Ingolstadt
"Das ist eine bittere Pille"

13.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:25 Uhr

Jürgen Arnold sitzt seit dem neuen Koopertionsvertrag mit dem DEB in einem Boot - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) startet am Freitag in ihre 18. Saison. In Anbetracht des neuen Kooperationsvertrages zwischen der Liga und dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) als Verbandsorgan steht die Spielzeit unter besonderer Beobachtung.

Unser Redakteur Gottfried Sterner sprach mit Jürgen Arnold, dem Geschäftsführer des ERC Ingolstadt und gleichzeitig DEL-Aufsichtsratsvorsitzenden, über die neue Saison.

Herr Arnold, nach dem Hickhack um den Kooperationsvertrag zwischen der DEL und dem DEB rückte in den vergangenen Wochen wieder der Sport in den Mittelpunkt. Welche Auswirkungen erwarten Sie denn auf die bevorstehende DEL-Saison?

Jürgen Arnold: Ich denke, dass die Einigung auf eine langfristige Zusammenarbeit bis 2018 einen positiven Effekt auf das deutsche Eishockey haben wird. Die historische Neuerung ist, dass die DEL und der DEB erstmals an einem Thema gemeinsam arbeiten. Es hat uns in der Vergangenheit oft behindert, dass der Verband und die Liga beim Thema Nationalmannschaft nicht immer einer Meinung waren. Jetzt sind wir mit dem Joint Venture in der Pflicht, an einem Strang zu ziehen, und ich bin sicher, dass uns das gelingen wird.

Trotzdem blieb der sehnlichste Wunsch vieler Fans und Experten nach der Rückkehr zu einer Auf- und Abstiegsregelung zwischen der DEL und der 2. Liga unerfüllt. Befürchten Sie nicht, dass dieser Konflikt weiter für Unruhe sorgt?

Arnold: Die DEL ist in Sachen Auf- und Abstieg bis an ihre Schmerzgrenze gegangen. Das hat auch der DEB anerkannt und sich entsprechend positioniert. Die ESBG (Betriebsgesellschaft für die 2. Bundesliga, Anm. d. Red.) hat sich durch ihre Absage selbst ins Abseits gestellt und damit einen Zustand manifestiert, an dem wir nichts ändern können.

Waren die Bedingungen nicht so, dass die Zweitligisten den Vorschlag nicht akzeptieren konnten? Beispielsweise die Aufnahmegebühr von 800.000 Euro für den Aufsteiger.

Arnold: Diese Gebühr war auch in den vergangenen Jahren so hoch und wurde bisher an die Liga entrichtet. Unser Vorschlag sah vor, das Geld an den Absteiger zurückzuzahlen. Das heißt, falls der Zweitligaaufsteiger sofort wieder abgestiegen wäre, hätte er die 800.000 Euro zurück bekommen und hätte damit eine finanzielle Hilfe für mögliche Verluste aus seinem DEL-Engagement erhalten, um sich in der 2. Liga konsolidieren zu können.

Warum muss die Gebühr so hoch sein?

Arnold: Bezogen auf die Gesamtbudgets, die in der DEL nötig sind, ist das keine utopisch hohe Summe. Die Gebühr ist ja auch eine Absicherung für die Liga, dass der potenzielle Aufsteiger nicht nur ein Lippenbekenntnis abgibt, sondern auch tatsächlich in der Lage ist, in die DEL aufzusteigen. Die sportliche Qualifikation alleine reicht da nicht, er muss auch einen vernünftigen Etat aufstellen können. Es kann ja nicht im Sinne der DEL sein, dass der Aufsteiger an 50 von 52 Spieltagen abgeschlagen an letzter Stelle liegt. Und die DEL hat durch ihr Lizenzierungsverfahren erreicht, dass in den vergangenen 14 Jahren alle Klubs die Saison komplett durchspielen konnten und es keinen Insolvenzfall während des Spielbetriebs gab.

Hat die DEL aus Ihrer Sicht alles getan, um einen Kompromiss zu ermöglichen?

Arnold: Ganz klar: Ja! Wir haben eine geregelte Verzahnung über eine Relegation geboten, die andere Seite wollte einen direkten Aufstieg. Wir forderten eine Aufnahmegebühr von 800.000 Euro, die andere Seite wollte gar nichts bezahlen. Die Tür hat nicht die DEL zugemacht, sondern die 2. Liga. Aber ich bin mit dieser Situation auch nicht zufrieden.

Sollten andere Standorte wegfallen, beispielsweise die zum Verkauf stehenden Hamburg Freezers, müsste da die DEL nicht froh sein, wenn neue Vereine aus der 2. Liga hinzukämen?

Arnold: Wir haben festgestellt, dass der Spielbetrieb mit mehr als 14 Mannschaften schwierig ist. 12 bis 14 Vereine sind völlig unproblematisch. Außerdem gibt es Klubs in der 2. Liga, die durchaus die Voraussetzungen für die DEL mitbringen. Ich glaube nicht, dass sich diese Vereine nicht melden, wenn wir welche suchen würden.

Als Folge des Streits mit der 2. Liga fiel die bisherige Förderlizenzregelung weg. Ist das kein Rückschritt für die Nachwuchsarbeit?

Arnold: Die Förderlizenzregelung gilt unverändert weiter, da nur der DEB doppelte Spielberechtigungen ausstellt. Einzig die Klubs der 2. Liga verweigern die Akzeptanz dieser Regelung. Wichtig ist aber, dass junge Spieler Spielpraxis bekommen, egal wo. Die DEL-Klubs arbeiten nun verstärkt mit den Oberliga-Vereinen zusammen, und ich bin sicher, dass das gute und verlässliche Partner sind.

Die Nachwuchsarbeit bleibt aber doch das Sorgenkind der DEL. In der höchsten Juniorenliga, der DNL, sind mehr Nachwuchsteams aus der 2. Liga als der DEL vertreten.

Arnold: Wenn ich daran denke, wie es noch vor ein paar Jahren in Sachen Nachwuchsarbeit in der DEL aussah, sind wir hier einen großen Schritt vorangekommen. Aber eines ist auch klar: Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen. Deshalb haben die DEL-Klubs sozusagen eine Selbstverpflichtung unterschrieben, die bei Nichterfüllung Sanktionen vorsieht. Ich gestehe, dass es eine bittere Pille für mich persönlich ist, unseren Klub bestrafen zu müssen, weil der ERC Ingolstadt eben noch nicht alle Kriterien erfüllt. Die Sanktionen hierfür können bis zu sechsstellige Summen sein. Diese werden direkt an den Nachwuchsförderverein bezahlt, von dem alle DNL-Klubs unterstützt werden.

Blicken wir auf die am Freitag beginnende Saison. Sind die Eisbären Berlin, die in den vergangenen sieben Jahren fünf Mal den Titel holten, weiter das Maß aller Dinge?

Arnold: Berlin hat sicher eine gewachsene Struktur, aber diese haben auch andere Klubs wie Mannheim oder Düsseldorf. Ich glaube, dass die vergangene Saison gezeigt hat, wie eng die Mannschaften zusammenliegen. Es kann wirklich jedes Team Meister werden, das in den Play-offs die beste Motivation, die wenigsten Verletzten und das nötige Glück hat.

Was erhoffen Sie von der Nationalmannschaft mit ihrem neuen Trainer Jakob Kölliker?

Arnold: Durch die Erfolge bei den letzten beiden Weltmeisterschaften liegt die Messlatte natürlich hoch. Deshalb wird es nicht einfach, das gleich zu wiederholen. Aber gerade angesichts unserer neuen Partnerschaft mit dem DEB muss es das Ziel sein, Deutschland dauerhaft unter den ersten acht Nationen zu etablieren. Dann sehen die Eishockey-Fans auch, dass es uns mit der Stärkung der Nationalmannschaft und der ganzen Sportart wirklich ernst ist.