Ingolstadt
"Wir wurden wiederholt benachteiligt"

Nach dem Handtor: FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner fordert mehr Respekt für kleine Klubs

27.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Sorgte für aufgeregte Diskussionen: Der Gladbacher Lars Stindl (links) bugsiert den Ball im Spiel beim FC Ingolstadt mit dem rechten Unterarm ins Tor der Gastgeber. Das 1:0 war die Vorentscheidung, die Gäste gewannen mit 2:0. - Fotos: Imago, Bösl

Ingolstadt (DK) Die Unterstützung von höchster Stelle wird dem FC Ingolstadt guttun. Aus Sicht von DFB-Schiedsrichterboss Lutz-Michael Fröhlich hätte das Handtor von Lars Stindl beim 0:2 gegen Borussia Mönchengladbach nicht zählen dürfen. FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner (Foto) mahnt dennoch: "Irgendwann verkraften wir solche Fehlentscheidungen nicht mehr."

Am Tag nach dem Spiel sollten die sachlichen Argumente dominieren. Gärtner, Geschäftsführer Sport des FC Ingolstadt und für seine mitunter sehr emotionalen Reaktionen bekannt, wollte trotz des aus Sicht der Schanzer sehr ärgerlichen Spielverlaufes gestern kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen. "Nach dem 34. Spieltag sollten wir ausschließlich über sportliche Dinge reden, wenn es darum geht, ob wir den Klassenerhalt geschafft haben oder nicht", erklärte der 48-Jährige gestern im Gespräch mit unserer Zeitung und bat zugleich um Verständnis. "Wir kämpfen um den Klassenerhalt und brauchen jeden Punkt. Nach 22 Spielen habe ich den Eindruck, dass wir wiederholt benachteiligt wurden. Deshalb mahne ich mit Nachdruck an, dass wir in kritischen Situationen fair und korrekt behandelt werden und uns als kleinerem Klub auch der nötige Respekt entgegengebracht wird."

Grund für die Aufregung war das Führungstor der Gladbacher, das "uns auf die Verliererstrasse gebracht hat", wie Gärtner feststellt. Nach einem Eckball von Oscar Wendt hatte Stindl den im Flug noch von FCI-Kapitän Marvin Matip abgefälschten Ball mit dem Unterarm ins Ingolstädter Tor bugsiert. Schiedsrichter Christian Dingert (Lebecksmühle) hatte dabei keine Absicht erkannt und den Treffer gegeben. Eine Entscheidung, die von einigen Beobachtern nachvollzogen werden konnte, von der Mehrzahl der Betrachter aber kritisch gesehen wurde.

Fröhlich, Vorsitzender der Schiedsrichterkommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), legte sich gestern in einem auf der Internetseite des Verbandes veröffentlichten Interviews fest. Demnach hätte das umstrittene Tor nicht zählen dürfen. In der Aktion sei "eine aktive Bewegung mit dem Arm zum Ball erkennbar", wie Fröhlich erklärt. Daher bleibe "nur die Erkenntnis, dass es sich um ein regeltechnisch absichtliches und somit strafbares Handspiel handelt". Nach seiner Bewertung war das 1:0 der Gladbacher somit irregulär. Am 0:2-Endergebnis ändert das zwar nichts, aber immerhin landet der FCI auf diesem Weg einen moralischen Sieg.

Diskutiert wurde zudem, warum Schiedsrichter Dingert den Torschützen nach dem Treffer nicht zur Rede stellte. "Wenn sechs oder sieben Spieler protestieren, Stindl selbst kaum jubelt, darf man fragen, weshalb der Schiedsrichter diese Möglichkeit nicht nutzt", ärgert sich Gärtner. Fröhlich relativiert: "Selbst wenn der Spieler zugegeben hätte, dass der Ball seine Hand berührt hätte, bliebe regeltechnisch immer noch die Frage der Absicht offen." Erst die Betrachtung der TV-Bilder hätte hier geholfen. Es sei "absolut nachvollziehbar, dass ihm (Dingert, Anmerk. d. Red.) eine andere Perspektive, eine andere Bewertung eröffnet hätte", sagt Fröhlich. Der Videoassistent, für die kommende Saison bereits in den Startlöchern, hätte hier Aufklärung geben können.

All dies hilft dem FC Ingolstadt im Abstiegskampf der Bundesliga wenig. Bei etwas günstigeren Schiedsrichterentscheidungen könnte der FCI vier bis sechs Punkte mehr auf dem Konto haben, glaubt Gärtner, will sich zu den fraglichen Szenen aber nicht im Detail äußern. "Wir suchen keine Ausreden und wollen auch nicht jammern", stellt er klar. Gemeint sein dürften aber zum Beispiel die Abseitsgegentore in Köln oder die lange Nachspielzeit auf Schalke, während der der FCI das entscheidende 0:1 kassierte. Allerdings hatten die Ingolstädter auch schon Glück in dieser Saison. So resultierte der Führungstreffer in Frankfurt zum Beispiel aus einem falsch gegebenen Eckball, in Darmstadt verlegte der Schiedsrichter ein Foul von Marcel Tisserand an Laszlo Kleinheisler irrtümlich vor den Strafraum.

Nach dem Sonntagsspiel hatte Gärtner im Übrigen noch das Gespräch mit Dingert gesucht. "Wir haben die Argumente ausgetauscht", erklärte der Geschäftsführer dazu und widersprach dem Vorwurf seiner Spieler, wonach der Schiedsrichter arrogant aufgetreten sein soll. Sein Bemühen, Sachlichkeit einkehren zu lassen, war auch hier unverkennbar. Angesichts von bisher erst zwei Heimsiegen und lediglich 19 Toren in 22 Spielen (davon nur sieben aus dem Spiel heraus) ergeben sich auf der sportlichen Ebene ohnehin genug andere Baustellen.

Ab sofort soll der Blick laut Gärtner dann auch wieder nach vorne gehen. "Wir haben noch zwölf Spiele. Die Moral der Mannschaft ist weiter intakt. Jetzt heißt es, weiterhin Vollgas geben und den Fokus wieder neu auf Hoffenheim richten", sagt er kämpferisch. Ab 15.30 Uhr soll es dort am Samstag wieder um Punkte gehen - und weniger um Schiedsrichterentscheidungen.