Deswegen ändert sich für mich nichts. Für mich ist immer jedes Jahr neu.

 

Merken Sie schon, dass Sie in der Bundesliga sind?

Kauczinski: Nein, das merkt man erst an den Wettkämpfen. Der ist noch schärfer, mit noch mehr Tempo und Härte, die Qualität der einzelnen Spieler ist noch ausgeprägter. Jeder hat etwas Besonderes, das macht den Unterschied. Im Team hat man bessere Leute an seiner Seite. Die Qualität des Kaders ist besser, aber die Gegner sind es auch.

 

Sie sind neu in der Bundesliga und als Trainer einen ungewöhnlichen Weg gegangen, um dahin zu kommen. Was befähigt Sie für diesen Job?

Kauczinski: Erst einmal habe ich gezeigt, dass meine Mannschaften immer Erfolg hatten. Obwohl Erfolg relativ ist. Der Aufstieg mit dem KSC in die 2. Bundesliga, Platz drei, fünf und sieben. Angesichts des Etats, den wir hatten, haben wir jedes Problem gemeistert. Und wenn wir mal zwei Spiele verloren hatten, haben wir das dritte gewonnen. Das heißt, es ist nie zu einer richtigen Krise gekommen. Wir haben immer eine Mannschaft entwickeln können - und das schon im Jugendbereich. Das ist meiner Meinung nach schon eine Fähigkeit, dass man immer einen Schritt weiter gehen kann.

 

Gehen Sie nach dem Motto heran: "Ich schaffe das!"?

Kauczinski: Warum sollte ich zweifeln? Meine Vergangenheit hat mir gezeigt, dass man jedes Problem lösen kann. Dass auch in einer Niederlage etwas Gutes steckt. Ich habe keinen Grund, etwas anderes zu denken.

 

Trotzdem sind Sie bei einem Verein, der sehr jung ist und im Vergleich zur Konkurrenz nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, wenn man den Kader ansieht. Ist das eine Mammutaufgabe?

Kauczinski: Nein, gar nicht. Das ist eine schöne Aufgabe. Mammut hört sich unlösbar an. Als Team ist alles möglich. Ich bin überzeugt, dass die Qualität unseres Kaders absolut konkurrenzfähig ist. Man hat vielleicht nicht die Dichte, aber wir haben eine gute Qualität. Wir haben Spieler, die schnell sind, die Spiele entscheiden können. Wir haben eine gute Mischung aus Jung und Alt und müssen uns nicht verstecken.

 

Das Interview führte

Gottfried Sterner.