Ingolstadt
Mit dem zwölften Mann

Nach dem 0:0 gegen Fürth freut sich der FC Ingolstadt am meisten über die Reaktionen der Fans

08.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:50 Uhr

Rettungstat im letzten Moment: Nachdem Ingolstadts Torwart Ramazan Özcan (rechts) den Elfmeter von Nikola Djurdjic (Mitte) pariert hat, kann FC-Verteidiger Konstantin Engel (links) den Abpraller endgültig aus der Gefahrenzone schlagen - Foto: Schönberger

Ingolstadt (DK) Ralph Hasenhüttl wollte gar nicht hinschauen. „Ich hab nur zu den Fans hochgeguckt und gedacht: Bitte jubelt, bitte jubelt!“ Dann reißen die Ingolstädter Anhänger tatsächlich die Arme hoch, schließlich hat Torhüter Ramazan Özcan gerade den Elfmeter des Fürthers Nikola Djurdjic pariert.

Doch als sich der Ingolstädter Trainer umdreht, sieht er seine Spieler immer noch in höchster Not. "Rambo ruderte mit den Armen, unglaublich, wie er auch noch den Nachschuss abgewehrt hat", sagt Hasenhüttl mit fassungslosem Kopfschütteln. Bange Momente vergehen, bis Verteidiger Konstantin Engel mit seinem Befreiungsschlag endgültig die spannendste Szene des Derbys klären kann. Hasenhüttl kann aufatmen, und sein Team erreicht gegen den Aufstiegskandidaten schließlich ein 0:0. Auf den ersten Blick vielleicht ein fades Ergebnis; langweilig aber war dieses Spiel beileibe nicht.

Die Ingolstädter Anhänger sahen dies genauso, feierten das Team nach 90 temporeichen Minuten mit stehenden Ovationen und bedankten sich damit für einen Fußballabend, wie man ihn im Sportpark schon lange nicht mehr erlebt hatte.

Elfmeter-König Özcan („Ich bin nicht der Held, die Mannschaft ist der Held“) wollte dementsprechend nachher auch gar nicht so lange über seine eigene Leistung sprechen. „Das 0:0 ist okay. Aber wir haben es geschafft, die Leute hinter uns zu bekommen. Das ist toll“, sagte der 29-Jährige. Auch Trainer Hasenhüttl war anschließend milde gestimmt: „Es war ein sehr intensives Spiel, weil sich beide Mannschaften nicht mit dem 0:0 zufriedengegeben haben. Wenn man die Standing Ovations am Ende sieht, muss man sagen, dass wir mit diesem Abend absolut leben können.“

Dabei hatten die Ingolstädter – lässt man die von Roger an Thomas Pledl verschuldete Elfmeter-Situation (78.) außen vor – durchaus Grund, sich über zwei verpasste Punkte zu ärgern. „Es war schon bei St. Pauli oder gegen Frankfurt so, dass wir zu wenig aus unseren vielen Chancen gemacht haben“, haderte Pascal Groß. Vier gute Möglichkeiten durch Danny da Costa (3.) Philipp Hofmann (5., 10.) und Andre Mijatovic (13.) hatten die stark beginnenden Ingolstädter bereits in der Anfangsphase – ohne Erfolg.

Fürths Trainer Frank Kramer gab zu, dass sein Team „etwas überrascht“ vom Auftritt der Gastgeber gewesen sei, was einem Lob für die Taktik Hasenhüttls gleichkam. Der Ingolstädter Coach hatte im Zentrum vor allem Groß mit allen Freiheiten ausgestattet, sodass die Gäste gerade im Mittelfeld kaum Zugriff auf das Spiel hatten und sich erstaunlich viele Fehler im Aufbauspiel leisteten.

Auf der Außenbahn hatte Hasenhüttl zudem mit dem Ex-Fürther Stefan Lex für „mehr Speed“ sorgen wollen, was sich rund eine Stunde lang ebenfalls als guter Schachzug erwies. Lex, im ersten Durchgang zweimal als Vorbereiter unterwegs, hätte sogar zum Derbyheld werden können, setzte seinen Kopfball aus drei Metern Torentfernung aber neben den Kasten (49.). „Das war einstudiert“, verriet Hasenhüttl. „Ich habe lange überlegt, wen ich beim Standard an den langen Pfosten schicke. Auch wenn der Ball Drall hatte, die Chance muss Stefan eigentlich nutzen.“

Angesichts der zahlreichen vergebenen Chancen konnten die Ingolstädter von Glück sagen, dass sie nach dem (übrigens unstrittigen) Elfmeterpfiff durch die Paraden von Özcan nicht noch in Rückstand geraten waren. „Ich bin froh, dass ich der Mannschaft noch den Punkt gerettet habe“, erklärte der Torwart, der sich zudem über eine Bestmarke freuen konnte. Über vier Spiele, genauer gesagt seit 421 Minuten, sind die Ingolstädter nämlich nun schon ohne Gegentor – so lange wie noch nie in der zweiten Liga. Auch wenn vorne kein Tor gelingt, kann man sich beim FC 04 also wenigstens auf die Defensive verlassen.

36 Punkte haben sich die Ingolstädter auf diese Weise erspielt. Acht Zähler beträgt der Abstand zu Relegationsplatz 16, weshalb die Angst um den Ligaverbleib nahezu verflogen ist. „Rechnerisch ist natürlich alles möglich. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir nicht mehr absteigen, weil wir inzwischen als Mannschaft einfach zu stabil auftreten“, sagt Groß. „Ein paar Pünktchen brauchen wir noch“, mahnt Hasenhüttl und fordert: „Am Freitag gegen Paderborn müssen wir wieder ein so leidenschaftliches Heimspiel abliefern.“