Ingolstadt
Schwierige Geburt eines Erfolgsmodells

Vor 20 Jahren lief in Ingolstadt der erste Audi A 3 vom Band – Die Beschäftigten mussten Opfer bringen

18.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:47 Uhr

Drei Generationen des Audi A 3 sind auf der Piazza des Ingolstädter Stammwerks aufgefahren. Vor 20 Jahren begann hier die Produktion des Erfolgsmodells. Mit dem Zweitürer (hinten) ging es los, das aktuelle Modell steht ganz vorne - Foto: Audi

Ingolstadt (DK) Er ist ein Renner im Modellprogramm von Audi: der Kompaktwagen A 3. Vor 20 Jahren lief das erste Fahrzeug der Reihe in Ingolstadt vom Band. Selbstverständlich war das damals nicht. Um die Fertigung für das Audi-Stammwerk zu sichern, mussten die Beschäftigten erhebliche Opfer bringen.

Der 18. September 1995 war ein Montag – und ein denkwürdiger Tag für die rund 27 000 Beschäftigten bei Audi in Ingolstadt. Es war der Tag, an dem im Stammwerk der VW-Tochter der erste Kompaktwagen der neuen A 3-Modellreihe vom Band lief und damit mehrere tausend Jobs gesichert waren. Das gilt bis heute. Betriebsratschef Peter Mosch bekräftigt denn auch: „Der A 3 ist ein sehr starkes Standbein für die Beschäftigungssicherheit.“ Immerhin stammt heute mehr als jeder fünfte ausgelieferte Audi aus dieser Baureihe. Seit dem Produktionsstart vor 20 Jahren wurden mehr als 3,6 Millionen A 3 gebaut.

Das sind für Produktionsvorstand Hubert Waltl auch „20 Jahre Erfolg in der Kompaktklasse“. Ohne die dahinter stehende „hoch qualifizierte Produktionsmannschaft“ wäre aber „so eine Erfolgsgeschichte nicht denkbar“. Mittlerweile wird das Auto, das auf der Plattform des VW-Golf basiert, nicht mehr nur in Ingolstadt gebaut, sondern auch im ungarischen Werk Györ, am chinesischen Standort Foshan sowie im indischen Aurangabad. Und demnächst soll die Limousine auch in Brasilien vom Band laufen.

Die Erfolgsstory hätte es ohne erhebliche finanzielle Opfer der Audi-Beschäftigten und den massiven Einsatz der Politik allerdings kaum gegeben. Denn Anfang der 1990er Jahre steckte die Automobilindustrie tief in der Krise. Die Absatzzahlen brachen rasant ein, Kurzarbeit und Stellenabbau waren die Folgen. Auch bei Audi gab es tiefe Bremsspuren. In der Region ging 1993 das Gerücht um, bei der VW-Tochter sollten in den nächsten fünf Jahren bis zu 9000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Es kam dann zwar nicht ganz so schlimm, aber 3000 Beschäftigte mussten dann doch von Bord.

Just in diesen stürmischen Zeiten stand im VW-Konzern die Entscheidung an, wo der A 3 gebaut werden sollte. Und VW-Boss Ferdinand Piëch hatte schon anklingen lassen, dass ein Audi nicht unbedingt auch bei Audi vom Band laufen müsse. Ein Schock für Ingolstadt – Kommunalpolitik und Arbeitnehmervertreter waren in heller Aufregung. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wurde eingespannt, um die Fertigung des Kompaktwagens für Bayern zu retten. Und Betriebsratschef Adolf Hochrein blies zur Mobilmachung: „Wir wollen beweisen, dass wir gemeinsam Kräfte in Bewegung setzen, die sich andere schon gar nicht mehr zutrauen.“

Das war auch dringend nötig, denn gleich sieben Werke des Wolfsburger Automobilimperiums konkurrierten um die A 3-Produktion. Und dabei ging es neben Kriterien wie etwa Qualität und Termintreue vor allem um die Kosten. Die Arbeitnehmer von Audi verzichteten schließlich auf insgesamt 150 Millionen D-Mark pro Jahr, überwiegend aus Sozialleistungen. Und nachdem Ministerpräsident Stoiber im Februar 1994 noch ein ernstes Gespräch mit VW-Imperator Piëch geführt hatte, war die Sache klar: Ingolstadt bekam den Zuschlag für den „kleinen Audi“. Damit waren rund 6000 Jobs in Ingolstadt gesichert. Mit dazu beigetragen hat auch die Trendwende am Automarkt. Schon 1996 hatte Audi vor allem durch den Erfolg seines Premium-Kompaktwagens 1500 neue Mitarbeiter an Bord. Allein die erste A 3-Generation fand rund 900 000 Käufer.