Paris
Axa hat genug von der Qualmerei

Französischer Versicherungskonzern verkauft seine Beteiligungen an der Tabakbranche

23.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:46 Uhr

Paris (AFP) Der Versicherungskonzern Axa aus Frankreich will sein Geld nicht länger in der Tabakindustrie anlegen. Der größte deutsche Versicherer Allianz kündigte eine Überprüfung aller Investitionsbereiche anhand ethischer Kriterien an.

Axa werde seine Aktien in Höhe von rund 200 Millionen Euro sowie Anleihen im Wert von rund 1,6 Milliarden Euro aus dem Tabakmarkt abziehen, teilte Axa-Chef Thomas Buberl gestern in Paris mit. Das Unternehmen wolle mit seinem Rückzug aus diesem Geschäft "die Anstrengungen der Regierungen" zur Reduzierung des Tabakkonsums unterstützen. Es trenne sich daher "unverzüglich" von allen Aktien der Tabakindustrie und werde auch künftig nicht mehr in Anleihen von Unternehmen dieser Branche investieren. Von den entsprechenden Papieren wolle sich der Versicherungskonzern "schrittweise" trennen.

Axa ist nach eigenen Angaben der "erste weltweit tätige Versicherer", der sich aus dem Tabakgeschäft zurückzieht. "Die Entscheidung hat einen Preis, aber unsere Überzeugung ist klar", betonte Konzernchef Buberl. Die menschlichen und ökonomischen Folgen des Rauchens seien "dramatisch" und "enorm". Bei der Prävention seien die Versicherer "Teil der Lösung", fügte der Axa-Vorstandschef hinzu.

Das Unternehmen gab seine Entscheidung drei Tage nach Inkrafttreten einer neuen EU-Richtlinie für strengere Verbote bei der Tabakwerbung bekannt. In Deutschland dürfen Zigarettenpackungen nur noch mit Schockbildern verkauft werden, in Frankreich und Großbritannien müssen die Packungen zusätzlich neutral gestaltet sein und dürfen kein Markenlogo mehr tragen.

Cary Adams, Vorsitzender der Internationalen Vereinigung gegen Krebs, nannte die Entscheidung von Axa nach Angaben des Unternehmens "eine entscheidende Etappe auf dem Weg in die richtige Richtung". Der Rückzug aus dem Tabakgeschäft werde andere Versicherer ermutigen, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen.

Die Allianz teilte auf AFP-Anfrage mit, sie plane derzeit keinen Rückzug aus einzelnen Geschäftsfeldern. Stattdessen arbeite der deutsche Versicherungsriese an einem sogenannten ESG-Scoring (Environmental and Social Governance-Scoring), mit dem die Risiken und die ethische Wertigkeit aller Investitionen des Konzerns bewertet werden sollen.

Die Allianz verfolge in Sachen gesellschaftlicher Verantwortung einen "systematischen" Ansatz und wolle den Zusammenhang zwischen Risiko und finanzieller Performance seiner Investitionen "fundiert" prüfen, sagte ein Unternehmenssprecher. Das "ESG-Scoring soll uns in die Lage versetzen, Risiken frühzeitig zu erkennen."

Während Investitionen in besonders strittigen Bereichen, wie etwa in biologische und chemische Kampfstoffe, schon jetzt tabu seien, kämen mit dem voraussichtlich ab dem Sommer eingesetzten ESG-Scoring auch alle anderen Beteiligungen auf den Prüfstand, erläuterte der Allianz-Sprecher. Konsequenz der Bewertung könnte dann sein, "mit schlecht abschneidenden Unternehmen zu sprechen und Veränderungen anzuregen". Andernfalls könne sich auch die Allianz bei ihren Firmenbeteiligungen "umorientieren".