Der Umstrittene muss gehen

09.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr
Jiri Ehrenberger −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) Der ERC Ingolstadt hat die ersten Konsequenzen nach der erneut enttäuschenden Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gezogen und sich nach Informationen unserer Zeitung von Sportdirektor Jiri Ehrenberger getrennt. Ein Nachfolger für den 61-Jährigen ist noch nicht in Sicht. Die Trennung soll in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt sein.

Die Demission des Deutsch-Tschechen hatte sich bereits in den vergangenen Tagen abgezeichnet, nachdem die Panther wie schon im Vorjahr das erklärte Saisonziel verpasst hatten und in den Pre-Play-offs an den Fischtown Pinguins Bremerhaven gescheitert waren. Am Freitag gab der Verein die Trennung auch offiziell bekannt. Ehrenberger wurden vor allem seine verfehlte Kaderplanung und ungenügende Außendarstellung zum Verhängnis. „Es liegt mir am Herzen, dass man jungen, deutschen Spielern eine Chance gibt“, hatte Ehrenberger bei seinem Dienstantritt gesagt. Diese Worte beschreiben ganz gut, wie der diplomierte Eishockeytrainer tickt und warum sich die Ingolstädter für ihn vor rund drei Jahren als Nachfolger des zurückgetretenen Jim Boni entschieden hatten.

Der 61-Jährige gilt als ausgewiesener Fachmann im Nachwuchsbereich. Die Talente Fabio Wagner, Simon Schütz und Christoph Kiefersauer wechselten unter seiner Regie nach Ingolstadt. Auf dem sogenannten „Ingolstädter Weg“, ein langfristig angelegtes Nachwuchskonzept zur Integration junger deutscher Spieler, nahm er eine zentrale Rolle ein. „Das ist Jiris große Stärke“, meinte selbst Ex-Trainer Kurt Kleinendorst, dem nicht gerade das beste Verhältnis zu Ehrenberger nachgesagt wird – und genau darin lag eines seiner Hauptprobleme.

Ein Kommentar zur Trennung von Jiri Ehrenberger von DK-Sportredakteur Julian Schultz

 

Die Kommunikation – nach innen und außen – zählte zu den größten Schwächen Ehrenbergers. Er war kein Lautsprecher wie Boni, mied weitestgehend den Kontakt zu den Fans und blieb gegenüber Mannschaft und Trainerteam oftmals zu blass. Vor allem die ausländischen Profis in Reihen der Panther sollen Ehrenbergers Arbeit dem Vernehmen nach kritisch gegenübergestanden haben.

Viel mehr ins Gewicht fielen aber die teils unverständlichen Personalentscheidungen, die es unter seiner Ägide immer wieder gab. Nach den beiden erfolgreichsten Jahren der Vereinsgeschichte mit der Meisterschaft 2014 und Vizemeisterschaft 2015 fiel der personelle Umbruch unnötig groß aus. Bei Neuzugängen – vor allem von Kontingentspielern – bewies er zudem nicht das glücklichste Händchen, wobei ihm mit der Verpflichtung des Vizemeistertrainers Larry Huras auch ein Coup gelungen war. Mit langfristigen und gut dotierten Verträgen und Verlängerungen von Arbeitspapieren beraubte er sich darüber hinaus der Möglichkeit, auf Leistungsschwankungen und Verletzungsprobleme zu reagieren.

Die Folge: Wie schon beim Pre-Play-off-Aus in der vergangenen Saison gegen die Straubing Tigers wirkten die Panther aufgrund ihres über weite Phasen der Saison zu kleinen Kaders auch gegen Liga-Neuling Bremerhaven überspielt. Es zeichnete Trainer Tommy Samuelsson aus, dass er sich darüber öffentlich nie beschwerte, aus Mannschaftskreisen wurde das Abwarten auf dem Transfermarkt aber durchaus auch mit Argwohn beobachtet.

Mit der Entlassung von Ehrenberger, der einen unbefristeten Vertrag besaß, beginnt gleichzeitig auch die Suche nach einem Nachfolger. Und diese – so viel dürfte jetzt schon klar sein – wird keine leichte für die Verantwortlichen um Geschäftsführer Claus Gröbner. Das Anforderungsprofil jedenfalls scheint klar: Der neue Sportdirektor benötigt mehr Charisma, ein großes Netzwerk und sollte auch schon bewiesen haben, dass er der Aufgabe gewachsen ist.

Der ehemalige Hamburger Sportdirektor Stéphane Richer würde zwar die Vorgaben erfüllen, steht seit Kurzem aber als Berliner Co-Trainer hinter der Bande und dürfte zudem nach dem Einstieg seines Jugendkumpels Luc Robitaille als Aufsichtsratschef beim Hauptstadt-Klub schwer loszueisen sein. Neville Rautert, Teammanager und Sportmarketing-Leiter beim ERC, trauen die Aufgabe nach Informationen unserer Zeitung nicht alle im Verein zu.

Vielleicht führt die Spur aber auch nach Straubing. Denn dem Vernehmen nach ist die Zukunft von Trainer Larry Mitchell bei den Tigers noch nicht endgültig geklärt. Und: Der Deutsch-Kanadier bewies bereits bei den Augsburger Panthern ein glückliches Händchen und war bei den Ingolstädtern schon vor seinem Engagement beim Erzrivalen im Gespräch.