Der Schmerz des Kapitäns

14.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:06 Uhr

Bitterer Moment: Chris Herperger (links) jubelt. Glen Goodall hat den Puck an den Schlittschuh bekommen, und von dort rutscht der Puck am fassungslosen Dimitri Pätzold zum 4:4 vorbei. - Foto: Dalfuss

Hannover (DK) Vor knapp zweieinhalb Jahren hat Glen Goodall eine schmerzliche Erfahrung in Hannover gemacht. Nach einem Sturz schnitt ihm die Kufe eines Gegenspielers eine tiefe Wunde ins Gesicht. Das Blut spritze nur so heraus, innerhalb weniger Sekunden hatte sich auf dem Eis eine Blutlache gebildet.

Mit 13 Stichen wurde die Wunde im Krankenhaus genäht, so dass der Panther-Kapitän mit seinen Kollegen die Heimreise im Bus antreten konnte. Selbst hartgesottene Profis mussten beim Anblick Goodalls schlucken. "Er sieht aus wie ein Zombie", sagte Doug Ast damals ohne eine Silbe Humor. Die Wunde ist längst verheilt, die Narbe wird Goodall bleiben. Und ihn immer an seine Zeit als Profi in Ingolstadt erinnern.

Tüchtig angepackt

Am Dienstagabend war der Stürmer wieder einmal nach Hannover zurückgekehrt. Mit 40 Jahren wollte er seinem Team helfen, die Wende zu schaffen im Halbfinalkampf gegen die Scorpions. Obwohl Goodall tüchtig angepackt hatte, endete das Gastspiel in der TUI-Arena wieder mit einer schmerzlichen Erfahrung. Weil Sascha Goc nach 97 Sekunden in der Verlängerung traf, war für den ERC die Saison nach dem dritten Spiel des Play-off-Halbfinales beendet. Äußerlich blieb Goodall diesmal unversehrt, wie es innen drin aussah, konnte man nur vermuten. "So wie wir gespielt haben, hätten wir auch gewinnen können", presste Goodall zwischen den Lippen hervor.

In den Katakomben der Halle war es ziemlich still geworden. Die meisten Reporter hatten ihre Hans-Zach-Jubel-Geschichte im Block, die Fernsehteams ihre Kameras abgebaut. Nur aus der Ingolstädter Kabine war ein Stimmengewirr aus deutsch und englisch zu hören.

Pizza und Bier

Bei Pizza und Bier ließen die Panther den Abend ausklingen, ehe es per Flugzeug in die Heimat ging. Goodall war noch nicht nach Feiern zu Mute, in ihm arbeitete es immer noch. Der Kanadier mit deutschem Pass lehnte mit dem Rücken an der Wand und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Immer wieder unterbrach er seine Sätze, um noch einmal nachzudenken. Über die Niederlage nach Verlängerung, seine Leistung und seine Zukunft. "So wie ich jetzt eingesetzt wurde, hat es mir viel Spaß gemacht. Ich habe mich schon wichtig für die Mannschaft gefühlt", erklärte er.

Seine Augen waren ein wenig müde, trotzdem fixierte er seinen Gegenüber wie sonst den Puck auf dem Eis. Immer wieder sei ihm der Gedanke gekommen, dass das dritte Spiel gegen Hannover vielleicht sein letztes als Profi sein könnte. "Es war ein ständiges Hin und Her." Und zu allem Überfluss fand der Puck beim Ausgleich der Scorpions kurz vor Schluss nur über seinen Schlittschuh ins ERC-Tor. "Ich konnte nichts dafür. Ich stand da und verteidigte. Plötzlich bekomme ich den Puck an den Fuß und es steht 4:4", beschreibt Goodall die Szene, die den Zach-Schützlingen eine neue Chance gab.

Gespräche stehen an

Bis Ende des Monats will er in jedem Fall noch in Ingolstadt bleiben. In den nächsten Tagen soll auch eine Entscheidung fallen, ob er weiter spielen wird. "Ich muss mit meiner Familie reden und mit den Verantwortlichen beim ERC", erklärt er mit leiser Stimme. Dabei ist ein neuer Vertrag bei den Panthern so wahrscheinlich wie eine Berufung in die Nationalmannschaft. "Es war keine einfache Saison für mich, aber zum Ende hin habe ich meine Rolle wieder gefunden", sagt Goodall und verschweigt, dass zumindest am Dienstag mit Matt Hussey, Thomas Greilinger und Bob Wren drei Top-Stürmer pausieren mussten.

Am Samstag feiern die Panther mit ihren Fans offiziell das Saisonende. Goodall wird noch einmal eine große Bühne bekommen. Er sollte sie nutzen, um endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Auch wenn es ihn schmerzen wird.