Herr
"Jedem ist inzwischen klar, dass BIM die Zukunft darstellt"

Helmut Bramann vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie über den Stand beim digitalen Planen und Bauen

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:23 Uhr

Helmut Bramann sieht die Chancen von BIM. - Foto: privat

Helmut Bramann vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie über den Stand beim digitalen Planen und Bauen

Herr Bramann, wie weit ist Deutschland beim digitalen Planen und Bauen - mit BIM?

Helmut Bramann: Wir sind noch nicht so weit wie manches andere Land in Europa, weil wir eine sehr kleinteilige Bauwirtschaft haben. Großbritannien setzt die Standards: Die haben wesentlich größere Planungsbüros, und da werden die Projekte ganz anders angegangen. Das digitale Bauen ist auch keine Raketenwissenschaft. Nur zum Vergleich: Die Automobilindustrie arbeitet schon seit Jahrzehnten mit entsprechenden Modellen. Wenn wir von Industrie 4.0 reden, dann dürften wir eigentlich nur von Bauen 2.0 reden. Es geht um die Kollaboration verschiedener Prozessbeteiligter, die sich über digitale Cloud-Lösungen wesentlich besser bewerkstelligen lässt: BIM bietet eine Prozesserleichterung. Wir haben also da ein kleines Defizit, aber die Assets alle schon auf unserer Seite: die großen Softwareunternehmen und die Standardisierung. Wenn wir es richtig betreiben, können wir sehr schnell wieder nach vorne kommen,

 

Wäre das Debakel beim neuen Berliner Flughafen mit BIM nicht passiert?

Bramann: Wenn solche Großprojekte wie BER nicht funktionieren, spielen viele Faktoren eine Rolle. Ausfluss des Ganzen war immerhin eine Reformkommission für Großprojekte, die einen Zehn-Punkte-Plan verabschiedet hat. Darin heißt es auch: BIM hilft - also machen wir das künftig. BIM ist zwar keine Generallösung für alles. Aber digital in Modellen zu arbeiten und damit auch Kollisionsprüfungen digital vornehmen zu können hätte sicher auch beim Projekt BER geholfen. Die Fehler wären früher erkannt worden.

 

Was sind die Vorteile für Bauherrn?

Bramann: Wenn wir gezwungenermaßen viel intensiver planen, weil wir digitale Modelle hin- und herschieben und dadurch auch die am Bau Beteiligten näher zusammenführen können, dann entstehen dadurch eine größere Kostensicherheit und Terminsicherheit für den Bauherren. Der wesentliche Aspekt, der noch dazukommt, sind die digitalen Daten für den späteren Betrieb. Sie wissen, wann was wo eingebaut wurde, was nachbestellt werden muss.

 

Gelingt es, die digitale Idee in die Handwerksbetriebe zu tragen?

Bramann: Die Einführung des Stufenplans, bis 2020 im Infrastrukturbereich alles mit digitalen Methoden zu machen, war wirklich ein Weckruf: Das hat die Branche aufgerüttelt. Die meisten Unternehmen wissen, was die Abkürzung bedeutet und um was es geht. Jeden ist inzwischen klar, dass BIM die Zukunft darstellt.

 

Es gibt erste Pilotprojekte - darunter eines in Ingolstadt. Wie funktioniert es dort?

Bramann: Pilotprojekte bedeutet: Erfahrungen sammeln. Es gibt schon fertig gestellte Projekte, wo die Resonanz sehr positiv ist - unter anderem auch deshalb, weil sich die Baukultur geändert hat. Wenn man weniger Konflikte auf der Baustelle austragen muss, macht das allen Beteiligten viel mehr Spaß. Das war zumindest eine Aussage bei einem Pilotprojekt von Siemens.

 

Was erwarten Sie von der Politik? Ausschreibungen nur noch nach der BIM-Methode?

Bramann: Ich glaube, dass viel zu tun ist. Die Politik ist dazu angehalten, auf Bundes- und Länderebene einheitlichere Signale zu setzen. Wenn die Baubranche weiß, auf was sie sich einrichten muss - gerade bei großen öffentlichen Auftraggebern -, dann tut sie das auch, und dann ist das irgendwann kein Problem mehr. Aber solange wir auf Bundesebene ein Bauministerium haben, das einen anderen Pfad einschlägt als das Verkehrsministerium oder auf Landesebene überall unterschiedliche Regelungen gelten, dann ist das ein Hemmschuh. Derzeit ist eine große Intransparenz zu beobachten und bei vielen Beteiligten ein unterschiedliches Verständnis, was BIM bedeutet. Da wäre noch viel Arbeit zu leisten.

 

Das Gespräch führte Suzanne Schattenhofer.